Kehler Familie Marinov hat derzeit keine Bleibe
Die Sozialverbände wollen zur diesjährigen Armutswoche das Thema »Bezahlbarer Wohnraum« aufgreifen. Für viele Menschen mit niedrigem Einkommen ist es schwierig, eine Wohnung zu finden, die sie sich leisten können – auch in Kehl. In Zusammenarbeit mit der Caritas und dem Diakonischen Werk stellt die Kehler Zeitung vier Familien vor, die unter schwierigen Bedingungen leben und trotzdem keine Wohnung finden. Heute: Familie Marinov.
Die Marinovs haben derzeit keine eigene Wohnung – die dreiköpfige bulgarische Familie ist bei Vasilka Staneva untergeschlüpft, die in einer Kellerwohnung ohne Tageslicht in der Luisenstraße wohnt. »Wir sind ja verwandt«, sagt sie. »Da kann ich sie ja nicht auf der Straße wohnen lassen.« Vasilka Staneva kam bereits vor sieben Jahren mit ihrer Tochter nach Kehl. Sie arbeitet als Leiharbeiterin in einer Verpackungsfirma in Neuried. Dort hat sie auch Arbeit für ihre Verwandten gefunden, die ihr vor vier Monaten nach Kehl folgten. »In Bulgarien findet man keine Arbeit«, sagt die 35-jährige Steza Marinova. »Wir wollen, dass unser Sohn etwas lernt in Deutschland.« Sie erzählt, dass man in Bulgarien Schulgeld bezahlen muss, doch wie soll man das machen, wenn es keine Arbeit gibt und man folglich keine Einkünfte hat?
In ihren ersten drei Monaten in Deutschland wohnte Familie Marinov im Erdgeschoss des Hauses in der Luisenstraße in einer Eineinhalb-Zimmer-Wohnung – ein Entgegenkommen des Vermieters, erzählt Vasilka Staneva, die gut Deutsch spricht und für ihre Freundin dolmetscht. Eigentlich wollte er die Familie in die damals leerstehende Wohnung nicht einziehen lassen, weil sie zu klein ist für drei Personen – und weil klar war, dass seine eigene Tochter ab September die Wohnung brauchen wird.
800 Euro, dann ist Schluss
Inzwischen ist die Tochter eingezogen, und die dreiköpfige Familie mit Erlaubnis des Vermieters bei Vasilka Staneva untergeschlüpft, die im Untergeschoss wohnt. Damit es nicht zu eng wird und ein bisschen Privatsphäre bleibt, arbeiten Vasilka Staneva und die Marinovs in abwechselnder Schicht. Dennoch ist die Situation schwierig für alle Beteiligten, vor allem für den elfjährigen Sohn der Familie. Dimo besucht die Hebelschule, doch zuerst muss er dort die deutsche Sprache erlernen. Einen Raum, in dem er ungestört lernen kann, gibt es in der kleinen Wohnung nicht.
Die Suche nach einer eigenen Wohnung erweist sich als schwierig, da es in Kehl wenig günstigen Wohnraum gibt. Mehr als 800 Euro Warmmiete für eine Zwei- bis Drei-Zimmerwohnung kann Familie Marinov nicht aufbringen, obwohl beide im Schichtdienst arbeiten. Als ungelernte Leiharbeiter stehen sie am unteren Ende der Lohnskala.
Zudem sprechen beide kaum Deutsch, weshalb sie sich an den Caritassozialdienst gewandt haben. »Wir können auch nicht viel machen«, sagt Caritas-Mitarbeiter Mario Schäfer. »Wir unterstützen sie dabei, auf Annoncen zu antworten und Termine auszumachen. Aber wir haben natürlich keine Wohnungen zur Verfügung.« Bezahlbarer Wohnraum ist überall knapp, auch in Kehl – und die Wartelisten bei den Wohnungsbaugesellschaften sind lang.
◼ Kontakt: Wer der Familie helfen möchte, kann sich an das Diakonische Werk (Edgar Berg, ◼ 07851/7 08 66 20) oder an den Caritassozialdienst (Mario Schäfer, • 0 78 51/8 72 92 11) wenden.