Protest gegen Flüchtlingspolitik
»Freedom not Frontex« ist das Motto eines vierwöchigen Protestmarschs gegen die europäische Flüchtlingspolitik, der von Straßburg nach Brüssel führt. Gestern startete der Marsch in Kehl mit einer Demonstration über die Europabrücke.
Kehl. Nach und nach tröpfeln die Teilnehmer mit Bussen, Autos und der Bahn ein, lagern in einer Mischung aus Happening, Sit-In und politischer Aktion auf dem Bahnhofsvorplatz. Schwarz und kunterbunt sind die vorherrschenden Farben, es wird getrommelt und gesungen, Durchsagen sind zumeist mehrsprachig.
Rund 300 Teilnehmer sind es am Ende, die sich im Demonstrationszug über die Europabrücke nach Straßburg aufmachen – ohne Ausweisdokumente.
Ohne Personalpapiere
»Wir gehen bewusst ohne Papiere über die Grenze«, erklärt Thomas Becker von der Offenburger Gruppe »Alarm e. V.«, die gemeinsam mit französischen Aktivisten die Aktionen in Kehl und Straßburg organisiert hat. Auch wenn die Aktion vorher mit der Polizei abgesprochen wurde, stellt der illegale Grenzübertritt für Asylbewerber eine gewisse Gefahr dar, weil sie damit ihre Residenzpflicht verletzen.
Vorsichtshalber werden Infoblätter und Telefonnummern von Rechtsanwälten ausgegeben. Aufgerufen zu dem Protestmarsch hatten verschiedene Asyl-Unterstützergruppen.
Immer mehr Flüchtlinge kommen in die EU, teilte die europäische Grenzschutzagentur Frontex vor ein paar Tagen mit. In den ersten vier Monaten des Jahres wurden allein im Mittelmeer 25 000 Flüchtlinge aufgegriffen, die meisten stammen aus Syrien und Schwarzafrika. 2013 waren es insgesamt 40 000. Eine der Aufgaben der Frontex ist es, die illegalen Grenzgänger abzuwehren.
»Keiner verlässt doch sein Land und seine Familie aus Spaß«, sagt dazu Thomas Becker. »Und was heißt hier Armutsflüchtlinge? Armut ist auch politisch.« Wie seine Mitstreiter befürwortet er grenzenlose Freiheit für alle Menschen und das Recht, sich dort aufzuhalten, wo man will.
»Say it loud, say it clear, refugees are welcome here«, skandieren die Demonstranten beim Marsch über die Europabrücke. Genau in der Mitte, wo die Grenze zwischen Frankreich und Deutschland verläuft, bittet ein Redner die Teilnehmer, sich auf die Straße zu setzen und eine Schweigeminute einzulegen. »An dieser Grenze stirbt niemand, an dieser Grenze herrscht Frieden«, ruft er in sein Megafon. »Und warum? Weil die Grenze offen ist. Niemand stirbt in diesem Fluss. Aber im Mittelmeer, da sterben täglich Menschen bei dem Versuch, Grenzen zu überwinden.«
Als Zeichen der Verbundenheit binden einige Demonstranten ihre Schuhe ans Brückengeländer.
Weitere Aktionen
Der Marsch führt weiter bis in die Straßburger Innenstadt, wo am Abend ein Konzert und ein Theaterstück zum Thema Asyl stattfindet. Heute sind weitere Aktionen in Straßburg geplant, bevor am Dienstag der lange Marsch nach Brüssel beginnt.