Trotz Hochwasser ist der Boden noch immer trocken

Anfang Februar sind sowohl der Rhein als auch die Kinzig über die Ufer getreten. Die Bäume profitieren nur bedingt von dem Hochwasser. Die vergangenen Trockenjahre machen ihnen noch immer zu schaffen. ©Stadt Kehl
Die Böden können im Winter die übermäßige Nässe gar nicht aufnehmen.
Sitzbänke, die im Garten der zwei Ufer aus den Rheinfluten ragen, und Radwege, die unter überfluteten Kinzigbrücken verschwinden – dieser Anblick bot sich den Kehlern während des Hochwassers Ende Januar und Anfang Februar. Inzwischen hat sich das Wasser wieder zurückgezogen und das Rheinvorland sowie das Kinzigufer wieder freigegeben. Gegen die Folgen der anhaltenden Trockenjahre konnten die nassen Tage nur bedingt etwas ausrichten, teilt die Stadverwaltung mit.
Ein Hochwasser ist für die Tier- und Pflanzenwelt der Auenlandschaft ein überlebenswichtiges Ereignis. Die Wassermassen reißen schwache Bäume nieder, spülen die Flusssohle von Rhein und Kinzig aus und schwemmen neue Wasserpflanzen an. Dies sei Teil eines dynamischen Kreislaufs, auf den viele Tier- und Pflanzenarten angewiesen sind, heißt es weiter.
Durch Hochwasser entstehen neue Lebensräume und Laichplätze, beispielsweise für Frösche, Fische und Insekten. Bäume wie etwa die Birke haben sich an Weichholzauen (Auwälder), die häufig von Hochwasser betroffen sind, angepasst. Sie gelten als sehr lichtbedürftig und brauchen viel Wasser. „In den ersten zwei bis drei Jahren wachsen Birken sehr schnell. Dann werden sie vom Hochwasser weggerissen“, erläutert Umweltreferentin Insa Espig. Aufgrund dieser starken Dynamik werden Weichholzauen meist nicht gesondert bepflanzt. Vielmehr setzt man darauf, dass sich der Auwald selbst erneuert. Ebenso wichtig sind Überschwemmungen für Hartholzauen, in denen überwiegend Eichen, Eschen und Erlen stehen und die als FFH-Schutzgebiete zählen.
Keine Linderung
Allerdings profitieren gerade die Bäume immer weniger von den Hochwasser-Ereignissen. Das hat auch mit klimatischen Veränderungen zu tun. „Wohingegen Hochwasser dereinst ein Sommerphänomen war, beobachten wir seit den 1970er-Jahren, dass sich dies in die Winter- und Frühlingsmonate verschiebt“, berichtet Insa Espig vom Umweltamt der Stadt. Der Schnee in den Gebirgen schmilzt früher ab und führt bei starken Regenfällen wie Ende Januar rasch zu hohen Pegelständen. Wenn das Wasser anschließend die Auenlandschaft erreicht, trifft es auf trockene Böden und Bäume in der Winterruhe. Die Folge: Die bei Überschwemmungen aufkommenden Wassermengen versickern nicht, sondern rauschen samt ihren wichtigen Nährstoffen an den Wurzeln vorbei.
In der Tiefe noch trocken
Diese Beobachtungen macht auch Forstrevierleiter Markus Gutmann: „Trotz Hochwasser sind die Baumwurzeln in einem Meter Tiefe noch trocken.“ Und Frank Wagner vom städtischen Betriebshof ergänzt: „Selbst für Bäume, die einen feuchten Fuß vertragen können, kommt zu viel Wasser auf einmal und fließt zu schnell wieder ab.“ In Hartholzauen können Eichen bis zu 100 Tage im Jahr im Wasser stehen, Erlen sogar bis zu 200 Tage. Allerdings nütze dies den Bäumen wenig, wenn die Böden das Wasser nicht aufnehmen, sagt Frank Wagner weiter.
Die seit 2018 anhaltenden Trockenjahre ließen sich nicht mit einem Hochwasser wegspülen. Erst nach mehreren nassen Wochen komme die Feuchte in den tieferen Erdschichten an, erläutert Forstrevierleiter Gutmann. Dennoch bleibt die Stadt nicht tatenlos: Beispielsweise setzt der Betriebshof bei Neupflanzungen auf klima- und krankheitsresistente Sorten. Städtische Grünanlagen und Beete werden nach Möglichkeit entsiegelt und mit einem besonderen Substrat ausgelegt, das die Versorgung von Bäumen mit Luft und Wasser verbessert.
Der Betriebshof hat seine Bewässerungstechnik umgestellt: Beispielsweise wurden in Klein Allmend Senken angelegt, in denen sich Oberflächenwasser sammeln und versickern kann. Zusätzlich werden bei Tiefbrunnen- und Grundwasserabsenkungsanlagen spezielle Abgänge eingerichtet, um mit den abgepumpten Wassermengen öffentliche Grünflächen zu begießen.