Jahreskonzert 2020 der Kehler Stadtkapelle
Das Jahreskonzert der Stadtkapelle Hanauer Musikverein bescherte der Kehler Stadthalle am Samstagabend ein proppenvolles Haus.
Es war ein Abend ohne Höhepunkte, denn die fast drei Stunden lange Darbietung wurde zu einem kontinuierlichen Höhepunkt an sich. Das perfekt eingespielte Ensemble der Stadtkapelle Hanauer Musikverein aus Bläsern und einer Perkussionistentruppe, das im Kehler Raum konkurrenzlos bleibt, nahm sein Auditorium am Samstagabend in der Stadthalle mit auf eine farbenreiche Reise, welche durch die Moderation von Elisabeth Baumert zugleich einen ethnologischen, musikologischen und philosophischen Exkurs bot.
Das Konzert wurde von der Bläserklasse unter der Leitung von Jennifer Geiger eingeleitet – ein Dessert vor dem Hauptmenü serviert. Nur mit drei Kompositionen gewannen die jungen Musizierenden das Herz des Publikums und ernteten einen stürmischen Applaus. Popmusik mit Urban Beat von Luis Fonsi, Filmmusik von Lady Gaga und „Smoke on the Water“ von Deep Purple klingen in Arrangements für ein Bläserorchester überraschend, und sie wurden bravourös gemeistert. Die Junioren bestachen mit ihrem ausgereiften Spielstil, rhythmisch präzise (glänzend eigentlich), mit kompaktem Sound und virtuosem Kontrapunktieren. Die Tempi waren etwas langsam, aber dafür entfaltete sich die Poesie in großen Bögen. Enya (Trompete) und Emily Arbogast (Altsaxophon) spielten sehr sauber ihre Soli.
Das Hauptprogramm war fürs Orchester und den Dirigenten Göpper eine Tour de Force. Um die elf Kompositionen, die meisten sehr anspruchsvoll arrangiert, boten sie in zwei Blöcken, mit nur einer kurzen Pause dazwischen. Mit dem ersten Teil wurde die emotionelle Sättigung beim Publikum schon erreicht, eine Steigerung war durch die hohe Leistung der Musiker gar nicht mehr möglich, aber sie gaben weiter alles, auch noch in den humorvollen Zugaben.
Kraft & Virtuosität
Mit „Arabesque“ von S. Hazo, einem ersten fabelhaften Stück wie aus Tausendundeiner Nacht, zeigte das Orchester bereits seine Kraft und Virtuosität. Wie Markus Göpper ein Bläserensemble dazu bringt, auf langen Strecken so zu klingen, als würden auch Streichinstrumente dabei spielen, bleibt sein Geheimnis.
Die Flötistin Marie Kristin Krieger verzauberte die Zuhörer mit kristallklaren Soli von unheimlicher Schönheit, die Perkussion beherrschte die komplexen, orientalischen Rhythmen, als hätten sie diese im Blut, und brachte mit ihrer Power den Saal zum Kochen. Die Bläser webten einen Klangteppich aus tausend Nuancen, entführten ihr Auditorium in die Wüste, auf einen wilden Ritt unter den glimmenden Armen der Milchstraße.
Und mit jedem anspruchsvollen weiteren Stück – ob „The Wishing Well“ von R. Galante, oder dem frechen und widersprüchlichen „Harlequin“ von F. Cesarini, dem konfliktgeladenen und starke Emotionen auslösenden „Fields of Honour“ von T. Deleruyelle – bewies das Ensemble seine Versiertheit und Ausdrucksstärke. Sie liegt vor allem in der klanglichen Komplexität und in der Rhythmik, weniger im lyrischen Bereich – beherrscht ihn aber auch, sogar auf langatmigen Strecken.
Markus Göpper dirigiert temperamentvoll. Manchmal zappelt er, manchmal führt er seinen Dirigierstab wie ein Schwert durch die Luft – und im Zuge dieser Bewegung ordnen sich die Klänge in kompakten, klaren Bögen, in extrem virtuosen Kontrapunktierungen, in Kollisionen aus spannungsgeladenen musikalischen Linien.