Kehler Tulla-Realschulrektorin geht in den Ruhestand
Die langjährige Schulleiterin der Tulla-Realschule, Barbara Künzer, geht nach 41 Berufsjahren in den Ruhestand. 17 Jahre lang hat sie die Geschicke der Tulla geleitet, 2006 den Umzug in das neue Gebäude an der Vogesenallee gestemmt und ein innovatives Ganztagsmodell an ihrer Schule eingeführt.
Barbara Künzer trat im August 2000 die Stelle als Schulleiterin der Tulla-Realschule an, die damals noch in der Innenstadt lag. Zuvor war die gebürtige Karlsruherin, die in Düsseldorf und Böblingen aufwuchs, 23 Jahre lang an der Theodor-Heuss-Realschule in Offenburg tätig gewesen, davon sieben Jahre als Konrektorin. Schon bei ihrer Bewerbung in Kehl war klar, dass ein Neubau für die Tulla kommen wird, der im April 2006 nach einiger Verzögerung bezogen werden konnte. Gleichzeitig stellte die Schule auf einen vollgebundenen Ganztagsbetrieb um, als erste Realschule in Baden-Württemberg.
Auf das innovative Ganztagskonzept der Tulla, das das Lehrerkollegium gemeinsam ausgearbeitet hat, ist die scheidende Schulleiterin besonders stolz. Ein Knackpunkt bei der Umstellung war gewesen, dass sowohl Eltern als auch Schüler erwartet hatten, dass zuhause keine Schularbeiten mehr erledigt werden müssen, wenn sie den ganzen Tag an der Schule sind. »Die Kinder haben einfach keine Hausaufgaben mehr gemacht«, so Barbara Künzer.
»Also mussten wir dafür Zeit freischaufeln.«
Seit dem Schuljahr 2012/13 wird mit einer neuen Rhythmisierung gearbeitet. Morgens gibt es drei Unterrichtseinheiten à 70 Minuten und eine »Lernzeit« von 40 Minuten, in der die Aufgaben gemacht werden können, nach der Mittagspause folgt eine weitere Unterrichtseinheit. Danach beginnt das freiwillige Betreuungsangebot bis 16 Uhr.
Über 40 Jahre hat Barbara Künzer vor Schülern gestanden. Ihre Fächer waren Mathe und Chemie – aber nur, weil das Studium ihrer Wunschkombination Mathe/Französisch/Sport an ihrem Studienort Reutlingen nicht möglich gewesen war. »Ich wollte damals unbedingt dort studieren, also musste ich mir etwas anderes aussuchen. Chemie war das geringste Übel«, erzählt sie.
Ihre erste Stelle trat sie 1977 in Freistett an, ein halbes Jahr später wechselte sie nach Offenburg. Nun, mit 63, geht sie in den vorgezogenen Ruhestand. »Ich finde, es reicht«, sagt sie. »Jetzt kommt wieder ein neuer Bildungsplan, das muss ich mir nicht mehr antun.«
Mit ihrer Kritik an der Schulentwicklung im Land und speziell in Kehl hält Barbara Künzer, die bis 2009 auch Geschäftsführende Schulleiterin der Kehler Schulen war, nicht hinter dem Berg. Während das Gymnasium und die Werkreal- beziehungsweise Gemeinschaftsschule gefördert wurden, habe die Realschule als anerkannte und stabil funktionierende Schulart nie im Fokus gestanden, sagt sie. Nun wüchsen ihr immer mehr Aufgaben zu, da die Eltern ihre Kinder nicht mehr auf die Werkrealschulen schickten, obwohl diese kleinere Klassen und eine bessere Ausstattung hätten – und gute Arbeit leisteten, wie Barbara Künzer explizit betont.
Kritik an Schulpolitik
Kehl habe die Entwicklung zur Gemeinschaftsschule schlichtweg verschlafen, während in Willstätt eine eingerichtet wurde: »Das hat uns an der Tulla eine komplette Klasse gekostet«, sagt sie. »Die Willstätter Kinder bleiben nun in ihrem Ort.« Gleichzeitig kämen aus Kehl mehr Kinder, die an der Realschule überfordert seien: »Das macht niemanden glücklich – weder die Kinder, noch die Eltern und auch nicht die Lehrer.«
Schlaganfall 2006
Nun zieht Barbara Künzer den Schlussstrich. Trotz allem Stress hat sie ihren »Job« immer gerne gemacht, auch wenn es Zeiten gab, an denen sie am Rande der Erschöpfung stand. 2006, ein halbes Jahr nach dem Umzug ins neue Schulgebäude, erlitt die damals 52-Jährige einen Schlaganfall. »Das war ein Warnsignal meines Körpers«, sagt sie. »Damals bin ich dem Teufel gerade noch von der Schippe gesprungen.«
Den Stress und die Arbeit wird sie nicht vermissen, ihre Kollegen und die vielen Gespräche schon. Ideen für den (Un-)ruhestand hat sie genug. Reisen möchte sie, auch ganz spontan, ohne irgendwelche Zeiten und Termine im Hinterkopf haben zu müssen. Zudem könnte sie sich vorstellen, sich ehrenamtlich im sozialen Bereich zu engagieren. Auch wären Erwachsenenbildung oder Coaching Betätigungsfelder, auf denen sie aktiv werden könnte. Eines möchte sie aber auf jeden Fall: Ihren Garten in Schuss bringen – und dafür sorgen, dass er so bleibt.