Kehler Mediathek stellte Buch-Neuerscheinungen vor
Lesetipps für den Herbst konnten sich die Besucher am Mittwochabend in der Mediathek in Kehl holen. In Kooperation mit der Volkshochschule Ortenau und der Buchhandlung Baumgärtner stellte Literaturwissenschaftler Bernt Ture von zur Mühlen seine Favoriten des diesjährigen Bücherherbstes vor.
Der Bücherherbst in der Kehler Mediathek ist mittlerweile Tradition geworden. Zum 15. Mal stellte der Buchwissenschaftler Bernt Ture von zur Mühlen nun seine 20 ausgewählten Favoriten aus einer Flut von Neuerscheinungen vor.
Auswahl fiel schwer
„70 000 neue Buchtitel gibt es im Jahr, für sie habe ich 69 500 gelesen“, begrüßte von zur Mühlen lachend seine Gäste. „Es fällt nicht leicht, aus den vorgestellten Büchern die besten rauszusuchen.“
Packendes Buch über „Spiegel“-Skandal
In von zur Mühlens erster Empfehlung „Tausend Zeilen Lügen“ von Juan Moreno geht es um den größten Fälschungsskandal eines „Spiegel“-Reporters seit Jahrzehnten, dessen Reportagen und Interviews –trotz Prüfung – zum Teil frei erfunden waren.
Spannendes Stück DDR-Geschichte
Das Buch „Ein Verräter wie er“ des renommierten Journalisten Jürgen Schreiber beruht auf einer wahren Begebenheit und liest sich wie ein Thriller, ist aber doch ein ganz reales Stück DDR-Geschichte. Dabei geht es in um einen kaltblütiger Doppelmord und wie ihn die Stasi vertuschte.
Spion für sieben Geheimdienste
Nicht weniger spannend ist das Buch „Spion ohne Grenzen“ von Bodo von Hechelhammer. Dessen Protagonist Heinz Felfe war als Agent gleichzeitig für sieben Geheimdienste tätig. Sein Ziel war nicht die Gesinnung, sondern nur Geld, Geld, Geld.
Der kirchenhistorisch profunde, glasklar argumentierende Weckruf in Hubert Wolf‘s „Zölibat“ ist der Hammer. Der Autor zeigt darin auf, dass das Zölibat gar nicht so alt ist und es heute bereits verheiratete Priester gibt.
Biografie über de Gaulle
Mit großem Interesse hat von zur Mühlen die von Johannes Willms geschriebene Biografie „Der General: Charles de Gaulle und sein Jahrhundert“ gelesen. Von zur Mühlens Kommentar: „Er war ein großer Mann, aber menschlich fürchterlich.“
Unter den neuen Romanen ist das beeindruckende Werk „Winterbienen“ von Norbert Scheuer hervorzuheben. Einfühlsam, präzise und spannend schildert Scheuer die Welt des Epileptikers Egidius Arimond, der 1944 als Fluchthelfer jüdische Flüchtlinge in präparierten Bienenstöcken über die Grenze bringt.
Skelett unter Beton
Garry Disher, ein australischer Schriftsteller, schreibt neben Prosa- und Kriminalromanen auch Kinder-, Jugend- und Sachbücher, etwa über australische Geschichte. In seinem fabelhaften Kriminalroman „Kaltes Licht“ wird im Garten unter einer Betonplatte ein Skelett gefunden. Ein pensionierter Mordermittler setzt bei seinen Ermittlungen seine ganze Erfahrung ein, um den Fall aufzuklären.
Zum Schluss noch die mitreißend geschriebene Biografie von Bernd Roeck über Leonardo Da Vinci, an dessen 500. Todestag dieses Jahr erinnert wird. Niemand hat das Ideal der Renaissance vom „uomo universale“ – vom universalen Menschen – glänzender verkörpert als Leonardo da Vinci.
Eineinhalb Stunden vergingen wie im Fluge. Danach waren sich die Zuhörer einig: Von zur Mühlens Büchervorstellungen sind immer ein Genuss und ein Muss für jeden, der gerne Bücher liest.
Buch-Tipps auf einen Blick
Diese 20 Buchvorstellungen von Bernt Ture von zur Mühlen haben das Zeug, zum Lieblingsschmöker zu werden:
◼ Juan Moreno, „Tausend Zeilen Lügen“
◼ Jürgen Schreiber, „Ein Verräter wie er“
◼ Bodo von Hechelhammer, „Spion ohne Grenze“
◼ Jessica Bruder, „Nomaden der Arbeit: Überleben in den USA im 21. Jahrhundert“
◼ Rétif de la Bretonne, „Die Nächte von Paris“
◼ Bernd-Stefan Gewe, „Gold“
◼ Hubert Wolf, „Zölibat“
◼ Valentin Groebner, „Retroland“
◼ Johannes Willms, „Der General: Charles de Gaulle und sein Jahrhundert“
◼ Einhard Bezzel, „55 Irrtürmer über Vögel“
◼ Menno Schilthuizen, „Darwin in der Stadt“
◼ Norbert Scheuer, “Winterbienen“
◼ Sasa Stanisic, „Herkunft“
◼ Lola Randl, „Der große Garten“
◼ Leila Slimani, „All das zu verlieren“
◼ Garry Disher, „Kaltes Licht“
◼ Liselotte Pulver, „Was vergeht, ist nicht verloren“
◼ Hans Magnus Enzensberger, „Eine Experten-Revue in 89 Nummern“
◼ Bernd Roeck, „Leonardo“
◼ Theodor Fontane, „Frau Jenny Treibel“