In Kehl und Willstätt kamen nur wenige Küken durch
Dieser Tage wurden in Kehl 14 und in Willstätt 9 Jungstörche vom Nabu beringt. Im Raum Kehl/Hanauerland war’s ein eher schlechtes Storchenjahr.
„Dieses Jahr ist ein schlechtes Jahr für die Störche“, zieht Gérard Mercier, Vorsitzender der Nabu-Ortsgruppe Kehl, Bilanz der diesjährigen Jungstorch-Beringung. Zuerst war es sehr trocken, sodass die Nahrung knapp wurde. Kurz vor den Eisheiligen kam der Regen – und damit auch die kalten Nächte. Dabei konnten die Jungen mit den nassen Daunen die Temperatur nicht mehr kontrollieren und starben an einem „Kälteschock“.
Begonnen hat der Tag für die „Storcheneltern“ Paulette Gawron und Gérard Mercier in Schutterwald um 8 Uhr mit dem Holen des Hubsteigers. Der große Hubsteiger stand Mercier in diesem Jahr nicht zur Verfügung: Da letztes Mal ein kleiner Unfall passierte, bei dem ein Schaden von 1100 Euro entstand, dessen Kosten sich der Fahrer und der Nabu teilten, bekam Mercier dieses Jahr keinen Lkw-Fahrer mehr. Die Küken in besonders hoch gelegenen Nestern in Kehl und Umgebung können daher nicht beringt werden, zumal auch die Feuerwehr Kehl durch Corona-bedingte Kurzarbeit keine Kapazitäten frei hat. Der kleine Hubsteiger kostet den Nabu 350 Euro pro Tag.
12 Paare kamen, 8 Paare verschwanden
In Merciers Gebiet kamen zwölf neue Brutpaare hinzu, jedoch verschwanden acht alte. Die ersten zwei Jungen wurden in Offenburg-Weier beringt. Es folgten vier in Griesheim, zwei in Willstätt in der Sandgasse, in Legelshurst zwei am Friedhof, zwei Jungen bei Paulette Gawron sowie drei Junge in der Bolzhurststraße. In Odelshofen konnten drei Junge beringt werden, eines in Kork am Epilepsiezentrum und eines bei Familie Happel in Kork.
Bei Familie Happel durfte Töchterchen Martha (8) mit zum Beringen, was sie natürlich toll fand. „Wir haben den Storch schon sehr lange, und ich durfte schon einmal mit hinauf zum Nest und ihn sogar streicheln“, sagte sie erfreut. Dieses Jahr erklärte Mercier, was Gewölle sind, da er diese für eine Studentin in Karlsruhe sammeln und beschriften muss. Die Studentin möchte sie auf Mikroplastik untersuchen.
Zuschauen bei den Flugversuchen
Mutter Karolin fand dieses Jahr ein totes Küken im Hof, als es so kalt und regnerisch war. Sehr spannend findet sie immer die ersten Flugversuche der Jungen. „Sie stehen über dem Nest, springen in die Höhe und schaffen es oft nur mit Ach und Krach zum Nachbardach“, erklärte sie amüsiert. Das noch im Nest gefundene Storchenei möchte Martha leeren und aufheben.
Im Vorjahr kamen die Störche auf ihrem Nest nicht durch, und die Storchenmutter verunglückte. Dieses Jahr ist es ein neues Pärchen. „Die meisten Leute, die an unserem Haus vorbeikommen, freuen sich, wenn die Jungen da sind“, sagt Happel. Sie selbst kann die Aufzucht bequem vom Wohnhausfenster beobachten. Am 4. März hörte sie den ersten Storch klappern und beobachtete, wie bis zum 12. März heftig um das frei gewordenen Nest gekämpft wurde. Die Jungen hörte sie das erste Mal am 28. April.
Kämpfe um die Horste
Im Horst an der Schule in Bodersweier starben die Küken relativ spät, sodass die Storcheneltern sie nicht mehr aus dem Nest werfen konnten. Daher versuchten sie nebenan auf dem Strommast ein neues Nest zu bauen, schafften es aber nicht. „Oft werden in solchen Fällen auch andere Nester attackiert und dabei die dortigen Jungen getötet“, erklärt der Storchenvater. Das bedeutet, dass in schlechten Storchenjahren, wenn viele Küken sterben, zusätzlich einige ihr Leben bei Kämpfen um die Horste verlieren. In Auenheim spielte sich vor etwa 14 Tagen ein solches Drama ab. Ein fremder Storch verjagte den Storchenvater, tötete die drei Jungstörche und eroberte Nest samt Weibchen. Im Horst an der Raststatter Straße in Bodersweier wurden zwei Jungstörche beringt. Die dortigen Bewohner entdeckten in der nasskalten Zeit zwei tote Küken, die aus dem Nest geworfen worden waren.
In Neumühl wurde ein morscher Mast mit Storchennest entfernt, ohne einen Ersatz anzubieten. Daraufhin versuchten die Störche auf einem Strommast zu bauen, sodass die Stromwerke jeden Tag kommen mussten, um das Nistmaterial zu entfernen. Als der Ersatz installiert war, brüteten sie dort und bekamen drei Küken. Auf Kehler Gemarkung wurden außerdem zwei Jungstörche in Zierolshofen und zwei im „Hühnerbünd“ in Neumühl beringt.
Insgesamt nicht mehr als 140 Küken
Mercier ist übrigens nicht nur für Kehl und das Hanauerland zuständig: Er betreut Horste im gesamten Gebiet vom Kinzigtal im Süden bis Offenburg, Rheinau und Achern. Bereits 2019 war mit 140 beringten Jungen aus 126 Horsten ein relativ schlechtes Storchenjahr. Dieses Jahr werden die Jungen aus 136 Nestern beringt. „Wahrscheinlich werden wir wieder unsere 140 zur Verfügung stehenden Ringe brauchen“, sagt er, „aber es werden nicht mehr Küken sein.“
Ring am rechten Bein
Die Jungstörche des Jahrgangs 2020 wurden, da es ein gerades Jahr ist, am rechten Bein beringt. Sie sind nun beim Max-Planck-Institut in Radolfzell registriert und können mit einem Fernrohr auf ihren Wegen identifiziert werden. Im Institut kann die Historie zu jedem Storch abgefragt werden. Jährlich bekommt es 30 bis 40 Rückmeldungen zu den Hanauerland-Störchen von Storchenbeobachtern aus aller Welt.