Waldinventur

Kleiner Pilz - große Wirkung

Nina Saam
Lesezeit 4 Minuten
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23. April 2020

Bernhard Koch (rechts) ist Forsteinrichter beim Regierungspräsidium Freiburg. Gemeinsam mit Gemeindeförster Georg Weis (links) erfasst er den Ist-Bestand des Waldes und entwirft eine nachhaltige Bewirtschaftungsstrategie für die kommenden zehn Jahre. ©Nina Saam

Alle zehn Jahre wird im Kommunalwald Inventur gemacht und ein Bewirtschaftungsplan für die nächste Dekade erstellt. Doch das Eschentriebsterben hat die Planung über den Haufen geworfen.

„Corona ist nicht die erste Seuche, die über Europa hinwegzieht“, sagt Forsteinrichter Bernhard Koch vom Regierungspräsidium Freiburg. Sei es die Afrikanische Schweinepest, die nur noch wenige Kilometer von der deutsch-polnischen Grenze entfernt ist, oder das Eschentriebsterben, das viele Waldbestände hierzulande nachhaltig verändert hat, auch im Willstätter Gemeindewald.

Etwa 30 Prozent machte der Eschenanteil vor einem Jahrzehnt aus, nun sind es nur noch elf. Und auch die werden in den nächsten fünf Jahren verschwinden, schätzt Gemeindeförster Georg Weis: „Sturm „Sabine“ im Februar hat wieder viele umgeworfen“, sagt er.

Schaden begrenzen

Die 2010 verfassten Pläne der Forstwirtschaft waren durch den für Eschen tödlichen Pilz, der auf den harmlosen Namen „Falsches weißes Stengelbecherchen“ (Hymenoscyphus pseudoalbidus) hört, gründlich auf den Kopf gestellt worden. „In den letzten zehn Jahren war praktisch kein planmäßiger Einschlag möglich, sondern nur Schadensbegrenzung“, sagt Bernhard Koch.

Von den 44 000 geschlagenen Festmetern seien 33 000 als „zufällige Nutzung“ angefallen – überwiegend kranke Eschen, die rechtzeitig eingeschlagen werden mussten, damit sie noch einen Käufer finden. Viele mussten auch aus Sicherheitsgründen gefällt werden. Und von den noch vorhandenen geht weiterhin eine Gefahr aus: „Die können einfach umfallen“, warnt Koch. 

Die Forst-Fachleute setzen jetzt vermehrt auf Eichen – genauer: auf die heimische Stieleiche. „Sie ist eine Charakterart der Auenwälder und kommt mit den wechselfeuchten Standorten und dem Klimawandel am besten zurecht“, so Weis. „So viele standortsangepasste Baumarten gibt es da nicht.“

Die Esche war in dieser Hinsicht ein sehr geeigneter Baum gewesen: „Das reißt schon ein großes Loch“, sagt er.

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Frühere Versuche, fremde Baumarten anzusiedeln, waren nicht immer von Erfolg gekrönt. So wurden einst vermehrt nordamerikanische Douglasien angepflanzt – bis im Dezember 1999 der Orkan „Lothar“ kam: „Da hat es hier auf sieben Hektar einen geschlossenen Waldbestand komplett über den Haufen geworfen“, so Bernhard Koch.  

Eichen haben in Willstätt schon immer eine große Rolle gespielt. Jahrhundertelang wurde im Hanauerland Mittelwaldwirtschaft betrieben: Das Rückgrat des Waldes war die Eiche, die wertvolles Bauholz lieferte, zum Beispiel für die Fachwerkhäuser, und an den herabfallenden Eicheln taten sich die Schweine gütlich, die zu diesem Zweck in den Wald getrieben wurden. Alle anderen Bäume wurden regelmäßig alle 15 bis 20 Jahre auf den Stock gesetzt, um Brennholz zu gewinnen. 

Heute versucht man durch eine Hochwald-Bewirtschaftung eine dauerhaft hochwertige Waldbestockung zu erreichen. Dazu werden auf der gesamten Waldfläche besonders vitale Bäume gefördert, die darauf mit stärkerem Wachstum reagieren, weshalb der Holzvorrat (die vorhandene Holzmenge) heute viel höher ist.

Aber es geht nicht nur um den Holzzuwachs: „Der Willstätter Gemeindewald hat durch den hohen Anteil an Waldbeständen, die aus der Mittelwaldwirtschaft entstanden sind – Stichwort Alteichen –, auch einen großen ökologischen Wert“, streicht Bernhard Koch heraus.

Lebensraum für Tiere

Beachtlich ist auch die Menge an Totholz, die im Gemeindewald stehen- und liegengelassen wird, um teils bedrohten Tier- und Pflanzenarten Lebensraum zu bieten: Etwa 24 Festmeter pro Hektar, das ist rund ein Zehntel des gesamten Holzvorrats. Der Willstätter Wald ist auch ein bedeutender CO2-Speicher – rund 203 125 Tonnen des Treibhausgases sind in der Biomasse des Waldes gebunden, das sind im Schnitt 293 Tonnen pro Hektar.

Um ein geeignetes Bewirtschaftungskonzept zu erarbeiten, sind Bernhard Koch und Georg Weis acht Tage lang gemeinsam alle Waldflächen im Gemeindewald abgegangen. „Wenn der Gemeinderat unseren Planungsvorschlägen zustimmt, dann sind diese für die nächsten zehn Jahre die „Leitplanken“ für die Waldbewirtschaftung“, sagt Bernhard Koch, der seit 20 Jahren als Forsteinrichter die badischen Wälder begutachtet. „In den zurückliegenden Jahren wurde die Esche größtenteils eingeschlagen und vermarktet. In den nächsten zehn Jahren wird die Hauptaufgabe sein, die durch den Ausfall der Eschen verlichteten Waldflächen wieder zukunftsfähig zu bestocken.“ 
 

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