Willstätter Rat sagt Ja zu Live-Stream-Sitzungen
Die Gemeinde Willstätt will am 3. November die Übertragung der Ratssitzung als Live-Stream im Internet erproben. Der Änderung der Geschäftsordnung hat der Gemeinderat jetzt zugestimmt.
Mit der Schaffung des Paragraf 37a der Gemeindeordnung hat der Landtag im Mai den rechtlichen Weg dafür frei gemacht, dass Sitzungen kommunaler Gremien auch als Videokonferenzen abgehalten werden können. Der Wunsch, den Bürgern die Teilnahme an den Sitzungen von zu Hause aus zu ermöglichen, ist nicht neu. Doch durch die Corona-Pandemie hat die Debatte merklich an Fahrt gewonnen.
Technisch nicht einfach
Bereits in den vergangenen Jahren gab es Gemeinden und Städte, die als Vorreiter Live-Streams übertragen haben. Diese Übertragung ist jedoch technisch nicht einfach realisierbar; auch die Bestimmungen zum Datenschutz setzen Grenzen.
Fest steht, so die Verwaltung, dass dieses Sitzungs-Format von allen Teilnehmern eine hohe Disziplin erfordert. Kehl hat dieses Format jüngst bereits erprobt (die Kehler Zeitung berichtete). Jetzt testet auch Willstätt dieses Verfahren in einer Sitzung am 3. November, um die praktische Umsetzung zu proben, bevor tatsächlich der Ernstfall gegebenenfalls eintritt.
„Hybrid-Sitzungen“?
Grundsätzlich gilt die Teilnahme beziehungsweise Beschlussfähigkeit analog wie bei Präsenzsitzungen inklusive der nötigen Beschlussfähigkeit des Gremiums: Krank ist krank, entschuldigt ist entschuldigt. Derzeit wird auch die Möglichkeit von „Hybrid-Sitzungen“ diskutiert, zum Beispiel im Falle der Corona-Pandemie: Die Sitzung gilt grundsätzlich als Präsenzsitzung, jedoch gibt es im Gremium Mitglieder, die zur Risikogruppe gehören. Laut Innenministerium sind „Hybrid-Sitzungen“ dann zulässig, das heißt, ein Teil der Ratsmitglieder ist per Videokonferenz zugeschaltet.
Jedoch gilt auch hier: Die Theorie der rechtlichen Möglichkeit inkludiert noch nicht die praktische Umsetzung. In diesem Falle müsste gewährleistet sein, dass die zugeschalteten Ratsmitglieder die Sitzung von zu Hause aus mitverfolgen können. Gleichzeitig ist vorgegeben, dass die zugeschalteten Mitglieder in Bild und Ton auch im Sitzungsort wahrnehmbar sein müssen. Die technische und datenschutzrechtliche Umsetzung stellt Kommunen und Städte vor finanzielle und datenschutzrechtliche Probleme, die noch nicht geklärt sind.
Nach drei Stunden soll Feierabend sein
Der Gemeinderat beschloss die entsprechende Änderung der Geschäftsordnung einstimmig. Ferner wurde beschlossen, dass in Zukunft Gemeinderatssitzungen wenn möglich erst um 19.30 Uhr und nicht wie bisher um 19 Uhr beginnen und nach spätestens drei Stunden beendet werden. Zu diesem Zeitpunkt begonnene Tagesordnungspunkte werden zu Ende beraten, danach ist aber Feierabend.
Der „virtuelle Gemeinderat“
Videokonferenzen ohne die persönliche Anwesenheit von Gremienmitgliedern im Sitzungssaal sind gemäß Paragraf 37a Gemeindeordnung unter folgenden Voraussetzungen möglich:
◼ Zum Beschluss von Gegenständen einfacher Art
◼ Zur Durchführung von Präsenzsitzungen, die aus schwerwiegenden Gründen nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden können. Gründe können etwa Naturkatastrophen sein, aber auch Seuchen- oder Infektionsschutz.
In beiden Fällen müssen öffentliche Sitzungen zeitgleich in Bild und Ton in einen öffentlich zugänglichen Raum übertragen werden, um den Grundsatz der Öffentlichkeit zu wahren.
So die Theorie. Die Praxis ist jedoch nun bei zahlreichen Städten und Gemeinden in der Erprobung. Zu klärende und testende Rahmenbedingungen sind unter anderem:
◼ Technik: Welche Systeme sind hier geeignet inklusive technischer Ausstattung der beteiligten Gremienmitglieder? Und wie kann der Datenschutz gewährleistet werden?
◼ Mit welcher Personenzahl kann eine Videositzung noch sinnvoll durchgeführt werden, sodass der Überblick und die Moderation möglich ist?
◼ Wie werden Wortmeldungen festgestellt, wie die Reihenfolge der Redner festgelegt, wie moderiert und protokolliert?
◼ Wie werden Beschlüsse nachvollziehbar und rechtssicher gefasst? Per namentlicher Abstimmung? Per visueller Abstimmung, wenn alle Teilnehmer gleichzeitig im Bild sichtbar sind? Wahlen sind beispielsweise in dieser Sitzungsform nicht möglich.
◼ Wie wird mit befangenen Gremienmitgliedern in einer solchen Sitzung umgegangen?
Einwohner sollen Fragen stellen
Die Einwohnerfragestunde im Gemeinderat wird in „ Einwohner fragen“ umbenannt, da das Wort „Stunde“ missverständlich sei. Dies beschloss der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung. Es soll aber nicht heißen, dass die Bürger nicht zu Wort kommen, so Bürgermeister Christian Huber. Es sollen aber Fragen an das Gremium gestellt und keine Vorträge gehalten werden.