Kehl

Interreligiöser Dialog in Kehl

Von Reinhard Reck
Lesezeit 4 Minuten
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07. November 2024
Podiumsdiskussion als Versuch einer Annäherung der Religionen (v.l.): Bettina Kretz, David Byk (Mikro), Mostafa Sadki, Martin Kramer und Mohamad Hajir.

Podiumsdiskussion als Versuch einer Annäherung der Religionen (v.l.): Bettina Kretz, David Byk (Mikro), Mostafa Sadki, Martin Kramer und Mohamad Hajir. ©Reinhard Reck

Vertreter der jüdischen, muslimischen, protestantischen und katholischen Gemeinde diskutierten am Mittwoch im Kehler Kulturhaus über den interreligiösen Dialog.

Der interreligiöse Dialog ist in Kehl auf einem guten Weg. Das zeigte sich am Mittwochnachmittag bei einer Veranstaltung mit dem Titel „Judentum, Christentum, Islam im Dialog für Verständigung und Zusammenhalt“, die im Kehler Kulturhaus stattfand. Vertreter der Muslime, Juden, Protestanten und Katholiken diskutierten über Voraussetzungen und Möglichkeiten einer Verständigung.

Dass man in Kehl schon viel geschafft hat, bekamen die Zuhörer aus berufenem Munde zu hören. Michael Blume, Beauftragter des Landes Baden-Württemberg gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben, lobte ausdrücklich die Bemühungen in der Grenzstadt für einen Brückenschlag zwischen den Religionsgemeinschaften. Das sei durchaus nicht selbstverständlich. Der Wissenschaftler wies allerdings darauf hin, dass dabei das Wesentliche ein „Dialog mit den Menschen“ und nicht nur ein abstrakter Kontakt zwischen Religionen sei.

Wichtig sei es, so Blume, miteinander zu reden und sich für andere Religionsgemeinschaften zu interessieren. Er zeigte sich davon überzeugt, dass bei einem derartigen Dialog mit anderen die eigene „religiöse Identität“ nicht verblasst. Wie der Landesbeauftragte erzählte, pflege er einen interreligiösen Dialog selbst in der eigenen Familie. Denn er ist mit einer muslimischen Deutsch-Türkin verheiratet, das Paar hat drei Kinder, und die Verständigung funktioniere prima.

Judentum, Christentum und Islam eine der „Glauben an den einzigen Gott“, betonte der Kehler Oberbürgermeister Wolfram Britz. Sie würden sich auf Abraham beziehungsweise Ibrahim im Islam berufen. Angesichts der aus Protestanten und Katholiken gebildeten „Mehrheitsgesellschaft“ sei es um so wichtiger, das Gespräch mit Muslimen und Juden zu suchen. Bereits seit 1755 habe es in Menschen jüdischen Glaubens in Bodersweier und später auch in der heutigen Kehler Kernstadt gegeben. Heute sei in der Stadt der Jüdische Religions- und Kulturverein aktiv. Die muslimische Bevölkerung sei seit den 1960er-Jahren, als viele Türken auch nach Kehl kamen, stark gewachsen. Beide Religionsgemeinschaften würden sich in der Stadt für Verständigung und Toleranz sowie gegen Rassismus engagieren.

"Auf Augenhöhe"

„Wir haben viele Gemeinsamkeiten“, erklärte der badische Landesrabbiner Moshe Flomenmann. Zwar hätten die Anhänger der Religionsgemeinschaften ihre eigenen Standpunkte, die sie von anderen unterscheiden. Gleichwohl sei es von großer Bedeutung, einen Dialog zu suchen. Es gehe um Gespräche „auf Augenhöhe“, bei denen auch kritische Punkte nicht ausgespart werden sollten, so der Landesrabbiner. Flomenmann gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass es in Kehl bald wieder eine Synagoge geben werde. Es existiert allerdings in Kehl ein Gebetshaus, in dem jüdische Gottesdienste stattfinden.

In einer von Pfarrerin Bettina Kretz von der Evangelischen Kirchengemeinde Kehl moderierten Podiumsdiskussion erläuterten dann Vertreter der Religionsgemeinschaften vor Ort, wie man den Dialog fördern kann. Mostafa Sadki von der Muslimischen Gemeinde Kehl unterstrich, dass man im Koran insbesondere zwei Tugenden finde, die dafür von Bedeutung sind: die Barmherzigkeit und die Gerechtigkeit. Auch er stellte heraus, dass es viele Gemeinsamkeiten mit dem Judentum gebe. Der Respekt ist für Sadki ebenfalls von Bedeutung: „Auch der Andere kann recht haben.“

Der Glauben müsse Folgen haben, erklärte Patoralreferent Martin Kramer von der Katholischen Kirchengemeinde Kehl. Er erinnerte an der „Doppelgebot der Liebe“: die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten. Nicht zuletzt sei das Vertrauen bei dem Bemühen um eine Verständigung von Bedeutung. Es komme darauf an, „den ersten Schritt zu machen“. So könnten Vorurteile abgebaut werden.

Mohamad Hajir, Vorstand der Muslimischen Gemeinde Kehl, betonte, eine Religion könne sich nicht nur in der Beziehung zwischen dem Gläubigen und Gott erschöpfen. Es gehe darum, die „Spiritualität weiterzugeben“ – an die Mitmenschen. Hajir sprach von einem „Mehrwert“ für die Gesellschaft. Er verwies nicht zuletzt darauf, dass der interreligiöse Dialog wichtig für den „Weltfrieden“ sei und appellierte: „Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation!“

David Byk vom Jüdischen Religions- und Kulturverein Kehl erwähnte ebenfalls, dass sich im Talmud Texte finden, die dazu aufforderten, allen Menschen mit Respekt zu begegnen. Wie er schilderte, organisiere sein Verein mit Erfolg Workshops zur jüdischen Religion beispielsweise im Kehler Einsteingymnasium und in Gengenbach. Sein Wunsch ist es, derartige Veranstaltungen auch gemeinsam mit Vertretern des Islam durchzuführen. Byk verhehlte jedoch nicht die Schwierigkeiten, mit denen man zu leben habe. So finden Veranstaltungen jetzt unter Polizeischutz statt. Martin Kramer stellte heraus, dass es in den Kirchengemeinden nicht nur Harmonie bezüglich des interreligiösen Dialogs gebe. Es zeigten sich auch Skepsis und Kritik.

Für Pfarrerin Bettina Kretz ist, wie sie betonte, auch die integrative Wirkung der Religionen von großer Bedeutung. In diesem Zusammenhang machte Mostafa Sadki darauf aufmerksam, dass sich die Muslime um Geflüchtete kümmern. Insgesamt gab es auf dieser Veranstaltung im Kulturhaus viele Impulse, den Dialog fortzusetzen und zu stärken.

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