Gudrun Kruß und Ewald Bühler: Stars in der Bütt
Zum 66. Mal veranstaltet die „Narrhalla Nelram“ in diesem Jahr ihre großen Prunksitzungen. Die Kehler Zeitung nimmt dieses närrische Jubiläum zum Anlass, in einer kleinen Porträtserie Menschen vorzustellen, ohne die eine Prunksitzung in Marlen schlechterdings nicht vorstellbar ist. Heute: die Stars in der Bütt – Gudrun Kruß und Ewald Bühler.
In München fing für Ewald Bühler alles an. Da war er in den 80er-Jahren zusammen mit der Marlener Erznärrin Pia Marzluf mal im „Am Platzl“ zu Gast – einem traditionsreichen Wirtshaus unweit des Marienplatzes, wo schon der große Karl Valentin aufgetreten ist. „Da haben wir in einer Art Spontan-Auftritt das ‚Hamberle-Lied‘ gesungen – und die Leute waren begeistert“, erinnert sich Bühler. Für ihn war’s der Auslöser, auch mal auf der Prunksitzung der „Narrhalla Nelram“ in die Bütt zu steigen. Inzwischen gehört er längst zu den absoluten Stars.
Genau wie Gudrun Kruß. Bei den Prunksitzungen hat sie oft sogar zwei Auftritte: eine Solo-Nummer und einen zusammen mit Silvia Boschert, die es sich trotz ihres Amtes als Präsidentin des Ortenauer Narrenbundes nie nehmen lässt, bei der Marlener Prunksitzung mitzuwirken.
„Ich schreib mir alles auf“
Was macht einen guten Auftritt in der Bütt aus? „Eine Büttenrede ist wie ein Aufsatz“, meint Gudrun Kruß. „Man braucht einen Anfang, einen Mittelteil und einen Schluss.“ Aber das schreibt sich nicht einfach mal so zwischen Tür und Angel. Nach der Prunksitzung ist vor der Prunksitzung – das ist ihre Devise. „Ich weiß oft schon nach der Prunksitzung, was ich das nächste Mal machen will.“ Und dann heißt es: Ideen sammeln. „Ich schreib mir alles auf, was mir dazu einfällt. Das kommt dann alles in die große Schublade – und im Oktober wird dann sortiert und gesiebt.“ Auch Ewald Bühler schreibt sich seine Ideen auf. Viele Geistesblitze kommen ihm nachts. „Ich hab immer einen Schreibblock auf dem Nachttisch liegen. Wenn man sich gute Ideen nicht aufschreibt, sind sie am anderen Morgen weg.“
Mit wachen Sinnen durch die Welt
Man müsse vor allem mit wachen Augen und Ohren durch die Welt gehen, meint Bühler. Bei Arztbesuchen etwa die Gespräche im Wartezimmer zu belauschen – das biete immer wieder Stoff für einen Witz für die Büttenrede. Gelegentlich holt er sich auch Anregungen etwa aus dem Fernsehen – „aber es muss zur Rolle passen“.
„Ich kann mich mit der Zunge an der Nase kratzen“
Bühlers Markenzeichen ist neben seiner Lakonik vor allem seine unvergleichlich bewegliche Gesichtsmuskulatur. „Ich kann mich mit der Zunge an der Nase kratzen“, sagt er. Wenn er seine Mundwinkel in jeweils entgegengesetzte Richtungen verzieht, treibt das dem Narrenvolk stets die Lachtränen in die Augen. Das war schon bei den Theateraufführungen des TuS Marlen so. „Da haben die Leute immer darauf gewartet, dass ich mit so einem Tick durch eine bestimmte Tür komme. Und sie haben gegröhlt.“ Diese „Kunst“ trainiert er denn auch fleißig.
