Moritz Netenjakob liest aus "Milchschaumschläger"
Seit 25 Jahren schreibt Bestseller-Autor und Grimme-Preisträger Moritz Netenjakob sarkastische Texte. Am Dienstagabend präsentiert er im Zedernsaal sein neues Buch »Milchschaumschläger«, in dem er Einblicke in das Scheitern seines Café-Projektes gibt.
»Guten Abend meine Damen und Herren, ich heiße Moritz Netenjakob und komme aus Köln.« Das Publikum bleibt unbeeindruckt. »Das passiert mir immer wieder, egal, ich wurde als Sohn intellektueller Eltern geboren und die kommen aus Westfalen.« Das Eis ist gebrochen.
Witzige Art
Netenjakob setzt sich an seinen Schreibtisch, im Hintergrund sind Bücherregalwände aufgebaut, mit Bücherattrappen von Alice Schwarzer über Reich-Ranicki bis Udo Lindenberg. In witziger Art erklärt er, wie es zu dem Roman »Milchschaumschläger« gekommen ist. Privat ist er glücklich mit einer Türkin verheiratet und als sein Stammlokal unerwartet schließt, nutzt er die Chance sein eigenes Café zu eröffnen. Den finanziellen Spielraum ermöglichte ihm der 2009 erschienene autobiografische Bestseller »Macho Man«.
Hipster, Alt-68er
Schon der Weg zur Eröffnung ist mit guten Ratschlägen und Katastrophen gepflastert. So muss erst ein Businessplan erstellt werden, der ist auch schnell gemacht, die Zahlen werden selbst ausgedacht und 2010 ist es dann soweit. Aber das Schlimmste kommt erst noch: Gäste! Eine Oma, bei der die Gedanken in den Kriegsjahren stehen geblieben sind, ein altkluger Hipster, ein Fußballtrainer mit einem Alkoholproblem, seine Alt-68er-Eltern und Aylins türkische Familie. Das Chaos ist vorprogrammiert. Das Lokal schließt im Mai 2011.
Aus dem Leben
Netenjakob unterbricht immer wieder seine Lesung, um Episoden aus seinem Leben zu erzählen. Absurde Situationen und wunderbare Charaktere unterstreicht er mit seiner parodistischen Wiedergabe. Zum Beispiel unterhält er sich mit seinem Freund Stefan in der typischen Udo Lindenberg-Weise, von dessen Art zu sprechen bis hin zu den körperlichen Bewegungen. Seine Frau meinte mal: »Leuchtet das Bild von dem Freund beim Klingeln auf deinem Smartphone auf, fällt automatisch die Unterlippe runter.« Oder eine exakte Alltagsbeobachtung vom Kauf einer elektrischen Zahnbürste, bei der der Verkäufer ausdrücklich darauf hin weist, dass die Zahnbürste unbedingt Bluetooth haben sollte, damit man immer auf dem aktuellen Akkuladestand sei.
Zwerchfellerschütterung
Wenn dann noch ein Fußballreporter »Hänsel und Gretel« erzählt und Reiner Calmund zum Kunstexperten wird, ist für den Zuhörer ein Angriff auf die Lachmuskeln nicht mehr zu vermeiden. Eine Zwerchfellerschütterung auf höchstem Niveau.