Hausach

404 Gulden für die Armen

Von Michael Hensle
Lesezeit 3 Minuten
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07. Februar 2023
Aus dem Hausacher Stadtarchiv: Ausgaben für die „Armen-Polizei“ im Rechnungsjahr 1841/42 in Höhe von 554 Gulden. 

Aus dem Hausacher Stadtarchiv: Ausgaben für die „Armen-Polizei“ im Rechnungsjahr 1841/42 in Höhe von 554 Gulden.  ©Michael Hensle

Hausacher Stadtgeschichte (32): Zur Einführung des „Bürgergelds“ hat sich Stadtarchivar Michael Hensle die „Sozialpolitik“ vergangener Jahrhunderte angesehen. Heute: die Armenunterstützung.

Hausach. Hartz IV ist nun Geschichte, ersetzt durch das neue Bürgergeld. Unterstützung von Armen
und Hilfsbedürftigen war auch in früheren Zeiten eine öffentliche Aufgabe. Bereits im 19.
Jahrhundert finden sich in den Stadtrechnungen regelmäßig Haushaltsstellen über die
Unterstützung sogenannter „Ortsarmer“. So etwa im Rechnungsband 1841/42, wonach die „hiesigen
Ortsarmen“ aus der Stadtkasse „wöchentliche Unterstützungsbeiträge“ das Jahr über
zwischen 12 und 54 Kreuzer erhalten hatten, der blinde Jakob Winterer sogar 1 Gulden 10
Kreuzer.

Insgesamt sind 19 Personen namentlich aufgeführt, elf Männer und acht Frauen.
Das Alter wird nicht genannt, es dürfte sich jedoch eher um ältere, arbeitsunfähige oder
erwerbslose Unterstützungsbedürftige gehandelt haben, denn immerhin werden zwei als
Witwer bezeichnet – und Renten im heutigen Sinne gab es damals nicht.

Unter den Unterstützungsbeziehern war auch der Hausacher Xaver Martinides, der bereits einige Jahre zuvor
aktenkundig geworden war, weil er in Welschensteinach beim Betteln erwischt und dort
„eingetürmt“ wurde. Auch mangelnde Bildung scheint schon damals eine der
Armutsursachen gewesen zu sein, denn elf der insgesamt 19 Unterstützten zeichneten die
erhaltenen Unterstützungsbeiträge mit einem Kreuzzeichen ab – sie konnten offensichtlich
nicht schreiben. Und das, obwohl die Standesherrschaft Fürstenberg die allgemeine Schulpflicht
bereits in 1770er-Jahren eingeführt hatte.

Extra Beiträge

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Die wöchentlich ausbezahlten Kreuzer-Beiträge mögen zwar gering erscheinen, summierten
sich jedoch für die Stadtkasse auf 404 Gulden, wofür man damals ein kleines Häuschen
kaufen konnte. Hinzu kamen noch Extra-Beiträge für Kleidung und Schuhe. So heißt es auf
einem Quittungsbeleg über 1 Gulden 6 Kreuzer: „Auf Bewilligung des Stadtraths hat
Gemeinderath Streit auf Rechnung der Stadtkasse dem taubstummen Ludwig Hacker ein
Paar wollene Strümpf angeschafft.“ Weiterhin wurden „ein Paar neue Schuh“ bewilligt und
zwei Hemden. So kamen schnell einige Gulden zusammen, in Höhe des Wochenlohns
eines Taglöhners.

Was alles an Leistungen von der Stadt übernommen wurde, lässt sich am Fall der „armen
kranken Magdalena Meßmer“ belegen, die 1842 im Spital verstorben war. Es wurden nicht
nur medizinische Dienste beglichen, sondern die gesamten Begräbniskosten. Hierzu zählten
etwa Leistungen wie „einen Todenbaum samt Kreuz gemacht“. Abgerechnet wurde sogar
zweimal in der St. Sixtkapelle den „Rosenkranz“ gebetet und ebenso zweifaches „Leuten“.
Bei der Beerdigung selbst wurden dann neben der Überführung außerdem der Stadtkasse in
Rechnung gestellt: das „Fahnentragen“ sowie das „große Kreuz“ und das „kleine Kreuz
tragen“, mit 15 und sechs Kreuzer. Sämtliche Rechnungen waren vom Stadtrechner
Streit abgezeichnet. Es bestand wohl kein Zweifel an der Notwendigkeit der damaligen
religiösen Gepflogenheiten, also waren diese auch zu bezahlen – zur Not von der
Stadtkasse.

"Armenpolizei"

Insgesamt beliefen sich die Ausgaben für die „Armen-Polizei“ auf über 554 Gulden, wobei
Armenpolizei im Sinne von öffentlicher Aufgabe zu verstehen ist, daneben gab es noch die
Gesundheitspolizei, die Feuerpolizei und die eigentliche Sicherheitspolizei. Von den 554
Gulden im Rechnungsjahr 1841/42 fielen neben den Hauptausgaben für die „Ortsarmen“ von
464 Gulden noch Kosten für ärztliche Hilfe und Medikamente von 44 Gulden an. Damit
betrugen die Gesamtausgaben für „Armen-Polizei“ mehr als zehn Prozent der städtischen
Ausgaben insgesamt in Höhe von 5109 Gulden.

INFO: Im der nächsten Folge geht es um die „Versteigerung von Waisenkindern an den Wenigstnehmenden“.

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