Das Alter trifft bei Wolfachs Schnurranten auf die Zukunft
Das Alter, die Zukunft und – passend zum Fasnetsmotto – die Tiere bestimmten den Wolfacher Schnurrsonntag. Sechs Gruppen zogen vom Leder. Während die einen ihre »Schnurranten-Volljährigkeit« feierten, lieferte das Jungnarrenrat-Quartett eine saubere Schnurrpremiere ab.
Die »Schrumpfkur« von sieben auf sechs Gruppen kratzte nicht am Unterhaltungswert des Wolfacher Schnurrsonntags. Die Zukunft von Stadt und Kirche sowie die Erscheinungen des Alters dominierten das gut fünfstündige Programm voller bissiger Pointen und kesser Reime.
Trompeter am Koma-Strand
»Pflasterfeger unplugged – wir sind gespannt, ob des klappt«, reimten die »Pflasterfeger«, nachdem sie nach 87 600 Stunden oder anders gerechnet zehn Jahren als Schnurranten erstmals ohne Narrenkapelle und Hansel unterwegs waren. Es klappte, und mit Gitarrist Mathias Kern hatten sie sich doch noch etwas musikalische Verstärkung gesichert. Mit Reimen und Gesang nahmen sie den »Teufelstrompeter vom Siechenwald, dessen Vibrato bis nach Hausach hallt« alias Reinhold Waidele aufs Korn. Treue Begleiterin neben Gattin Marita: die Trompete. Doch am Lago di Como verließ den »Trompeten-Surfer« das Glück und er landete lädiert am Koma-Strand – und in Oberwolfach, so hatten die »Feger« gehört, griff ein wildgewordener Gockel den Musikus an.
Internationalen Flair brachte der Jungnarrenrat in die Lokale und berichtete von den Erlebnissen der Stadtkapelle an der Côte d’Azur: »Voulez-vous mei’ Tuba halte? Für ä Küssle derfsch sie b’halte!« Doch auch in Wolfach selbst fanden sie Material für ihre Premiere: den verunglückten Abbau der Jungnarrenkapelle nach dem Kuchenmarkt mit kistenweise zerdepperten Bierflaschen. Ein sauberer Start des Quartetts, unterstützt von Narrenkapelle und den Hanseln.
»Silver Surfer« im Fokus
»Wunderfitz und Brägelschnitz« glossierten diesmal die »Silver Surfer« Wolfachs. Sie besangen zunächst einmal köstlich die Tücken des Alters (»Kukident, Kukident, mei Prothesele fällt naus .. . «) und nahmen dann Wolfacher Originale aufs Korn: »Baur Ede« und seine Dauerrede, oder Manfred Schafheutles Ausflug zum Schuhu-Hexen-Jubiläum nach Schiltach, wo er einzige Rungunkel blieb: »Herr Wäschle, hennses it vernomme, dass ihr am Fasnetsunndig komme?« Köstlich auch die Geschichte vom zweiten Gewehr im Jäger-Schrank: »Des degradiert den Großwildjäger zum Treibjagd-gelbe-Westen-Träger!«
Eine Premiere gab’s auch bei den »Kirchplatzschnallen« – denn statt als stumme Ministranten begleiteten die zwei Hausacher Mit-Schnurranten »Erika« und »Adelheid« diesmal als stark gealtertes Damen-Duo mit Sprechrolle. Das Ziel ihres Spotts fanden die vier rüstigen Lästermäuler am Straßburgerhof: ein Garagenbau mit Zündstoff. Denn zur Krönung des Nachbarschafts-Gerangels sangen die »Schnallen« zur Melodie von »La Bamba«: »Ich zünd’ jetzt ä Bomb a!« Wie viel erzählerische Freiheit in der Fast-Evakuierung der Straße lag, behielten die Damen für sich. Nicht aber die Lehre aus all dem Zoff: »Die Moral von dere Sach: Mit Nochbere hesch halt öfters Krach!«
Zukunftsvisionen
»Bereit für die Zukunft« titelten die »Lückenfüller« und nahmen vor allem das Forum Zukunft ins Visier ihrer gewohnt schonungslosen Abrechnung: »Früher da gab’s auch Schall und Rauch, nur heute zahlt mer dafür auch. Es ist doch genau gesagt, die nägschde Sau durchs Dorf gejagt.« Kirchen-Beamer und -Bauten und ein aufgehender Stern am Gastro-Horizont (»Wo einst im Kreuz de Stammtisch war, steht künftig eine Sushibar.«) führten die Truppe geradewegs zur Digitalisierung: »Digital ihr liebe Leut, sin mir noch in de Jungsteinzeit.«
»Mit der Technik hen mir’s nit, doch beim Festle sin mir fit« bilanzierte die Truppe und legte mit dem VW-Veteranentreffen nach: Fünf der 20 Stahlnägel hielten nicht nur das Zelt an Ort und Stelle, sondern zerteilten auch das Datenkabel in die Stadt. »Alles tot und kein Empfang für drei ganze Tage lang!« Die Moral der digitalen Qual: »In Wolfe sin mir manchmol seltsam gscheit und d’Zukunft immer Zukunft bleibt. Weil – wenn mer gar nix voran kriegt, halt alles in der Zukunft liegt. Mer könnt erreiche viele Sache – mer müsst se einfach halt nur mache!«
»Combo« wird volljährig
»Wir werden endlich 18 Jahre alt!«, freute sich die »Combo Communale«, die im »Salmen« den Abschluss des Schnurrsonntags ablieferte. Im gelb-schwarzen Wespen-Outfit berichteten sie vom buchstäblich völlig daneben gegangenen Kampf gegen ein Wespennest. »Ich mach des scho, ich hab Verstand – schließlich bin ich Kommandant«, flachsten sie über Feuerwehr-Chef Christoph Mayer. Hoch oben auf der Leiter wollte der, so hat es die »Combo« brühwarm erfahren, den Wespen am heimischen Dachgiebel mit Polyurethan-Schaum die Einflugbahn versperren. »Im Leben, im Leben, geht mancher Schuss daneben«, sangen die Schnurranten und ließen das Publikum lautstark mitsingen beim Wespen-Happening. »Das Ganze ging wohl in die Hose: Putz und Schaum – eine Symbiose.« Die Moral? »Wärsch Du nit auf d’Leiter gschtiege, wär de Putz am Haus dran bliebe!«
Die Schnurranten
- »Jungnarrenrat«: Elias, Sebastian und Valentin Kopp mit Jakob Zwikirs.
- »Wunderfitz und Brägelschnitz«: Anita Böhler, Hans Glunk, Bruno Heil, Bernd Schillinger
- »Die Kirchplatzschnallen«: Anja Kopp, Heike Schamm, Georg Müller, Richard Steinhauser
- »Die Lückenfüller«: Robert Buchholz, Klaus Heil, Katja und Didier Juillard, Achim Müller, Hannes Schrempp
- »Combo Communale«: Sebastian Carosi, Andreas Hauer, Benjamin Hiller, Thomas Moser, Christian Oberfell, Harry Riester
- »Pflasterfeger«: Mathias Lehmann, Fabian Schmider, Mathias Kern.