Pfarrer Alban Meier
Vor rund 60 Jahren entsteht am Kehler Südrand ein neues Stadtquartier. Dessen Mittelpunkt ist die damals neu erbaute Marien-Kirche. Langjähriger Pfarrer ist Alban Meier. Er wird in dem Gebiet, das Vertriebenen sowie Menschen aus anderen Bundesländern und vielen Nationen zur neuen Heimat wird, zur integrierenden Kraft. Wie das Buch »Mensch. Meier.« beleuchten wir in einer Serie die Entwicklung rund um St. Maria. Heute: Pfarrer Alban Meier.
Die Stadt dehnt sich gerade an ihrem Südrand aus, als Alban Meier 1967 als Pfarrer nach Kehl kommt. Um die neu erbaute, am 19. Juli 1959 geweihte Kirche St. Maria, Königin des Friedens, entwickelt sich im Niedereichwinkel ein neuer Stadtteil. Wohnblocks und Familienhäuser werden gebaut. Neuer Wohnraum wird für die Menschen gebraucht, die für die besonders im Hafengebiet in Großbetrieben wie BSW und Danzer neu entstehenden Arbeitsplätze benötigt werden.
Mit Zuwanderern vertraut
Menschen aus anderen Bundesländern und anderen Nationen finden in diesem »neuen Kehl« eine Wohnung. »Durch viele Kulturreisen in den Nahen Osten ist Alban Meier mit der Mentalität vieler Zuwanderer vertraut«, schreibt der Vorstands-Vorsitzende der Bürgerstiftung Kehl, Jörg Armbruster, in seinem Vorwort zum Buch »Mensch. Meier.«, das von der Stiftung anlässlich des 50-jährigen Wirkens von Pfarrer Meier initiiert worden ist. Es beschreibt die Entwicklung am Südrand Kehls in dieser Zeit. Eine wichtige Funktion beim Zusammenwachsen der einheimischen Bevölkerung und der Neu-Kehler übernimmt die Gemeinde St. Maria. Sie wird so etwas wie der »Heimathafen«, in dem sie alle ihren Anker auswerfen. Der junge Pfarrer ist für sie wie der Kapitän, der Moderator, Fels in der Brandung, Vater der neuen Familie. »Durch ihn verstärkte sich die Integrationskraft von Kehl wesentlich«, bekräftigt Armbruster.
Amtsantritt 1967
»Die Sonne brach durch, als für den Pfarrgemeinderat der Kuratie St. Maria Klaus Ryniak die Gäste begrüßte. So erhielt der dunstig begonnene Sonntagmorgen doch noch strahlende Helle.« So beginnt der Bericht in der Kehler Zeitung über den Pfarrer-Wechsel in der Mariengemeinde 1967. Das könnte in der Rückschau symbolisch auch für die Beschreibung des Wirkens von Pfarrer Alban Meier in Kehl stehen. Dieser ist sich im Klaren darüber, welche wertvolle Aufbauarbeit sein Vorgänger Erich Egner-Walter leistete, der zum 10. März 1960 die neu errichtete Kuratie als erster selbstständiger Seelsorger übernommen hatte. Er sei sich bewusst, ein schweres Erbe anzutreten, bekennt der Neue an jenem Sonntag-Vormittag.
Nach dem alten Turner-Leitspruch »frisch, fromm, fröhlich, frei« geht der junge, dynamische, stets frohen Lebensmut ausstrahlende Pfarrer ans Werk. Er macht sich auf den Weg, das Gute und die Guten in der Gemeinde zu entdecken und zu gewinnen. Es ist sein besonderes Anliegen, den Gemeindegliedern ihre Mündigkeit und Mitverantwortung bewusst zu machen und sie für eine Mitarbeit in der Gemeinde zu begeistern.
