Vortrag in Kehl über die sogenannten "Ewigkeitschemikalien"
„Wie Milch im Kaffee. Einmal drin, kann man sie nicht wieder zurückholen.“ Mit diesem Zitat umriss die Biologin und Wissenschaftsjournalistin Patricia Klatt aus Bühl bei einem Vortrag die Problematik der Per- und Polyfluoralkyl-Substanzen (PFAS). Zu dem Vortrag „PFAS – Fluch oder Segen der modernen Welt?“ hatte die Bürgerinitiative Umweltschutz Kehl eingeladen.
Die Chemikaliengruppe umfasst über 12.000 Chemikalien, die sich in der Natur nicht abbauen und auch in Verbrennungsanlagen erst über 1.100 Grad zerstört werden. Sie werden daher auch als „Ewigkeitschemikalien“ bezeichnet. Aufgrund ihrer Hitzebeständigkeit sowie ihrer feuchtigkeits-, schmutz- und fettabweisenden Eigenschaften leisten sie im Alltag und in technischen Anwendungen vielfach gute Dienste. Dies verdeutlichte die Referentin mit einer Bilderfolge von Teflonpfannen, Trinkbechern, Medizin- und Elektrotechnik, Outdoorkleidung, Nähgarnen, Zahnseide, Schmiermittel und Skiwachs. „Hier können überall PFAS enthalten sein. Können – nicht müssen!“, so die Referentin. Dies sei jedoch für die Verbraucher schwer zu erkennen, da die PFAS selten deklariert werden.
1940 wurden sie erstmals verwendet und gelangen seither von der Herstellung bis hin zur Abfallentsorgung und Abwasserbehandlung in die Umwelt. Da sie sich nicht abbauen, gelangen sie über Böden und Wasser weltweit in die Nahrungskette von Pflanzen, Tier und Mensch und reichern sich im Ökosystem an.
Dass das Thema brisant ist, zeigte Klatt am Beispiel des verseuchten Grundwassers im Raum Rastatt auf. Dort wurden 2012 erstmals PFAS im Grundwasser festgestellt. Aktuell sind 1105 Hektar Ackerböden unter Beobachtung, mit Anbauempfehlungen oder -beschränkungen für die Landwirtschaft. Die Bewässerung ist nur unter Auflagen möglich. Manche Brunnen mussten geschlossen werden, bei anderen erfolgt eine kostenintensive Aufbereitung des Trinkwassers mit Aktivkohlefilter. Die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) und die PFAS-Geschäftsstelle im Landratsamt Rastatt gehen von 58 Quadratkilometern mit belastetem Grundwasser aus. Die bisherigen Kosten zur Behandlung des Grundwassers liegen für die Stadtwerke Baden-Baden bei 8,45 Millionen Euro, für die Stadtwerke Rastatt bei 18 Miliionen Euro.
Die Frage des Vortrags „PFAS – Fluch oder Segen der modernen Welt?“ beantwortete die Wissenschaftsjournalistin differenziert. Es gebe Anwendungsfelder, wie beispielsweise in der Medizintechnik oder in der Weltraumforschung, wo man nicht auf die positiven Eigenschaften der Chemikalie verzichten könne. Die Öffentlichkeit sei jedoch häufig auf die nützlichen Eigenschaften fixiert, während man mögliche Gefahren und Umweltwirkungen ignoriere.
Dringend erforderlich seien Minimierungsgebote bis hin zu Anwendungsverboten von PFAS sowie die Einführung von Grenzwerten für Futter- und Lebensmittel sowie in der Düngemittel- und Klärschlammverordnung. Ein weiterer Schritt, die Ewigkeitschemikalien zu begrenzen, sei die Entwicklung von Alternativen sowie eine PFAS-Abgabe für Produzenten und Verwender, um diese an den Folgekosten zu beteiligen. Erforderlich sei schließlich eine verständliche Deklaration auf allen PFAS-haltigen Produkten sowie eine breite Aufklärung über die gravierenden Folgen der Chemikaliengruppe für die Gesundheit.
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