Kehler Kammerensemble: Zwischen Walzer und Romantik

Eine wunderbare Darbietung mit der Sopranistin Melanie Moussay und ihrem Schüler, Antoine Hummel (Tenor). ©Simona Ciubotaru
Klassische Klänge in elsässischer Feste: Das internationale Kammerensemble Kehl-Strasbourg gastierte erneut im Fort Rapp-Moltke.
Das Kammerensemble Kehl-Strasbourg unter der Leitung des Dirigenten Gabriel Mattei, in Zusammenarbeit mit dem Verein „Association Patrimoine et Histoire de Reichstett“ und der Gemeinde Reichstett, veranstaltete am Samstag sein jährliches Konzert im Reichstetter Fort Rapp-Moltke. Das Orchester, das aus professionellen und semiprofessionellen Musikern aus Kehl und Straßburg, dem Ortenaukreis und Elsass besteht, spielt mehrere Konzerte im Jahr auf beiden Seiten des Rheins. Das sei im aktuellen internationalen politischen Kontext nicht nur ein rein kultureller Akt, sondern zugleich als ein symbolträchtiger Einsatz für den Frieden und die Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland, für die Idee Europas an sich zu sehen, beteuerte der Vorsitzende des Ensembles, Kristian Kunz, gegenüber der Kehler Zeitung.
Das Fort Rapp-Moltke war eine der 14 Festungen, die von Preußen nach dem Deutsch-Französischen Krieg im 19. Jahrhundert als Teil des Verteidigungssystems rund um Straßburg errichtet wurde. Da die Anlage in keine Kriegshandlungen verwickelt war, befindet sie sich in sehr gutem Zustand. Und anstatt Soldaten und Kanonen beherbergt heutzutage das Fort Ausstellungen, ein kleines Kino, und es öffnet regelmäßig seine Tore für Open-Air-Konzerte. Also, statt Schüsse und Einsatzübungen: Musik und Tanz.
Musikalische Reise
Das Repertoire umfasste „Schlager“ der Romantik und entführte das Auditorium auf eine bezaubernde musikalische Reise von Wien bis Paris. Zu hören waren international sehr beliebte Kompositionen des „Walzerkönigs“ Johann Strauss Sohn (1825-1899), wie „Frühlingsstimmen“ oder „Unter Donner und Blitz“, außerdem die herrlichen Ouvertüren und auch Arien aus seinem „Zigeunerbaron“ und der „Fledermaus“.
Abgerundet wurde das Programm mit dem eleganten Walzer „Les patineurs“ des Straßburger Komponisten Émile Waldteufel (1837–1915), zudem mit Carl Maria von Webers (1786-1826) „Air d’Agathe Nr. 8“ aus der Oper „Der Freischütz“ und Jacques Offenbachs (1819-1890) „Ah que j’aime les militaires“.
Von der Straßburger Sopranistin Melanie Moussay interpretiert, erklangen die Arien wie ein Spagat aus Sanftheit und Kraft, zwischen tiefem Empfinden und sehr viel Humor. Franz Léhars (1870-1948) „Die Lustige Witwe“ sang sie im Duett mit ihrem Schüler Antoine Hummel, ein Tenor mit wundervoller Stimme und großem Potenzial, der seinen ersten Auftritt mit Orchester erlebte.
Moussay kann seidig leise und zugleich bis in der letzten Reihe akkurat hörbar sein. Sie schauspielerte derart gekonnt und witzig, dass bei „Ah que j’aime les militaires“ – in der sie sich als „Opfer“ einen dekorierten Veteranen aus dem Publikum holte und ihre lange Mähne wie ein goldenes Fließ über seine Schulter hängen ließ – das Publikum laut losprustete und die Musiker mitten im Spiel lachen mussten.
Langsame Tempi
Das Orchester hatte im ersten Teil ein bisschen zu langsame Tempi – die hohe Luftfeuchtigkeit und eine grelle Lampe auf der Bühne, die den Dirigenten blendete, machten ihre Aufgabe nicht gerade leicht. Aber im zweiten Teil legten sie los und zeigten wieder ihre Klasse: Power, Kompaktheit, exzellente Einsätze der Bläser begeisterten das Publikum restlos.
Dementsprechend lang und stürmisch war am Ende der Applaus, der auch die Zugabe, „Radetzky Marsch“ von Strauss Senior, begleitete.