Der Buttersieg aufmüpfiger Einbacher Bauern
Stadtarchivar Michael Hensle kommen immer wieder interessante Vorgänge in die Hände. Das Offenburger Tageblatt berichtet über interessante Funde. Heute geht es um einen »Butteraufstand« der Einbacher Bauern.
Bereits im Dezember 1935 wurde im Rahmen der reichsweiten Butterversorgung sämtlichen Buttererzeugern, Landwirten und Bauern verboten, »Butter direkt oder indirekt in den freien Verkehr oder Handel zu bringen«. Vielmehr sollte die Butter an Buttersammelstellen abgeliefert werden. Für Einbach und Hausach wurde als Annahmestelle der Maurermeister Josef Jakob bestimmt. Mit der Butterablieferungspflicht ging einher die Pflicht, auch Milch abzuliefern. Örtliche Ablieferungssammelstelle war die Milchgenossenschaft Hausach.
Um das Ablieferungssystem nicht überzustrapazieren, wurden für »abseits gelegene Einzelhöfe« Ausnahmen gewährt. Diese erhielten so genannte »Landbutterausweise«, was sie zur Herstellung und Verkauf von Butter berechtigte. In Einbach galt das für die überwiegende Mehrheit der Milcherzeuger.
Milchablieferungspflicht verschärft
Im ersten Kriegsjahr 1939/40 wurde die Milchablieferungspflicht verschärft und insbesondere deren Einhaltung verstärkt überwacht. Zum ersten Mal wurden auch Strafen für mangelnde Ablieferung verhängt. So erging im Oktober 1940 gegen den Deckerhofbauer Theodor Buchholz eine Geldstrafe von 100 Reichsmark, für einen bäuerlichen Selbstversorgerbetrieb mit sieben Kühen ungefähr ein Monatseinkommen.
Deckerhofbauer Buchholz legte Beschwerde gegen die Geldstrafe ein. Auch anderweitig rührte sich Widerspruch. Zwei Bauernfamilien wandten sich an den Bürgermeister, sie besäßen »nur eine Kuh, die selbst nicht zu den vollwertigsten Kühen gehörten«. Auch »reiche die anfallende Milch und das Fett kaum für den Eigenbedarf der Familie«.
Ungeachtet dessen wurde die Milchablieferungspflicht weiter verschärft. Und um diese durchzusetzen, wurden die 1936 ausgegebenen »Landbutterausweise« als ungültig erklärt und sollten eingezogen werden. Im verringerten Umfang sollten neue ausgestellt werden. Um den Ablieferungsdruck weiter zu erhöhen, wurde im Mai 1941 bestimmt, dass »die Zentrifugentrommeln und Butterfässer« beim Rathaus in Einbach »zur Aufbewahrung abgeliefert werden müssen«.
Bürgermeister Klausmann vermittelt
Der Einbacher Bürgermeister Klausmann, der diese Anordnung umzusetzen hatte, wandte sich mehrfach vermittelnd an die Kreisbauernschaft in Wolfach. Am 10. Juli 1941 führte Bürgermeister Klausmann aus: »Ein großer Teil der Bauern, die nur Morgenmilch abliefern, hatte schon damals ihre Butterfässer auf das Rathaus abgeliefert. Die übrigen Milchlieferer haben ihre Butterfässer bis heute noch im Besitze. Es ist selbstverständlich begreiflich, dass unter den Bauern, die ihrer Ablieferungspflicht rechtzeitig nachgekommen sind, größte Erregung herrscht.«
Weiter merkt Klausmann an: »Anfangs Juni 1941 war ich in ärztl. Behandlung in Freiburg und hatte dabei die Gelegenheit, mit mehreren Bauern von Ebnet zu sprechen, wo ich ein Pferd gekauft habe, die Abgabe der Butterfässer sei ihnen bekannt geben worden, jedoch wurde später wieder zugebilligt, dass sie solche behalten dürfen.« Zugleich schlug Bürgermeister Klausmann vor, »dass die Butterfässer denen Bauern, die die Abendmilch infolge der weiten Entfernung nicht beibringen können, sofort zurück gegeben werden«.
Schreiben und Widersetzlichkeit verfehlten nicht ihre Wirkung
Das Schreiben des Bürgermeisters Klausmann vom 10. Juli 1941 war wohl unter dem Eindruck des anhaltenden Widersetzens zustande gekommen. Bis Anfang Juli hatten sieben Milcherzeugerbetriebe trotz mehrmaliger Aufforderung ihre Zentrifugentrommeln und Butterfässer nicht abgeliefert, unter anderem der Ramsteinerhof und der Debishof. Schreiben und Widersetzlichkeit verfehlten offenbar nicht ihre Wirkung. Am 25. Juli 1941 erteilte das Ernährungsamt, Kreisbauernschaft, neue Ausnahmegenehmigungen von der Milchablieferungspflicht und stellte entsprechende Ausweise aus. 36 Milcherzeugerbetriebe erhielten ihre Butterungsgerätschaften zurück.
INFO: Am nächsten Freitag geht es um das Jahrhundertunwetter am 29. Juli vor genau 17 Jahren.