BSW-Serie

Umweltschutz wird im Kehler Stahlwerk groß geschrieben

Jürgen Preiß
Lesezeit 5 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
29. August 2018

(Bild 1/2) Bei dieser aktuellen Luftaufnahme von BSW sieht man im Vordergrund das mit neuester Technik und Digitalisierung ausgerüstete Walzwerk. Mit seiner Inbetriebnahme ist die Erweiterung der Abmessung auf 20 und 25 Millimeter Durchmesser gelungen. BSW erhofft sich dadurch einen deutlichen Wettbewerbsvorteil. ©BSW

Im Rheinhafen Kehl steht das einzige Stahlwerk Baden-Württembergs. Willy Korf hat es vor 50 Jahren bauen lassen. Am 27. Oktober 1968 nahm es seinen Betrieb auf. In einer neunteiligen Serie beleuchtet Baden Online die bewegende Geschichte des Badischen Stahlwerks. Heute: Umwelt und Ausblick.

Willy Korf hatte mit der Stahlwerksgründung in den 60er-Jahren einen mutigen Schritt gemacht. Allerdings produzierte er in einer Gegend nun Stahl, in der andere Menschen ihren Urlaub verbringen. Damit war klar, dass die Umwelt-Sensibilität höher war als beispielsweise im Ruhrgebiet, wo seit 150 Jahren Kohle- und Stahlindustrie angesiedelt sind. 

Für die zunächst angepeilten 250 000 Jahrestonnen waren eine Nass-Entstaubung und eine einfache Wasseraufbereitung ausreichend. Die Genehmigung für die geplanten Produktionssteigerungen brachten natürlich Auflagen zur Erweiterung des Umweltschutzes mit sich. Dabei spielte auch der Lärmschutz eine Rolle, weil die Wohnbebauung von Auenheim immer mehr auf das Stahlwerk zuwuchs. Mit der Trockenentstaubung, die in den 70er-Jahren entstand, wurde ein entscheidender Schritt gemacht. BSW hatte stets das Ziel, die vorgegebenen Grenzwerte der TA-Luft zu unterschreiten. Die Mitwirkung der Firmentochter BSE und vor allem das Modellieren des Stahlwerkskonzeptes mit Simulation der Luftströmung in der Halle und außerhalb lieferten entscheidende Hinweise. In den späten 80er-Jahren ist es dann auch gelungen, die TA-Luftgrenzwerte deutlich zu unterschreiten.

Ende der 1980er-Jahre hatte das Thema »Giftmüllofen«, eine vom Land verfolgte Planung für eine Industriemüllverbrennung im Kehler Rheinhafen, zu einer Sensibilisierung in der Nachbarschaft des Stahlwerks gesorgt. Protestgruppen hatten sich gebildet und dabei auch die BSW aufs Korn genommen. Eine Ärzteinitiative betrieb eine regelrechte Medienkampagne gegen das Stahlwerk und deckte im Wochenrhythmus vermeintliche Umweltsünden auf. Dies führte dazu, dass in den späten 80er-Jahren ein weiteres Vorstandsmitglied in der Person von Karlheinz Klein, früherer Stahlwerkschef, der die Japantechnologie eingeführt hatte und Mitgeschäftsführer der BSE war, zum Vorstand bestellt wurde, um sich ausschließlich dem Thema Umwelt anzunehmen. 

In einem Zehn-Jahreszeitraum hat das Stahlwerk daraufhin rund 100 Millionen Mark in den Umweltschutz investiert. Als erstes wurde das schwere Heizöl durch Erdgas ersetzt. Dann kamen die Ertüchtigung und Erweiterung der Trockenentstaubung und die Installation von Wasseraufbereitungsanlagen, die einen perfekten Kreislauf des benutzten Kühlwassers mit dem Ziel verfolgte, in Zukunft nur noch Verdunstungsverluste ersetzen zu müssen. Gleichzeitig wurden die Abwasserkanäle, die Hebeanlage und das Auslaufbauwerk modernisiert. Auf der gegenüber liegenden Kinzigseite, Richtung Auenheim, wurde ein Lärmschutzwall gebaut, begrünt und als Freizeitgelände nutzbar gemacht. Gleichzeitig wurden die Mitarbeiter intensiv geschult mit dem Ziel, störenden Lärm zu vermeiden und die Grenzwerte nicht zu überschreiten. 

