Kehl

Kehl und das Hanauerland – das basst gut, gell?

Gerd Birsner
Lesezeit 6 Minuten
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21. September 2017

Obwohl Kehl nie ein Teil des Hanauerlandes war und ist, war auch hier der fünffache Maidels-Kappenschlup, die Hanauer Bollesupp und selbstverständlich auch der Hanauer Dickschäddl zu Hause. ©Gerd Birsner

Ess esch schonn komisch, dass die Kähler jetzt ans Hanauerland dänke«, bruddelt en in die Jahre gekommener Hanauer Dickschäddl ob des momentanen Kehler Buhlens um sein Hanauer Umland. »Die hänn doch sonsch emmer ä mords Giggel ghett«, bruddelt er widderscht, »Kähl amm Rinn off de ditsche Sitt« äfft er die »Kähler Plänes« nach, »vom Hanauerland senn jo numme die Buure off de Märk onn d‘Schaffer fer de Kähler Hafe komme«, erinnert er sich. Und natürlich mir uffs Gymansium, des sellemols noch dort gestanden ist, wo jetzt das Centrum am Markt steht oder die Mittelschul, die heute Tulla-Realschule heißt. Wir Pennäler udde Dörfer hatten das nicht so empfunden, haben uns in Kehl willkommen gefühlt und am Dialekt noch den »Eechboom« vom mit »rollendem »R« gurrenden »Auemer Gänsel« locker unterscheiden können. 
Klar, Kehl war nie ein Teil unseres Hanauerlandes, immerhin war es bis 1972 aber die Kreisstadt des ehemaligen Landkreises Kehl, der ja mehr als kongruent zum badischen Hanauerland gewesen war. Und diejenigen scheinen Recht zu haben, die sagen, es gab kein einziges Dorf im badischen Hanauerland, das nicht zum Landkreis Kehl gehörte. 
Demnach scheint es wohl so mit Kehl und dem Hanauerland wie mit dem Dackel und dem Hund: Jeder Dackel ist zwar ein Hund, aber nicht jeder Hund ein Dackel! Jedes Hanauer Dorf liegt also im ehemaligen Landkreis Kehl, aber nicht jedes Dorf im ehemaligen Landkreis Kehl gehörte zum Hanauerland. Ein Großteil des Gebietes des Hanauerlandes, das ehedemst von zwei Regierungsräten an der Spitze der Ämter Rheinbischofsheim und Kork verwaltet worden waren, liegen natürlich mittendrin im ehemaligen Landkreis Kehl. 

Bodersweier, Diersheim, Altfreistett, Neufreistett, Grauelsbaum, Hausgereuth, Helmlingen, Holzhausen, Honau, Leutesheim, Lichtenau, Linx, Memprechtshofen, Muckenschopf, Scherzheim und Zierolshofen gehörten zum nördlichen Amt Rheinbischofsheim. Von Kork aus, dem zweiten Hanauer Amtssitz, wurden Auenheim, Eckartsweier, Hesselhurst, Hohnhurst, Legelshurst, Neumühl, Odelshofen, Querbach, Sand und Willstätt verwaltet.  
All diese Ortschaften zählten also sowohl zum (badischen) Hanauerland als auch zum Kreis Kehl. Der Rest des ehrenwerten Kreises jedoch nicht: Honau – die Enklave gehörte zum Bistum Straßburg, die Rieddörfer Altenheim, Müllen und (das heute wohl nicht mehr existente) Rohrburg mit der Rohrburger Mühle zählten zu Geroldseck, Goldscheuer, Marlen und Kittersburg sowie Urloffen und Appenweier zur Landgrafschaft Ortenau; Renchen, das zeitweise sogar die Ersatzhauptstadt des Kreises Kehl gewesen war, zählte wie Wagshurst ebenfalls zum Bistum Straßburg.

 Und ja, ja ja, sehr richtig! Kehl war auch nie ein Teil des im Badischen liegenden Hanauerlandes. Daran gibt es nichts zu rütteln. Geschichte kann man nicht zurückdrehen, auch nicht reparieren, restaurieren oder gar schönreden. Geschichte ist, wie sie war und ist – und was war. Basta.