Ehefrau als erste Kritikerin
Natürlich wird die Rede erst einmal zu Hause ausprobiert. „Ich übe immer im Schlafzimmer vorm Spiegel“, erzählt Gudrun Kruß. „Da darf dann auch niemand dazu.“ Für Ewald Bühler ist seine Frau die erste „Kritiker-Institution“. Er macht sich zwar ein Grob-Konzept – „aber ich muss nicht am Text hängen“. „Wenn die Leute dir dann sagen: ‚Du babbelst ja nur ebbs‘ – dann ist es gut“, so Gudrun Kruß‘ Erfahrung.
Allerdings ist das Leben als Büttenredner nicht ohne Risiko. Es gibt denn auch Themen, um die beide geflissentlich einen Bogen machen – „weil man dann gleich am Pranger steht“, so Ewald Bühler. Ausländer etwa – „außer man redet über die Elsässer“, lacht Gudrun Kruß. Oder Politik. „Das wollen die Leute von uns nicht hören“, weiß Ewald Bühler. „Das sind auch nicht ‚wir‘. Zu uns passt es nicht“, sekundiert Gudrun Kruß. „Wenn wir mit sowas kämen, würden die Leute sagen: ‚Spinnen die?‘“
Pannen kommen auch mal vor: Bei Gudrun Kruß war mal die Perücke fürs Christkindl weg, und Ewald Bühler hatte sich mal kurz vor seinem Auftritt als Tanzmariechen verletzt. Radwende und Spagat waren da nicht mehr drin aufgrund der Schmerzen. Doch trotz allem ist bislang noch immer alles gut gelaufen.
Immer noch Lampenfieber
Das liegt auch daran, dass sich die beiden gewissenhaft vorbereiten. Vorher kein Tropfen Alkohol – „für mich ist ein Auftritt Anspannung pur und erfordert höchste Konzentration“, so Bühler. Auch Gudrun Kruß sucht sich vor dem Auftritt gern ein ruhiges Plätzchen, um alles nochmal im Geiste durchzugehen. „Manchmal hat man das Gefühl: Du weißt deinen Text nicht mehr. Und dann gehst du raus – und dann kommt alles wieder.“ Lampenfieber gehört also dazu – auch nach so vielen Jahren. „Wenn ich das Aufgeregtsein vorher nicht mehr hätte“, sagt Ewald Bühler, „dann hör‘ ich auf.“
Ewald Bühler und Gudrun Kruß
Bühnenerfahrung brachte Ewald Bühler nicht zuletzt von den Theateraufführungen des TuS Marlen mit. Den ersten Auftritt in der „Narrhalla“-Bütt hatte er 1989. Im vergangenen Jahr erhielt er für 22 Jahre närrische Bühnenkarriere den Ehrenorden der „Narrhalla“. Vor allem die Figur des „Bohnegässlers“ hat ihn unsterblich gemacht. Aber auch als Fußballer, Tanzmariechen, als Oma im Krankenbett, als Sauerkrautkönigin oder als Blumenmann hatte er die Lacher auf seiner Seite. Zwischendurch hatte er jedoch auch ein paar Jahre ausgesetzt: Seine Frau war damals schwer krank. „Da kann man keine lustige Fasnacht machen.“ Doch seit 2009 zählt er wieder zu den Stützen der Prunksitzung. Außerdem war er Gründer und Namensgeber des Gesangs-Ensembles „Nelram 5-Zylinder“ (die inzwischen sogar aus sieben „Töpfen“ röhren).
Seit 18 Jahren steht Gudrun Kruß auf der Marlener Narrenbühne. Als Bäuerin war sie zu erleben, als „Fasanenwalli vum Rhinwald“, als „Dauer-Verlobte“ oder als Christkindl. Nebenbei ist sie Mitglied bei den Mar-Gold-Burg-Drosseln, die auch außerhalb der „fünften Jahreszeit“ in der Ortenau für Stimmung sorgen. Außerdem ist die Inhaberin eines Fachgeschäfts für Floristik in Goldscheuer auch regelmäßig Gast auf der „Chrysanthema“ in Lahr.