Ein besonderes Problem war das Thema Abgasbehandlung. Das Stahlwerk hatte dabei Unterstützung der Chemischen Fakultät der Universität Tübingen. Es wurde eine sogenannte HTQ-Anlage (High Temperature Quench) hinter der Direktabsaugung eingebaut. Heiße Abgase werden dabei in Sekundenbruchteilen mit Wasser heruntergekühlt. Dadurch kann die Bildung von Ultragiften wie Dioxine und Furane verhindert werden. Hinzu kam die fachgerechte Entsorgung und Weiterleitung des Staubs aus der Trockenentstaubungsanlage. Er geht nach der Pelletisierung an einen Aufbereiter, der daraus im Drehrohrofen Sekundärzink zurückgewinnen kann.
Die Umwelt-Offensive des Stahlwerks zeigte Wirkung. Fortan gab es keine Proteste aus der Bevölkerung und dem Umfeld mehr. BSW wurde vorbildlich als erstes Elektrostahlwerk in Europa EMAS zertifiziert und konnte über das Tochterunternehmen Badische Stahl-Engineering anderen Stahlwerken Anleitungen und Hilfestellung bei der Lösung von Umweltproblemen anbieten. Mit den exzellenten Emissionswerten erhielt BSW vom Regierungspräsidium im Jahre 2009 auch die Genehmigung, bis zu 2,8 Millionen Tonnen Stahl pro Jahr zu produzieren.

- Anzeige -

Neues Walzwerk mit viel Potenzial

Über viele Jahre hinweg haben sich die Fachleute bei BSW Gedanken darüber gemacht, wie man Betonstahl im Ring, also endlos gewalzt, auch für dicke Abmessungen produzieren kann. Das führte zu einem Projekt, das Drahtwalzwerk unter weiterer Nutzung von Stoßofen und Teilen der Vorstraße gänzlich neu zu konzipieren. 

Zur Verwirklichung des Projektes hat BSW der Firma Siemens-VAI den Auftrag zum Neubau der Anlagen erteilt. Wichtig für BSW war, dass mit dem alten Walzwerk, das nach Leistung und Toleranz langsam an seine Grenzen gekommen war und das Produkt beim Durchmesser auf maximal 14 mm begrenzte, mit möglichst wenig Unterbrechung weiter produzieren konnte. Nur wenige Wochen Stillstand für den Umschluss an den hinter dem alten Walzwerk errichteten neuen Fertigungsteil sollten notwendig sein. Im Jahreswechsel 2013/2014 führte dies zu einem Stillstand von acht Wochen. 

Das mit neuester Technik und Digitalisierung ausgerüstete Walzwerk musste über einen Zeitraum von 18 Monaten schrittweise hochgefahren werden. Glücklicherweise hatte BSW mit dem Weiterbetrieb der Drahtstraße in seinem in 2013 erworbenen Stahlwerk in Trier Gelegenheit, gewisse Mengen zu kompensieren. Aber insgesamt war dieser lang andauernde Anlauf eine enorme Herausforderung für das Unternehmen. Nach Abschluss der Arbeiten konnte BSW aber mit Genugtuung feststellen, dass die Erweiterung der Abmessung auf 20 und 25 Millimeter Durchmesser gelungen ist und auch erste Erfolge beim thermomechanischen Walzen erzielt wurden. Das bedeutet, durch geschickte Temperaturführung während der Verformung Materialeigenschaften zu erreichen, wie sie vorher nur unter Beigabe von Legierungselementen möglich waren. Dieses Walzwerk bietet der nächsten Unternehmergeneration viel Potential. »Nur wenige Konkurrenten in Europa werden die Herstellung von Ringgrößen mit bis zu acht Tonnen Gewicht in den Abmessungen bis 25 Millimeter auf einem Coil (Ring) realisieren können«, sagen Michel Hamy und Markus Menges. Michel Hamy ist seit 2004, Markus Menges seit 2013 Geschäftsführer bei BSW.
Der Weiterverarbeiter kann, sofern er in eine moderne Ablaufbiege- und Schneidmaschine investiert hat, die Kapitalbindung im Vorratsvermögen drastisch senken und gleichzeitig den Verschnitt, der bei Betonstahl in Stäben in den Standardlängen acht, zwölf, 15 und 18 Meter unvermeidbar ist, verhindern. 