»Da bleib ich keine 10 Jahre«
Dabei ist der 1931 in Altschweier, heute Ortsteil von Bühl, geborene gar nicht so euphorisch, als er die damalige Kuratie St. Maria übernimmt. »Ich dachte, da bleib ich keine 10 Jahre – 50 sind’s geworden«, schmunzelt er rückblickend. »Die Mariengemeinde hat mich toll aufgenommen, hier fühle ich mich wohl.« Kehl sei für ihn Fremdland gewesen. »Ich komme von der Vorbergzone, von der wir auf die Rheinebene hinunter geblickt haben«, erklärt er. »Die Rheinebene, das war für uns ›’s Land‹, das wirtschaftlich und kulturell der Bergzone unterlegen war.«
Mündige Christen
Im Geiste des Zweiten Vatikanischen Konzils führt Alban Meier den von seinem Vorgänger Erich Egner-Walter begonnene Aufbau der Pfarrgemeinde weiter, bindet Laien in die Gemeindearbeit ein und greift Ideen aus der Gemeinde auf. Sein Anliegen ist es, die Gemeindeglieder zu »mündigen Christen« zu ermutigen. Doch er wird nicht nur von den Katholiken geschätzt. Auch die Herzen der evangelischen Christen und derjenigen anderen Glaubens beginnen für ihn zu schlagen. Selbst Menschen, die mit der Kirche nichts anfangen können, bringen dem Pfarrer von St. Maria Sympathie entgegen. Alban Meier wird zum Brückenbauer zwischen den Konfessionen und den Nationen. Zuwanderung, Migration, Integration geschehen wie selbstverständlich.
»Kehl ist katholischerseits sehr stark vom Zuzug geprägt, weil die Stadt, das Dorf und Sundheim geschichtlich ›rein‹ evangelisch waren«, konstatiert Pfarrer Meier. Durch die Grenzlage, den Zuzug von Zöllnern oder Arbeitern und Akademikern sowie den Nachkriegsflüchtlingsstrom, später durch die sogenannten »Russland-Deutschen« oder den Zuzug von Europäern seien viele Katholiken nach Kehl gekommen. So betreffe Integration nicht allein Migranten und Zuwanderer, sondern sie sei ebenso erforderlich für das Zusammenleben der heimischen Bevölkerung unterschiedlichen Glaubens einerseits und mit Zugezogenen andererseits hinsichtlich eines guten Miteinanders der Gesellschaft.
Vorbildliche Ökumene
Die starke Ökumene in Kehl ist prägend für das Zusammenleben geworden und für viele unausgesprochene Selbstverständlichkeit im Miteinander. Alban Meier macht sich daran, die Beziehungen zu den benachbarten evangelischen Gemeinden Martin-Luther in Sundheim und Johannes auf dem Kronenhof zu knüpfen und in der Folge zu vertiefen. Da sich die Pfarrer beider Konfessionen menschlich gut verstehen, kann in den Gemeinden der Boden für die ökumenische Begegnung gut vorbereitet werden und das »zarte Pflänzchen Ökumene« gut gedeihen. Zudem beginnt Anfang der 1970er-Jahre das, was heute für die beiden christlichen Konfessionen in Kehl selbstverständlich ist: freundschaftliche, ökumenische Kontakte nach Straßburg und ins Elsass im Rahmen der deutsch-französischen Aussöhnung.
Soziale Projekte
Inklusion ist für Alban Meier bereits eine Selbstverständlichkeit, als sie noch kein Schlagwort der Politik ist. Er ist Initiator der integrativen Kindertagesstätte St. Raphael, Mitinitiator und Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins »Huckepack«, der sich um sozial benachteiligter Kinder in Kehl kümmert, Mitgründer der kirchlichen Sozialstation Kehl-Hanauerland und Stiftungsrat der Bürgerstiftung Kehl.
Bundesverdienstkreuz
Für sein segensreiches Wirken weit über sein Kirchenamt hinaus wird der katholischen Pfarrer i. R. Alban Meier am 10. März 2014 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. Oberbürgermeister Günther Petry würdigt in seiner Laudatio Meiers Menschlichkeit, »die dazu führte, dass die Kirche zu den Menschen kommen konnte«. Pfarrer Meier sei bestrebt, den von Ausgrenzung Bedrohten Raum und Gehör zu ermöglichen, soziale Projekte seien seine Herzensangelegenheit, »er ist geerdet und spirituell zugleich«.
Quelle
Buch »Mensch. Meier.«, Herausgeber Kehl Marketing GmbH, 152 Seiten, 19,90 Euro, erhältlich: Bürgerstiftung Kehl, Tourist-Info, Buchhandlung Baumgärtner, Blumen Kruß Goldscheuer sowie Pfarreien St. Nepomuk und St. Maria Kehl und St. Arbogast Marlen.