Biologie

Immer mehr Schildkröten am Altrhein in Kehl

Nina Saam
Lesezeit 4 Minuten
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17. Juli 2019

Geboren in Kehl: Kinder des Kindergartens St. Josef haben schon einige Baby-Schildkröten in ihrem Außengelände gefunden, die auf dem Weg zum Altrhein waren. ©Nina Saam

Der Biologe Carsten Schradin (rechts), der Kurse an der Hector-Kinderakademie gibt, hat vier Jahre lang mit seinen Kurskindern die Schildkröten am Altrhein beobachtet. Ein Schild soll nun die Passanten auf das Problem aufmerksam machen.

 

Jeder kennt die anrührenden Bilder junger Meeresschildkröten, die nach dem Schlüpfen zu Hunderten zum Wasser streben – ähnliches passiert gerade am Altrhein, wenn auch nicht so zahlreich. Im Außenbereich des Kindergartens St. Josef haben Kinder schon mehrere Mini-Schildkröten entdeckt, die letzte, eine etwa drei Zentimeter große Rotwangenschildkröte, erst am Montag. Doch was bei den streng geschützten Meeresschildkröten die Begeisterung der Tierschützer hervorruft, wird am Altrhein mit großen Bauchschmerzen gesehen.  

Altrhein-Attraktion

Die gepanzerten Tiere am Altrhein gelten in Kehl fast als Attraktion. Die Tiere, die bis zu 30 Jahre alt werden, wurden vermutlich von ihren Haltern ausgesetzt, die ihrer überdrüssig geworden sind – und es werden immer mehr. Bislang war man der Meinung, es sei den Tieren in unseren Breiten zu kalt, um eine Population aufzubauen. Mit dem Fund der Mini-Schildkröten ist bewiesen, dass sie sich mittlerweile fortpflanzen. Der Biologe Carsten Schradin, Dozent an der Hector-Kinderakademie (HKA), hat vor vier Jahren begonnen, die Schildkrötenpopulation mit seinen Kurskindern zu beobachten. »Das Ergebnis hat mich überrascht«, sagt er. »Wir haben hier im Altrhein einen ganzen Zoo von verschiedenen Arten.« Darunter sind auch solche, die von der EU als invasive Art eingestuft werden, wie die Rot- und die Gelbwangenschildkröte oder die Cumberland-Schmuckschildkröte, die die einheimische Tier- und Pflanzenwelt beeinträchtigen können. »Am Altrhein ist es nicht ganz so dramatisch, da könnte vor allem der Kot die Wasserqualität trüben«, sagt er. »Aber wir haben auch welche im Naturschutzgebiet Sundheimer Grund, die die dort lebenden geschützten Amphibien gefährden.« Natürliche Feinde haben sie hier kaum. Ob sich die kapitalen, bis zu einen Meter langen Hechte, die sich im Altrhein tummeln, auch mal eine kleine Schildkröte einverleiben, ist ihm nicht bekannt.

100 Tiere geschätzt

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Schradin schätzt, dass mindestens 100 Schildkröten im und am Altrhein leben. Die weiblichen Tiere begeben sich im Sommer an Land, um ihre Gelege mit etwa 10 bis 30 tischtennisballgroßen Eiern im Boden zu vergraben – bis zu drei Mal im Jahr. Die Jungtiere schlüpfen im Herbst und überwintern im Boden, bevor sie sich im nächsten Sommer auf den Weg zum Gewässer machen. Der Krankenhauspark scheint ein beliebter Eiablageort zu sein: »Die gehen am ehesten in die Blumenbeete, da ist die Erde schon offen«, vermutet der Biologe. Auf dem Weg dorthin durchqueren sie das Kindergartengelände. »Es wurden nicht nur junge Schildkröten dort gefunden«, erzählt Schradin. »Wir haben auch schon ein weibliches Tier gefangen, das wog satte 3,4 Kilo. Ich wusste gar nicht, dass die so schwer werden können.« Um die Bevölkerung auf das Problem aufmerksam zu machen, wurde am Dienstag ein Schild an der Altrhein-Brücke am Krankenhaus aufgestellt. Im Rahmen ihres Kurses haben die HKA-Kinder auch 28 Passanten befragt, was sie von den Altrhein-Invasoren halten: Die meisten von ihnen fanden die Schildkröten toll und meinten gar, dass sie geschützt werden müssen.

In die Auffangstation

Die bisher gefundenen Schildkröten wurden in die in die Auffangstation für Reptilien nach München gebracht, an der sich Baden-Württemberg beteiligt. »Sie dürfen auf keinen Fall mehr freigelassen werden«, sagt Ann-Margret Amui-Vedel von der Umweltabteilung der Stadt. Das neue Fundtier aus dem Kindergarten wird noch bis zu den Sommerferien dort bleiben, bevor es nach München gebracht wird – falls noch weitere auftauchen. »Am besten wäre es, Baden-Württemberg würde auch eine Auffangstation aufbauen«, so Schradin. Schließlich gibt es ausgesetzte Schildkröten nicht nur in Kehl: In etwa 600 Gewässern sind ausgesetzte exotische Schildkröten bisher deutschlandweit gefunden worden, weiß der Biologe, der am Straßburger CNRS (Centre national de la Recherche scientifique) arbeitet. »Wenn wir zugelassen haben, dass diese Tiere für wenige Euro in Zoohandlungen verkauft werden, sollte nun auch dafür gesorgt werden, dass es einen Ort gibt, wo die Leute sie abgeben können, wenn sie sie nicht mehr wollen. Die wissen nicht wohin mit den Tieren und setzen sie dann einfach aus.« 

◼ Wer am Altrhein Gelege oder Schildkröten findet, sollte die Stadt Kehl kontaktieren: Tel. 07851/ 88 4321.

 

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