Durch diese Investition sehen die BSW ihre Wettbewerbsposition in Europa erheblich verbessert. BSW dürfte den Trend vom Betonstabstahl zum Betonstahl im Ring gut für sich nutzen können.

Weitere Artikel aus der Kategorie: Kehl

Rund 30 Schausteller werden in diesem Jahr wieder beim Ostermarkt dabei sein. Neben dem charakteristischen Riesenrad wird es ein Kinderkarussell, Boxautos und viele weitere Fahrgeschäfte geben.
vor 8 Stunden
Osterstimmung in Kehl
Ein farbenfrohes Programm bietet die Kehler Innenstadt an zwei Wochen rund um Ostern. Ein Highlight ist dabei mit Sicherheit der Ostermarkt vom 30. März bis zum 6. April.
Die in Warmhalteboxen verpackten Mahlzeiten werden ins Auto geladen. Unter dem Hauptgericht befindet sich eine erhitzte Metallplatte.
vor 17 Stunden
Serie Senioren in Kehl (11)
Jeden Tag eine warme Mahlzeit frei Haus, das bieten die „Essen auf Rädern“-Dienste an. Wie das Ganze funktioniert, haben wir uns einmal angeschaut.
Erhabene Momente mit Varduhi Toroyan (Sopran), Qetoura Brinkert (Barockoboe) und Antoine Bergossi (Cembalo).
vor 23 Stunden
Kehl
In der Kehler Christuskirche boten studierende Sänger Instrumentalisten des Conservatoire de la musique et de la danse und der Académie Strasbourg ein tolles Konzert mit Barockmusik.
Die Nominierungskandidaten der Freien Wähler Kehl (alphabetisch): Samuel Ackermann, Manuela Boesinger, Carlos De Oliveira Albuquerque, Juksel Dogan, Michael Eisenbeiß, Eva Erhardt, Robert Fautz, Anette Fien, Noor Halitim, Klaus Heidt, Markus Heidt, Horst Heitz, Kieffer Stephan, Markus Kleinhans, Kerstin Köbel, Gisela Kubitschek-Müller, Günter Predhel, Matthias Müll, Markus Murr, Sarah Parafinski-Grün, Kai Reimold, Diana Rupp, Jörg Schwing, Luca Senke, Martina Sommer-Müll und Willi Weißhaar.
27.03.2024
Kehl
"Für die am 9.Juni anstehende Kommunalwahl sind wir bestens vorbereitet", teilen die Freien Wähler Kehl mit, die nun ihre Liste mit Kandidaten für den Gemeinderat bekanntgegeben haben.
Am vergangenen Wochenende präsentierte die Theatergruppe aus Sand die Komödie "Hausarzt gesucht!" 
27.03.2024
Kultur
Die Theatergruppe Sand begeisterte mit neuem Stück: "Hausarzt gesucht!"
Lebensgroße Handpuppen in Tierform erzählten eine charmante Geschichte. 
27.03.2024
Kultur
Ortenauer Puppen-Parade: Ein volles Haus bescherte die charmante Komödie „Sag mal, geht’s noch?“ des Theaters Zitadelle dem Willstätter Bürgersaal.
Gründungsvorsitzende und Initiatorin des Clubs Ilse Teipelke begrüßte die Gäste zu deren Erheiterung als Voltaire verkleidet.
26.03.2024
Kehl
Im Kulturcafé wurde am Sonntag das zehnjährige Bestehen des Clubs Voltaires gefeiert. Zahlreiche Mitglieder erinnerten an die Anfänge der Gründung.
Matto Barfuss tauchte komplett ins Leben einer Gepardenfamilie ein. Seine Dokumentation  "Gepardenmensch" machte den Naturfilmer aus Freistetter berühmt.
26.03.2024
Kehl
Naturfilmer und Künstler Matto Barfuss begeisterte am Samstag im ausverkauften Theater der 2 Ufer mit seiner Multivisionsschau „Wild und weit – 30 Jahre Afrika“ das Publikum.
26.03.2024
Ortenau-Check
Ortenau-Check der Mittelbadischen Presse: In der Stadt am Rhein besteht besonders hohes Umfrageinteresse. Noch bis 20. April kann teilgenommen werden.
Ein Mann beim Rauchen eins Joints: Viel mehr Menschen als in den Vorjahren nahmen 2023 wegen ihres Cannabiskonsums Kontakt mit der Kehler Drobs auf. 
26.03.2024
Soziales
Drobs-Jahresbericht: Seit sich das Land aus der Finanzierung zurückgezogen hat, muss die Kehler Drogenberatungsstelle ihre Kosten in immer höherem Maß selbst decken.
Neuer Vorstand des Musikvereins Eckartsweier (von links). Lena Kimmer, Holger Baas, Laura Hetzel, Daniel Baas,Sandra Janschick, Isabell Hänicke, Gerhard Bolz, Petra Baas, Elisabeth Nagel, Nicole Rothweiler, Andreas Mehne, Melanie Maier, Nicole Albrecht und Thorsten Göpper. 
26.03.2024
Blasmusik
Der Musikverein Eckartsweier hat seine Hauptversammlung abgehalten. Auch Ehrungen standen auf der Tagesordnung der Veranstaltung.
Mit Fotos aus der damaligen Zeit ließ Trägervereins-Vorsitzender Albert Guhl die Anfänge der Tafel wach werden. Er ist von Anfang an dabei, als 1999 mit dem „Dorf-Lädele“ die Tafel-Ära in Kehl begann.
25.03.2024
Kehl
OB Wolfram Britz kam mit Glückwünschen zum 25-jährigen Bestehen und für das neue Domizil. Begonnen hat die Erfolgsgeschichte 1999 mit dem „Dorf-Lädele“.

