Nächtliche Expedition durch Kehl und Straßburg
22 Männer und Frauen haben von Freitag auf Samstag an einem Spaziergang durch die grenznahen Viertel von Kehl und Straßburg teilgenommen. Anschließend berichteten sie von ihren Erfahrungen.
Wie unterschiedlich sich das Nachtleben in Kehl und in Straßburg darstellt, haben 62 Bürger aus beiden Städten in der Nacht von Freitag auf Samstag von 19 Uhr bis 2 Uhr erkundet – eine Gruppe war zu Fuß unterwegs, eine mit dem Fahrrad und eine mit der Tram, heißt es in einer Pressemitteilung der Kehler Stadtverwaltung. Ausgerüstet mit einem Interviewleitfaden haben die Teilnehmer andere Menschen interviewt interviewt und auch danach gefragt, welche Verbesserungen sie sich wünschen würden.
Von ihren ersten Erfahrungen berichteten sie bei einem Zwischenstopp in Straßburg um 22.30 Uhr Oberbürgermeister Toni Vetrano; Eric Schultz, Beigeordneter in Roland Ries Stadtregierung begleitete die Fahrradgruppe. Beide hatten die Teilnehmer in der Kehler Mediathek zusammen mit deren neuem Leiter, Hannes Britz, begrüßt.
Menschen auf Terrassen von Cafés und Bars, Spaziergänger am Wasser, hohe Wohntürme: So präsentierte sich den Spaziergängern die Malraux-Halbinsel in Straßburg. Ganz anders ist die Atmosphäre dort, wo in Kehl zu nächtlicher Stunde wohl am meisten los ist: 600 in der Regel junge Leute, vorwiegend französischer Nationalität, tummeln sich nach Auskunft eines Türstehers bereits im Gold Club – es ist unübersehbar, wenn wieder eine Tram aus Straßburg angekommen ist: Ein ganzer Pulk von jungen Leuten kommt dann die Königsberger Straße entlang. In der letzten Tram sei außer den Disco-Fans nur ein französisches Ehepaar mit Wohnsitz in Kehl gewesen, das von einem Restaurant-Besuch in Straßburg nach Hause fuhr, berichtet ein Mitglied der Tram-Gruppe.
Unsicherheit in der Königsberger Straße
Die nächtlichen Spaziergänger, die alle irgendwann am Gold Club vorbeikamen, sorgen sich laut Rathaus vor allem um die Sicherheit der Disco-Besucher: Während die Interviews geführt werden, rasen immer wieder Autos mit hoher Geschwindigkeit durch die Königsberger Straße, finden gefährliche Überholmanöver statt. Einige der Befragten bemängeln, dass die Straße zu schlecht ausgeleuchtet sei; vor allem auf dem Rückweg zur Tram fühlten sie sich nicht immer sicher.
Bevor die grenzüberschreitende Tram ihren Betrieb aufgenommen hat, brachte ein Shuttle-Bus des Gold Clubs die französischen Gäste vom Einkaufszentrum Rivétoile nach Kehl und wieder zurück.
Im Rheinhafen-Viertel trifft die Radfahrergruppe auf Jugendliche, die es sich auf dem neuen Platz vor der kleinen Kirche gemütlich gemacht haben. Sie wohnen in anderen Stadtbezirken Straßburgs, verbringen aber lieber im Rheinhafen-Viertel die Zeit, bis es spät genug ist, um mit der Tram weiter nach Kehl in die Disco zu fahren.
Ein Bewohner des Viertels beklagt, dass Besucherinnen und Besucher von Kehler Spielhallen und Automaten-Bistros das Quartier zuparkten und von dort zu Fuß über die Trambrücke gingen. Tagsüber stellten Patienten oder Besucher der Rhéna-Klinik ihre Fahrzeuge überall im Viertel ab, die Einwohner wüssten kaum noch, wohin mit ihren eigenen Autos.
Ein anderer Anwohner klagt, dass es keine Läden im Rheinhafen-Viertel mehr gebe, seit die Tram da sei; Bäcker und Metzger hätten inzwischen geschlossen.
Zugeparkte Trottoires
Nachdem die Spielhallen im Gewerbegebiet Läger um Mitternacht zugemacht haben, sind die Spieler dorthin umgezogen, wo sich Bistros mit Spielautomaten befinden: Die Radgruppe findet in der Kinzigstraße zugeparkte Gehwege, Autos in den Brandschutzzonen, vor Ausfahrten und Garagen von Anwohnern. Offene Türen in der Marktstraße geben den Blick auf blinkende Spielgeräte frei.
Die Interviews, welche die 62 nächtlichen Spaziergänger geführt haben, werden nun von Rathaus-Mitarbeitern ausgewertet und sollen später der Öffentlichkeit präsentiert werden.