Marlener Kirche erzählt ihre Geschichte
Die katholische Kirche St. Arbogast in Marlen wird in diesem Jahr 250 Jahre alt. Gefeiert werden soll das Jubiläum Mitte Mai – auch mit einem kleinen Schauspiel, in dem wichtige Stationen der Kirchengeschichte dargestellt werden.
2008, zur 725-Jahr-Feier der Ortschaft Goldscheuer, hatte es schon einmal ein historisches Schauspiel in Marlen gegeben. Damals ging es um Georg Krämer, den früheren Vogt und »Adler«-Wirt, der in der Badischen Revolution eine wichtige Rolle spielte. In diesem Jahr steht erneut ein Jubiläum an: Die Kirche St. Arbogast wird 250 Jahre alt. »Da wollten wir mehr machen als ›nur‹ einen Festgottesdienst«, so Hans Roser, Vorsitzender des Vereins für Heimatpflege Goldscheuer-Marlen-Kittersburg, jüngst auf einem Vorbereitungstreffen im Werner-Brock-Haus.
Vorbereitungen laufen seit neun Monaten
Und da dieses Bauwerk eine Menge zu erzählen hätte, soll es auch diesmal wieder ein historisches Schauspiel geben, das herausragende Ereignisse der Kirchengeschichte lebendig werden lässt – etwa das Hochwasser von 1744, die Ereignisse rund um den Bau der jetzigen Kirche, die Ereignisse der Badischen ‚Revolution oder die Zerstörung im Zweiten Weltkrieg (siehe Zeitleiste). »Eine Kirche erzählt« lautet denn auch der Titel. Seit neun Monaten laufen die Vorbereitungen. Dabei greift man auch auf Erfahrungen und Personal von 2008 zurück.
Bekannter Regisseur verpflichtet
Die Regie wird Walter Wolf übernehmen, der auf jahrzehntelange Erfahrung als Bühnenakteur des Alemannischen Theaters Kehl zurückblickt und der auch 2008 das Schauspiel inszeniert hatte. Auch viele Laien-Akteure, die damals mit dabei waren, sind auch diesmal wieder mit im Boot, ebenso Otto Krämer, der seinerzeit auch schon für die Requisiten verantwortlich war. Aufgeführt werden soll das Bühnenstück am 19. und 20. Mai. Jeweils ab 20.30 Uhr soll’s losgehen. Möglicherweise gibt es auch noch einen dritten Aufführungstermin.
Vortrag und szenisches Spiel
Geplant ist eine Mischung aus historischem Vortrag und szenischem Spiel. Die Bühne soll die Straße vor der Kirche sein, erläuterte Roser das Konzept. Das Publikum sitzt gegenüber, auf einer Tribüne auf dem Vorplatz der Grundschule. Etwa 300 Zuschauer können von dort aus das Geschehen verfolgen. Auch eine Video-Wand soll zum Einsatz kommen, und sogar pyrotechnische »Special Effects« sind geplant.
Nur wenige große Rollen
Man brauche nur wenige größere Sprechrollen, erläutert Walter Wolf. Die meisten der rund 30 bis 40 Akteure, die man benötigt, werden als Statisten mitwirken. Die Akteure tragen historische Gewänder der Epoche entsprechend.
Wer mitmachen will ist herzlich eingeladen, sich zu melden. Infos und Anmeldemöglichkeiten gibt es unter anderem auch auf einer vom Verein für Heimatpflege eigens eingerichteten Homepage, die inzwischen freigeschaltet ist: www.bliwisel.de/arbogast
Schlaglichter aus der Marlener Kirchengeschichte
Die Kirchengeschichte in Marlen beginnt schon weit vor 1767. Hier einige wichtige Stationen.
1413: In Marlen wird eine Kirche gebaut und dem heiligen Arbogast geweiht. Arbogast war im 7. Jahrhundert Bischof in Straßburg und hat im Elsass eine große Zahl von Kirchen gegründet.
1517: Reformation. An Marlen geht die Kirchenspaltung jedoch weitgehend spurlos vorbei: Marlen wird, zusammen mit Goldscheuer und Kittersburg, eine katholische „Insel“ im Ried, umgeben vom angrenzenden überwiegend protestantischen Hanauerland und der Gemeinde Altenheim.
1551: Marlen wird vorderösterreichisch.
1677: Die Kirche wird bei einem Brand, infolge Kriegseinwirkungen, schwer beschädigt
1744: Ein verheerendes Hochwasser sucht die Region heim. Der Rhein tritt über seine Ufer; auch die Marlener Kirche steht unter Wasser. Die Dorfbewohner fahren mit Flachkähnen an die Kirche, um die Schäden zu begutachten. Als Konsequenz beschließen die Bewohner, eine Statue des heiligen Nepomuk, dem Beschützer vor Wassergefahren, zu stiften.
1766: Die bestehende Kirche ist baufällig geworden – man beschließt, eine neue Kirche zu bauen. Die soll aber in Goldscheuer entstehen. Der Gemeindevogt lässt das nicht gelten, und so besorgt man sich das Baumaterial im Nachbardorf Goldscheuer: Helfer des mächtigen Gemeindevogts schaffen es nach Marlen.
1767: Die neue Kirche wird mit einer feierlichen Prozession eingeweiht.
1770: Marie Antoinette, Erzherzogin von Österreich, die kurz zuvor mit König Ludwig XVI. von Frankreich verheiratet worden war, kommt auf ihrem Weg von Wien an den französischen Königshof mit ihrem imponierenden Brautzug an Marlen vorbei.
1796: Erster Koalitionskrieg zwischen Frankreich und einer großen Koalition, der unter anderem Preußen und Österreich angehörten. Französische Truppen stehlen in Marlen eine Glocke. Am Ende des Krieges setzt sich Frankreich weitgehend durch, und der Rhein wird deutsch-französische Grenze.
1806: Bau des Pfarrhauses.
1827: Stiftung einer neuen Glocke für die Marlener Kirche. Sie steht heute am Ehrenmal auf dem Friedhof in Goldscheuer.
1845: Der Friedhof wird von Marlen nach Goldscheuer verlegt.
1848: Im Zuge der Badischen Revolution gerät auch das Pfarrhaus in Brand. Dabei werden die ältesten Kirchenbücher ein Raub der Flammen. Die Täter, zwei junge Männer, entkommen und fliehen später nach Amerika.
1876: Erweiterung und Umbau der Marlener Kirche durch Rudolf Rimmelin.
1917: Mitten im Ersten Weltkrieg wird der 150. Jahrestag der Einweihung der Kirche gefeiert.
1945: Zweiter Weltkrieg – Luftalarm: Die Marlener Kirche wird durch den Absturz eines abgeschossenen Flugzeugs und durch Granatbeschuss zerstört. Der Wiederaufbau wird unter anderem durch den Verkauf von Postkarten finanziert.
1951: Der Wiederaufbau ist abgeschlossen. Der Turm ist jetzt allerdings ein Stockwerk niedriger als früher.
1967: 200-Jahr-Feier mit Weihung einer neuen Glocke.