Kehler "Einstein"-Projektgruppe gewinnt Preis
Elf Zehntklässler der Zeitzeugen-AG des Einstein-Gymnasiums setzten sich mit der Reichspogromnacht auseinander. Für ihre Filmdoku wurden sie jetzt ausgezeichnet.
Eine Projektgruppe der Zeitzeugen-AG am Einstein-Gymnasium hat beim bundesweiten Wettbewerb »Erinnerung sichtbar machen« als einzige baden-württembergische Schule einen der Siegerpreise gewonnen. Anlass des Wettbewerbs der Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet (ZUM) ist der 80. Jahrestag der Reichspogromnacht: Am 9. und 10. November 1938 wurden im gesamten Deutschen Reich Synagogen verwüstet und vielfach niedergebrannt, jüdische Geschäfte und Wohnungen geplündert und zerstört, tausende jüdische Menschen misshandelt und verhaftet. Hunderte jüdische Menschen starben in Folge der Ausschreitungen, die von der NS-Führung als »Volkszorn« inszeniert wurde.
Die Organisatoren des Wettbewerbs hatten Schülerinnen und Schüler dazu aufgefordert, Beiträge zu gestalten, denen es gelingt, die Erinnerung an die damaligen Ereignisse wachzuhalten: Erinnerung sollte sichtbar gemacht werden unter Verwendung der heutigen medialen Mittel.
Unter der Leitung von »Einstein«-Lehrer Uli Hillenbrand setzten sich elf Zehntklässler aus der Zeitzeugen-AG mit der Reichspogromnacht in Kehl auseinander. Dabei konnte die Gruppe auf zahlreiche Erinnerungen von Kehler Zeitzeugen zurückgreifen, welche die AG seit Oktober 2015 gesammelt hatte. Am 10. November 1938 waren die jüdischen Männer Kehls und der jüdischen Gemeinden des Hanauerlandes grausam und brutal misshandelt, gedemütigt und durch die Stadt getrieben worden – unter den Augen der Bevölkerung. Beteiligt waren zahlreiche Kehler NS-Angehörige und auch manche Passanten. Nicht wenige Zeitzeugen haben gesagt, dass sie die Bilder von damals bis heute nicht vergessen können.
Für ihre 40-minütige Filmdokumentation hat die Projektgruppe mithilfe von schriftlichen Dokumenten und den Aussagen der Zeitzeugen versucht, den Ablauf der Ereignisse am 10. November 1938 zu rekonstruieren.
Unterstützung erhielten die Schüler dabei auch von Archiv- und Museumsleiterin Ute Scherb. Gemeinsam mit ihrem Projektleiter suchten die Schüler in der Folge ehemalige Plätze jüdischen Lebens in Kehl auf und sprachen nochmals einzelne Zeitzeugen. In ihrem Filmbeitrag verbanden die »Einsteiner« Bilder und Filmaufnahmen aus dem heutigen Kehl exakt mit den Stimmen der Zeitzeugen, die sich an diese Orte im November 1938 erinnerten. Die Jury des Wettbewerbs zeigte sich tief bewegt von der Arbeit und verlieh den »Einstein«-Schülern unter allen zugelassenen Wettbewerbsbeiträgen den dritten Platz, der mit 2000 Euro dotiert ist. Zugleich durften die Schüler in einer zehnminütigen Präsentation bei der feierlichen Preisverleihung in der Neuen Synagoge in Mainz ihren Beitrag vorstellen: Janine Walter und Khounkham Hanelotxomphou (Klasse 10a) führten in die Doku des Einstein-Gymnasiums ein. In seiner Laudatio auf den Film hob Karl-Friedrich Fischbach von der ZUM den Wert des Beitrags für die Erinnerungskultur hervor; dem Verschweigen durch die damaligen erwachsenen Täter werde die Erinnerung der Zeitzeugen entgegengestellt, die als Kinder und Jugendliche Zeuge der Ereignisse wurden.
Den zweiten Platz beim Wettbewerb gewann die Lise-Meitner-Gesamtschule Köln-Porz, der erste Platz ging an das Willigis-Gymnasiums in Mainz.