Kehler legte in eigener Wohnung ein Feuer

Den Verdacht auf Brandstiftung hatten die Polizeibeamten und die Feuerwehr sehr schnell. In der Wohnung waren Ölspuren und verschiedene Brandstellen zu finden. ©Christoph Breithaupt
„Wir wollten eigentlich einen schönen Heiligabend zusammen verbringen.“ Die Zeugin ist sichtlich aufgelöst. Vor dem Amtsgericht Offenburg muss sie an diesem Tag berichten, warum alles anders kam. Die ältere Frau musste zusehen, wie ihr Haus in Kehl in Flammen aufging.
Angeklagt ist ein 43-Jähriger, der seit 2011 in der Wohnung unter der Zeugin wohnte. Am 24. Dezember 2023 soll er dort ein Feuer gelegt haben. Laut Anklage soll er an diesem Abend Altöl in seiner Wohnung verteilt und entzündet haben, wissentlich, dass sich eine Familie im Haus befand. Zuvor hatte er sich auf eine „Kneipentour“ durch Kehl begeben, wie es für ihn an Heiligabend üblich war.
Alkohol und Drogen
„Er stand unter Alkoholeinfluss und konsumierte Drogen“, schildert sein Verteidiger Manuel Singler. „Er wollte den für ihn besonders belastenden Abend überstehen.“ Nach einer durchzechten Nacht soll er in seine Wohnung zurückgekehrt sein, welche er in Flammen auffand. An die Brandursache oder daran, warum er so was hätte tun sollen, könne sich der Mann nicht mehr erinnern. Bei der Untersuchung konnte der Mann nicht angetroffen werden. Er hatte die Nacht in einem Hotel verbracht. Wie auf den dortigen Überwachungskameras zu sehen war, hatte er einen Rucksack. „Der Rucksack war bepackt mit Utensilien, die man zum Verreisen braucht“, betont Sachverständiger Horst Witt.
Im Prozess wirft der 43-Jährige seinen Nachbarn und Vermietern vor, bei ihm gestohlen zu haben. Richterin Ute Körner macht bereits zu Beginn einen skeptischen Eindruck. Sie betont: „Eine andere Einlassung wäre sinnvoller gewesen. Wir haben hier reichlich Beweise. Sie können nicht behaupten, dass es an Ostern schneit und an Weihnachten 50 Grad hat.“ Auf Nachfrage offenbart der Kehler, dass er bis jetzt keine Therapie- und Hilfestellen aufgesucht habe, da er kein Alkohol- und Drogenproblem hätte und der Konsum höchstens einmal im Jahr „passieren“ würde.
Drohungen und Beleidigungen
Der Vater von zwei Kindern zog nach der Geburt seines zweiten Kindes in die Wohnung ein. Doch 2019 trennte er sich von seiner Frau, was ihn in eine persönliche Krise stürzte. Das einst gute Verhältnis zu seinen Vermietern und Nachbarn sei dadurch ins Schwanken geraten. Seine Nachbarin berichtet von mehrfachen Beleidigungen, Drohungen und Besuchen von der Polizei. Die Frau habe bereits Anzeige erstattet, zog diese dann auf polizeilichen Rat zurück.
Das Ehepaar, das die Dachgeschosswohnung in dem Mehrfamilienhaus bewohnte, hatte zahlreichen Familienbesuch. Als sie gerade anstoßen wollten, hörten sie ein Klingeln, und der Schwiegersohn des Ehepaars begab sich mit dem Vater raus, um den Grund zu erfahren. Der Schwiegersohn berichtete: „Als ich runterging, konnte ich bereits sehen, dass die Wohnung lichterloh brannte.“ Als er dann vor dem Haus stand, soll ihm der Angeklagte entgegengekommen sein, er wollte auf sein Fahrrad steigen. „Ich sagte ihm, dass seine Wohnung brennen würde, und er antwortete nur mit: Ich weiß.“
Als die Polizeibeamten und die Feuerwehr am Brandort eintrafen, bestätigte sich schnell der Verdacht auf Brandstiftung: „Überall war dickflüssiges Öl verteilt, und man konnte sehen, dass es verschiedene Brandstellen gab“, berichtet ein Polizeibeamter, der an Heiligabend vor Ort war. Auch die Fenster seien geöffnet worden, um die Sauerstoffzufuhr zu ermöglichen. An den Schuhen des Angeklagten konnten später Rückstände des Altöls festgestellt werden.
„Ein Albtraum“
Der Brand verursachte schwerwiegende Schäden. Die Eheleute und Hausbesitzer sprechen von rund 700.000 Euro: „Die Versicherung übernimmt nicht alles, wir zahlen viel aus eigener Tasche.“ Seit der Brandnacht würden sie kein Zuhause mehr haben und hätten nur wenig persönliche Gegenstände sichern können. Auch mit wiederkehrenden Albträumen, Schlaflosigkeit und psychischen Folgen hätten sie zu kämpfen.
HINWEIS: Der Prozess wird am 18. Februar fortgeführt.