Aber nicht, wie es sein wird.  Unsere Historiker und Heimatforscher achten peinlichst genau darauf, dass da keiner was dran dreht. Doch Wikipedia greift den armen Hanauerlandlosen Kehlern ein wenig unter die Arme: »Der Landkreis Kehl umfasste überwiegend das rechtsrheinische historische Hanauerland mit einigen hinzugefügten Gemeinden. 
1803 kam das Gebiet des Hanauerlandes an Baden«. Kehl auch. 1807 entstand das Bezirksamt Kehl mit Sitz in Kork, das 1857 um die Gemeinden des aufgelösten Bezirksamtes Rheinbischofsheim erweitert wurde. 1881 wurde der Amtssitz von Kork nach Kehl verlegt.Voila! Da haben wir’s doch… 

Kehl wirft den Anker

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Kehl wirft den Anker. In einem eigenen Logo, bestehend aus einem stilisierten Hanauer Kappeschlupf sowie dem aus dem Kehler Stadtwappen bekannten Anker-Symbol. Oder lacht uns da etwa etwas entgegen, was zusammenwächst, weil es zusammengehört? 

Ob nun Anker oder gar eingenerös lächelndes Gesicht – egal, wie man es sieht: »Kehl am Rhein verankert im Hanauerland.« So das Motto.  
Kehl, die opulente Brückenbauerin, nicht nur über den Rhein – eine Brücke auch ins Hanauerland, fest verankert in der heimischen Scholle. Mit »passgenauen Veranstaltungen« wie dem »Hanauerland-Markt«, der am 30. September und 1. Oktober erstmals stattfinden soll, will man seitens des Stadtmarketings auf Kehl als Einkaufsstadt – auch und gerade für das Hanauerland – aufmerksam« machen. 

»Verankert im Hanauerland«, das ist also das Kernelement eines Leitbildes, das sich auch der Gewerbeverein City-Forum Kehl verordnet hat, eine »Vision für Kehl« im Jahr 2025. Kein geschichtsfroher Zukunfts-Furz des frühen 21. Jahrhunderts also, denn hier in Kehl weht schon lange ein kühnes, kappenbeschlupftes Umland-Lüftchen: Wir schreiben das Jahr 1896, als sich im »Dorf« Kehl einige junge musikbegeisterte Männer zusammenfinden, um einen Musikverein ins Leben zu rufen. Der wird dann auch am 1. November des Jahres gegründet, und spontan erklärt sich der damalige Ratschreiber von »Dorf« Kehl, Friedrich Hauß II. bereit, den Vorsitz zu übernehmen. Er ist der Schöpfer des bis auf den heutigen Tag erhaltenen Namens  »Hanauer Musikverein Kehl«. 

1951 löst Friedrich Nückles den erkrankten Karl Schutter als Vorsitzenden dieses Vereins ab. Er hat sich eine besondere Aufgabe gestellt und setzt sie auch durch: Die Wiederbeschaffung der »Hanauer« Tracht. 1952 war es soweit. Das dritte Gaumusikfest, ausgerichtet durch die Stadtkapelle »Hanauer Musikverein« auf dem Festplatz an Pfarrgasse und Schuttermühlkanal. 

Staunend und begeistert sehen die größtenteils just aus der Evakuierung heimgekehrten Kehler zum ersten Male wieder ihre »Hanauer« in Tracht.  Da flossen Tränen.

Auch die Hanauerland-Apotheke gibt es bereits seit 1933. Das ehrenwerte Hanauer Museum wurde 1956 gegründet und ist in der ehemaligen Schule im Dorf Kehl untergebracht. Und ein Jahr früher wurde der »Hanauer Hof« in der Hauptstraße 254 fertiggestellt. Dorthin hatte der Hornung-Schorsch erfolgreich pussiert und mit Tochter Annemarie eine »schaffige, fleißige Frau« vom (Hanauer) Hof weg geheiratet. Das Gasthaus sollte, so die als Müller geborene Annemarie, zerst »Zum Bären« heißen, jedoch war man da amtlicherseits dagegen, zumal es in Kehl bereits einen Bären gegeben hatte, in dem ein Spitzenkoch namens »Scharf« so manches Steak scharf angebraten hatte. Kehl im Hanauerland – da braucht man niemadem nen Bären aufbinden, auch wenn es manche Historiker anders sehen: Kehl und das Hanauerland? Des basst, gell…

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