Kinzigtal Gespräch

»Das ist eine Ur-CDU-Idee«

Claudia Ramsteiner
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26. November 2013
Thomas Waldenspuhl aus Hausach ist Leiter der Abteilung Wald und Gesellschaft an der Forstlichen Versuchsanstalt in Freiburg. Er ist Fraktionssprecher der CDU im Hausacher Gemeinderat und im Vorstand der Kreis-CDU. Von den Plänen des Bürgernationalparks seines Parteikollegen und Fraktionssprechers im Landtag Peter Hauk hält er nichts.

Thomas Waldenspuhl aus Hausach ist Leiter der Abteilung Wald und Gesellschaft an der Forstlichen Versuchsanstalt in Freiburg. Er ist Fraktionssprecher der CDU im Hausacher Gemeinderat und im Vorstand der Kreis-CDU. Von den Plänen des Bürgernationalparks seines Parteikollegen und Fraktionssprechers im Landtag Peter Hauk hält er nichts. ©Silke Keil

Am Donnerstag will die grün-rote Mehrheit im Landtag das Gesetz für den Nationalpark Nordschwarzwald auf den Weg bringen. Die CDU mit ihrem Fraktionssprecher Peter Hauk ätzt vehement dagegen und brachte nun einen »Bürgernationalpark« ins Spiel. Thomas Waldenspuhl, promovierter Forstwissenschaftler aus Hausach, ist auch ein CDU-Mann – und kämpft seit Monaten als Leiter der Abteilung Wald und Gesellschaft an der Forstlichen Versuchsanstalt Freiburg für den von Grün-Rot konzipierten Nationalpark.

Herr Waldenspuhl, was halten Sie von Peter Hauks Bürgernationalmark?

Thomas Waldenspuhl: Nichts«

Warum?

Waldenspuhl: Drei Gründe: Bisher ging die Diskussion ja immer darum ob oder ob nicht. Das »Ob« bewirkt immer Grabenkämpfe und riesige emotionale Verwerfungen. Diese Diskussion sollte beendet werden. Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sowie der betroffenen Akteure war beim jetzigen Prozess in außergewöhnlichem Umfang vorhanden und wird verstärkt bei der Aufstellung des konkreten Nationalparkplans der Fall sein. Das »Wie« steht dann im Vordergrund. Am Schluss entscheidet der paritätisch besetzte Nationalparkrat, bei dem die vom Nationalpark betroffenen Gemeinden und Kreise 50 Prozent Stimmrecht haben. Ich verstehe nicht, dass man jetzt von der Opposition meint, man müsste weitermachen mit einem Bürger-Nationalpark. Vom geplanten Nationalpark sind gerade mal 0,7 Prozent des Walds betroffen. Die Waldflächen gehören ausschließlich dem Land, also allen Baden-Württembergern. Der Landeswald hat genau diese Aufgabe, dem Allgemeinwohl in besonderem Maß zu dienen. 

Geht der Artenschutz ohne Nationalpark flöten?

Waldenspuhl: Für bestimmte Arten, die auf Zerfallsphasen im Wald angewiesen sind, ja. Solche Phasen gibt es im Wirtschaftswald nicht.

Die CDU will ja, falls sie 2016 wieder an die Macht kommt, das Gesetz wieder ändern. Geht das so einfach?

Waldenspuhl: Man kann jedes Gesetz ändern.

Aber?

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Waldenspuhl: Es ist stillos. Es geht ja nicht um Menschenrechtsverletzungen. In der Demokratie gehört es dazu, Mehrheitsentscheidungen zu akzeptieren. Die CDU will ja vom Grundprinzip auch den Nationalpark, aber einen Nationalpark light. Der entspricht aber nicht den international und national vorhandenen Qualitätskriterien. Das wäre, wie wenn man aus einer Autobahn eine Gemeindestraße machen wollte.

Über die Qualitätskriterien sind sich die Regierung und die Oppostion aber auch nicht einig?

