In Kehl: Letzte Hoffnung WG

Das Rastatter Theaterensemble „Esprit“ zeigte am Wochenende in Kehl, wie bunt und kontrovers Babyboomer ihr Wohnprojekt planen können. ©Ellen Matzat-Sauter
Am vergangenen Wochenende wartete ein besonderes Schmankerl auf das Publikum des Theaters der 2 Ufer in der Alten Kaffeerösterei in Kehl. Das Rastatter Theaterensemble „Esprit“, unter der Regie von Carmen Fröhlich, feierte vor zwei ausverkauften Veranstaltungen die Zeitgeistkomödie "Grundriss der Hoffnung", die sich dem Wohnen im Alter widmet, anhand von vier Freunden, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Gemeinsamer Ruhestand
Auf der Zielgeraden ihrer jeweiligen beruflichen Laufbahnen beschließen zwei Frauen und zwei Männer, den herannahenden Ruhestand gemeinsam verbringen zu wollen. Nachhaltig, ästhetisch, preiswert und zukunftsorientiert wollen sie als verbindliche Wohngemeinschaft (mit individuellen Freiräumen) leben.
Eine ambitionierte Architektin soll technische Lösungen für die vielfältigen und teils widersprüchlichen Wünsche an den künftigen WG-Fabrik-Loft-Umbau finden. Es ist nicht das erste Mal, dass die Architektin, Dörthe Hirzel, ein Altersdomizil für die Babyboomer Generation plant und die drohenden Tücken aus dem Effeff kennt. Doch dieses Mal ist es eine echte Herausforderung und das nicht nur, weil die gewünschte Wohnform die Schrecken des Alterns bannen, sondern nichts Geringeres als (nebenbei auch noch) die Welt retten soll. Aus diesem Grund hat sie die junge Architekturpsychologin Malina Markovic mit an Bord genommen. Sie soll verhindern, dass die regelmäßigen Diskussionsrunden aus dem Ruder laufen, wenn die Befindlichkeiten und widersprüchlichen Wünsche der zukünftigen WG zur Sprache kommen. Damit ist der Grundstein für emotionale Wortgefechte, komische Bühnenmomente und heftige Lachsalven beim Publikum gelegt.
Schnippische Susanne
Gabi Jecho spielt die schnippische Susanne Carp-Schliengmann, eine gut situierte Kulturmanagerin mit einem unvermeidlichen Doppelnamen, die gerne den Finger in die Wunden anderer legt und auf extravagante Schuhe steht. Andreas Fröhlich verkörpert ihren Ehemann, den Klang-Performer Max Hüller, der von seiner Ehefrau finanziell abhängig und auch nie einem Joint oder einem Fläschchen Hochprozentigem abgeneigt ist. Auf emotionalen Ausgleich bedacht ist die Figur der Sybille Mashanti Thalheimer, eine tierliebenden Heilpädagogin, die Corina Schneider Stück für Stück als spießige Person entblättert, aber von sich selbst sagt, sie sei WG tauglich, da sie ja in jungen Jahren „Kommuneerfahrung“ gesammelt hat. Der Vierte im Bunde ist der grünliberale Politiker Peter Wiederkehr, der immer wieder betont: "Man sagt nicht Lebensabend, sondern früher Nachmittag". Mit überzeugender Haltung spielt Markus Stundmüller den energiepolitischen Weltretter, der sich auch nicht zu schade ist, mit unangebrachten sexistischen Anspielungen die Gunst der jungen Architekturpsychologin zu gewinnen. Irgendwann ist das Quartett von den leidenschaftlichen Auseinandersetzungen und kontroversen Diskussionen über Raumgestaltung, No-Mix-Klo, Urinrückgewinnen, Schiffsholzboden, Türklinken und Liebhaber mit Migrationshintergrund geschlaucht und Architektin und Psychologin sind am Limit, dass man sich fragt: Wird das Wohnprojekt überhaupt noch gelingen?
Doch so viel sei verraten: Das Stück macht am Ende einen Zeitsprung, nimmt nochmals vollen Angriff auf die Lachmuskeln und Architektin Dörthe verabschiedet das heterogene Quartett mit den Worten: "Nächste Sitzung morgen 10 Uhr".
Mit tosendem Applaus und Bravorufen ging eine kurzweilige unterhaltsame Komödie im Theater der zwei Ufer mit dem „Esprit“ Theater aus Rastatt zu Ende.