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • HYDRO liefert etwa Dreibockheber für die Flugzeugwartung. 
    26.03.2024
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl fustionieren
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl schließen sich zusammen. Mit diesem Schritt befinden sich die Kompetenzen in den Bereichen Ground Support Equipment (GSE) und Aircraft- & Engine Tooling unter einem Dach.
  • Alle Beauty-Dienstleistungen bietet die Kosmetik Lounge in Offenburg unter einem Dach.
    26.03.2024
    Kosmetik Lounge Offenburg: Da steckt alles unter einem Dach
    Mit einer pfiffigen Geschäftsidee lässt Elena Plett in Offenburg aufhorchen. Die staatlich geprüfte Kosmetikerin denkt "outside the box" und hat in ihrer Kosmetik Lounge ein außergewöhnliches Geschäftsmodell gestartet.
  • Konfetti, Flitter und Feuerwerk beschließen die große Preisverleihung im Forum-Kino in Offenburg. Die SHORTS feiern 2024 ihr 25. Jubiläum. 
    26.03.2024
    25 Jahre SHORTS – 25 Jahre Bühne für künftige Filmemacher
    Vom kleinen Screening in 25 Jahren zum gewachsenen Filmfestival: Die SHORTS der Hochschule Offenburg feiern Jubiläum. Von 9. bis 12. April dreht sich im Forum-Kino Offenburg alles um die Werke junger Filmemacher. Am 13. April wird das Jubiläum im "Kesselhaus" gefeiert.
  • Das LIBERTY-Team startet am Mittwoch, 27. März, in die Afterwork-Party-Saison. 2024 finden die Veranstaltungen in Kooperation mit reiff medien statt. 
    22.03.2024
    Businessaustausch jetzt in Kooperation mit reiff medien
    Das Offenburger LIBERTY startet mit Power in die Eventsaison: Am Mittwoch, 27. März, steigt die erste XXL-Afterwork-Party mit einem neuen Kooperationspartner. Das LIBERTY lädt zusammen mit reiff medien zum zwanglosen Feierabend-Businessaustausch ein.