Qualifizierungsprojekt: Flüchtlinge haben ihren Abschluss
Der zweite Jahrgang des preisgekrönten Qualifizierungsprojekts für junge Flüchtlinge der Bürgerstiftung Kehl hat am Donnerstag seine Abschlüsse erhalten. Das Modell soll weitergeführt werden – mit einigen Modifikationen.
»Wir sind stolz auf euch, dass ihr im Team die deutsche Sprache gemeistert habt«, wandte sich Stahlwerk-Chef Andreas Volkert in den Räumen der BAG, dem Ausbildungsbetrieb der Badischen Stahlwerke, an die jungen Männer, die gerade ihr Qualifizierungsjahr abgeschlossen haben – fünf junge Flüchtlinge aus Afghanistan, Eritrea und Gambia und sechs junge Franzosen. Zusammen haben sie im Rahmen des Qualifizierungsjahrs das Sprachniveau B1 erreicht. »Die Integration läuft nur über die deutsche Sprache«, betonte Volkert. Die meisten verstehen mittlerweile sogar Dialekt, so Volkert weiter.
Kosten geringer
Die Kosten für die Qualifizierung der jungen Flüchtlinge fielen diesmal mit etwa 50 000 Euro wesentlich geringer aus, erläuterte Karl Haase von der Bürgerstiftung Kehl (BSK), die für dieses Projekt den Förderpreis der Stiftung Aktive Bürgerschaft erhalten hat. Im Unterschied zum ersten Jahrgang waren die neuen Teilnehmer bereits in der Qualifizierungsphase in ihren künftigen Ausbildungsbetrieben tätig – neben der BAG sind das die Firma Nußbaum in Bodersweier und Kfz-Müller in Kehl. Das soll jedoch im kommenden Jahrgang wieder wegfallen. »Ein Jahr Qualifizierung und dreieinhalb Jahre Ausbildung, das ist definitiv zu lang für uns und die Teilnehmer«, so BAG-Ausbilder Michael Enderle zur Begründung. Deshalb sollen die angehenden Lehrlinge nun schon im Qualifizierungsjahr die Berufsschule besuchen. Dabei werden sie von ihren Ausbildern und Sprachlehrern begleitet; zudem wird der Berufsschulunterricht intensiv vor- und nachbereitet. Da man nicht am Sprachunterricht kürzen kann, müsse an der Praxis gespart werden, so Enderle. Wer das Qualifizierungsjahr besteht, bekommt es als erstes Lehrjahr angerechnet. Erst im zweiten Ausbildungsjahr wechseln die jungen Leute in den Ausbildungsbetrieb. Laut Volkert hat der Flüchtling so bereits nach zwei Jahren das Sprachniveau B1 und die Ausbildung als Fachkraft Metall in der Tasche. In der zweiten Ausbildungsstufe kann er sich dann weiterqualifizieren.
Abschiebung droht
Über manchen der jungen Geflüchteten schwebt jedoch trotz allem das Damoklesschwert der Abschiebung. So wurde der Gambier schon in zweiter Instanz abgelehnt. Mit Unterstützung der Bürgerstiftung hat der junge Mann einen erneuten Antrag auf Duldung gestellt, damit er seine Ausbildung beenden und noch zwei weitere Jahre Erfahrung im Beruf sammeln kann. »Wir werden uns massiv wehren, wenn er keine Duldung bekommt«, so BSK-Vorsitzender Jörg Armbruster. »Wir sind so gelobt worden für unser Projekt – und jetzt sollen Teilnehmer mittendrin abgeschoben werden.« Auch die beiden Afghanen Mohammad Safa Abdol (21) und der 22-jährige Asif Mohammad, der bereits im ersten Lehrjahr ist, sind von der Abschiebung bedroht. Für Armbruster ein Unding: »Diese Ungewissheit ist eine Mordsbelastung zusätzlich zur Lehre.« Nur die beiden ‹Eritreer haben die Duldung in der Tasche.
Auch wenn die Qualifizierung weiterhin ein Projekt der Bürgerstiftung bleiben wird, will die BSK ihr finanzielles Engagement zurückfahren. »Jetzt sind die Firmen dran, die Nachwuchs brauchen«, sagte Armbruster. »Wir wollten nur zeigen, dass es geht.«