Waldenspuhl: Die wurden von der IUCN (Internationale Union für die Bewahrung der Natur und natürlicher Ressourcen), dem Europarc und der Bundesanstalt für Naturschutz festgelegt. Von 2005 bis 2008 hat man versucht, den unbestimmten Rechtsbegriff der Großflächigkeit im Bundesnaturschutzgesetzes § 24 zu greifen. Dabei kam heraus, dass ein Nationalpark eine Mindestgröße von 10 000 Hektar haben sollte. Die LANA (Zusammenschluss der obersten Naturschutzbehörden der Länder und des Bundes) hat das 2008 begrüßt – unter Hauks Regide als Landwirtschaftsminister. Der Schutz der Biologische Vielfalt ist zudem eine völkerrechtliche bindende internationale Verpflichtung aus Rio 92. Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte deshalb auf, zwei Prozent der gesamten Bundesrepublik »stillzulegen« und fünf Prozent der Waldfläche. Die Säger haben übrigens beim Waldgipfel 2001 diesen fünf Prozent Wald zugestimmt.

Und wo liegen wir jetzt?

Waldenspuhl: Wir liegen im Wald bei 1,8 Prozent. In einer Kulturlandschaft wie die unsere, wo der Mensch auf 99 Prozent direkt einwirkt, müssten wir es möglich machen, dass auf einer kleine Fläche Natur Natur sein darf und Gottes Schöpfung aus sich selbst heraus entsteht. Das war übrigens eine Ur-CDU-Idee des Agrarminister Gerhard Weiser und Umweltminister Erwin Vetter Anfang der 90er-Jahre. Es ist pikant, dass dieses klassische CDU-Thema nun ausgerechnet Grün-Rot umsetzen will und die CDU dagegen ist.

Sie sind Forstmann und CDU-Mann. Peter Hauk ist ebenfall Forstmann und CDU-Mann. Können Sie ihn da nicht überzeugen?

Waldenspuhl: Da stehen verschiedene Werthaltungen dahinter. Ich kann ja verstehen, dass man gegen einen Nationalpark sein kann. Manche nehmen eben den biblischen Auftrag »Macht euch die Erde untertan« sehr wörtlich und verstehen nicht, wo der Nutzen im Nichtnutzen liegt. Aber da kommt das C ins Spiel. Ein Christ müsste sich auch fragen, wo liegt der Nutzen im Nichtnutzen des Sonntags? Auch die Natur braucht ihren Sabbat. Ich verstehe nicht, weshab die CDU sich nicht mit diesen Werten auseinandersetzt und darum ringt. Die biologische Vielfalt ist unsere Lebensgrundlage, wir werden sie in Zukunft eher mehr als weniger brauchen.

Warum ist diese biologische Vielfalt so wichtig – wo heute eh alle Nahrungsmittel gezüchtet werden?

Waldenspuhl: Wir brauchen die Intelligenz der Schöpfungskraft, wir brauchen alle Arten und Schöpfungsprozesse, die es gibt. Denn wir können zumindest heute noch nicht sagen, welche wir nicht brauchen. Der Nationalpark ist ein Instrument zur Erhaltung dieser biologischen VielfaltWir brauchen diese aus Vorsorgründen, aus Klugheit, weil es in unserem Interesse liegt, aus Gerechtigkeitsgründen für unsere nachfolgende Generationen auch den Entwicklungsländern gegenüber, bei denen wir das einfordern. Und ausgerechnet wir als Wohlstandsland bringen das nicht zustande? Für mich persönlich gehört das zum gelingenden Leben dazu: zu erfassen, was geschieht, wenn wir uns nicht einmischen. Weil es sinnerfüllend ist. Natur Natur sein lassen kennt keinen Maßstab für Schönheit oder Chaos, keine Gewinnwarnungen, keine Finanzkrise, keinen Leistungsdruck im täglichen Hamsterrad. Natur Natur sein lassen, bedeutet Werden im Wachsen, Vergehen und Gelassenheit, sich selbst reflektierend darauf einzulassen und seine eigenen Lehren daraus zu ziehen. Das müsste die CDU mit ihrem C im Namen eigentlich voll und ganz unterschreiben.

 

»Es ist pikant, dass dieses klassische CDU-Thema nun ausgerechnet Grün-Rot umsetzen will und die CDU dagegen ist«

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