Lesung mit Blanche Kommerell
Zur Lesung mit der Berliner Schauspielerin und Autorin Blanche Kommerell begrüßte Ilse Teipelke die Zuhörer im vollen Salon Voltaire mit den Worten: »Was soll man anderes machen bei diesem schmuddeligen Wetter, alternativ zum Fernsehen?« Die Lesung ist ein literarisches Porträt in Gedichten, Briefen und Notizen der Paula Becker und Rainer Maria Rilke.
Blanche Kommerell liebt die Malerin Paula Modersohn-Becker (1876–1907), fuhr nach Worpwede, lernte die Tochter von Paula Becker kennen und hat in der Wohnung Original-Bilder von ihr gesehen. Tief berührt führte Blanche Kommerell Gespräche mit den Bildern und stieß bei ihrem Besuch auf die Briefe von Paula Modersohn-Becker.
Zwei Suchende
Die Malerin und der Lyriker Rainer Maria Rilke lernten sich 1899 in dem norddeutschen Malerdorf Worpswede kennen. Zwei fast Gleichaltrige, 1876 und 1875 geboren, die »das Nervensystem einer Generation« besaßen; zwei noch Unfertige, Suchende, die sich fanden, um sich zu lassen. Eine Malerin und ein Dichter, zwei Menschen, die sich in dem unabwendbaren Zwang begegneten, ihrer Kunst dienen zu müssen und die darum tief die »Feindschaft zwischen dem Leben und der großen Arbeit« an sich erfuhren. Zwei Menschen, die sich seelisch und geistig näher standen, als ihre Begegnungen wahr machen konnten; sie verzichteten, um sich selbst zu gewinnen. Häuslichkeit, wonach auch sie sich sehnten, gaben sie auf, um, jeder auf seine Weise, dem Zwang zum künstlerischen Ausdruck zu folgen. Zugleich war Paula Modersohn-Becker auch eine Frau von 1900, voller Sehnsucht nach Geborgenheit, trotz ihres Stolzes: »Wir Frauen können uns wohl für eine Zeit lang losreißen, aber wir halten nicht aus. Es liegt uns nun einmal nicht, Ausnahmen zu sein, es macht uns so seltsam, vielleicht interessanter, als sonst?« Paula Modersohn-Becker, die immer wieder nach Paris reiste, kehrte von dort aus ihrer Freiheit und Einsamkeit zurück in die Landschaft ihrer Anfänge, in ihre Ehe mit dem Maler Otto Modersohn: »Hoffentlich ist alles gut so.«
Für den Lyriker Rainer Maria Rilke begann mit seiner Entscheidung für ein Leben als Dichter die Zeit der Reisen. Er führte ein eher unkonventionelles Wanderleben und entzog sich allen seinen Liebesbeziehungen, bevor sie zu seinem Schicksal werden konnten. Er war nur einmal verheiratet mit Clara, der Schwester von Paula Becker.
Zu Blanche Kommerell
Die Schauspielerin Blanche Kommerell hatte ihre erste große Filmrolle als Rotkäppchen im gleichnamigen DEFA-Märchenfilm; weitere Filmprojekte folgten. Nach einem Studium absolvierte sie eine Schauspielausbildung. Ab 1975 folgten Engagements an Bühnen in Magdeburg, Potsdam, Senftenberg, Leipzig und am Deutschen Theater Berlin. Im selben Jahr gelang ihr in der Rolle der Rosa Frankfurter in Frank Beyers Verfilmung von »Jakob der Lügner« ein viel beachteter Erfolg.
Ab dem Ende der 80er-Jahre arbeitete sie vor allem an literarischen Programmen, später auch an Monologen nach Texten von Ingeborg Bachmann und Christa Wolf. Sie gab Gastspiele in ganz Deutschland mit Lesungen und literarischen Porträts.
Intensiv vermittelt
Die Lesung über die Auszüge aus den Tagebüchern, die Briefe, die Paula Modersohn- Becker immer wieder schrieb: Blanche Kommerell hat die Begabung, sie dem Zuhörer intensiv zu vermitteln, und man hat das Gefühl, in die Zeit, in der Paula Modersohn-Becker und Rainer Maria Rilke gelebt haben, versetzt zu sein.