Drei Jahrzehnte Kammerchor Kinzigtal
1987 gründete ein Doppelquartett die Gruppe »Sing und Spiel« mit Friedhelm Bals, aus dem zwei Jahre später der Kammerchor Kinzigtal hervorging. Dieser feiert nun sein 30-jähriges Bestehen mit je einem Konzert in Hausach und in Gengenbach.
»Genau richtig, und jetzt noch einmal mit Überzeugung«, ruft der junge Mann am Flügel, und die rund 35 Sängerinnen und Sänger wiederholen die Stelle aus Benjamin Brittens »Advance Democracy« zum vierten Mal ohne Murren – und nun mit Überzeugung. Der Kammerchor Kinzigtal probt wie jeden Donnerstag in der Aula des Hausacher Robert-Gerwig-Gymnasiums.
Es ist eines der neuen, nicht leicht zu singenden Lieder aus dem Programm »Aufbruch«, mit dem der Kammerchor am kommenden Wochenende seinen 30. Geburtstag feiert (siehe »Stichwort«). Und der Jüngling, der da seinem Chor einiges abfordert, ist Manuel Nonnenmann aus Freiburg, gerade mal 26 Jahre alt und der vierte Dirigent in der 30-jährigen Geschichte des Chors.
»Er bringt neue Ideen, die uns auch etwas fremd sind, aber wir lassen uns hundertprozentig darauf ein.« Das sagt die älteste Sängerin im Kammerchor Kinzigtal, die 79-jährige Gertrud Moser. Drei Generationen Moser singen hier im Chor – Tochter Pia und das jüngste Chormitglied, die 23-jährige Lea. Sie verkörpern quasi auch die gute Mischung im Chor.
Viele junge Stimmen
Erstaunlich viele junge Stimmen singen hier mit. Und das, obwohl es immer heißt, junge Menschen wollen sich nicht mehr binden und sind nur noch für Projektchöre zu haben. »Die Chorgemeinschaft und die Atmosphäre hier ist besonders gut«, sagt Manuel Nonnenmann, der den Chor im vergangenen Jahr übernommen hat. Obwohl – wer den Chor hört, kommt eher zu dem Schluss: Viele junge Stimmen aus allen Generationen.
Erika und Rudolf Klaiber gehören ebenfalls zu den älteren Semestern, die von Anfang an dabei sind. Sie erzählen, wie man sich damals noch zu »Sing und Spiel« mit dem Gründer Friedhelm Bals traf. Gerade mal ein Doppelquartett zum Teil mit Eltern, die ihre Kinder zum Spielen mitbrachten.
Selbstständiger Verein bis heute
1989 wurde dann aus »Sing und Spiel« der »Kammerchor Kinzigtal«. Der Verein war gegründet, und er ist bis heute selbstständig geblieben, ohne jegliche Unterstützung. »Das ist finanziell ein Nachteil, aber hat den Vorteil, dass wir völlig frei sind mit dem, was wir machen«, sagt Gertrud Moser.
Das gefällt auch Wilfried Busse besonders gut. Auch er ist seit dem Jahr der Vereinsgründung dabei und schätzt es sehr, dass es hier »keine Repertoire-Einschränkung« gibt. Zum Repertoire des Chors gehören Werke aller Epochen, Sakrales und Weltliches.
Politisches Konzertprogramm
Und beim jüngsten Konzert des jüngsten Dirigenten auch Politisches. Der Text von Benjamin Britten, den der Chor in der Probe gerade singt, könnte aktueller nicht sein: »Zeit, aufzuwachen, Demokratie, Zeit, aufzustehen und zu rufen: Wofür unsre Väter einst gekämpft, wir lassen nicht zu, dass es stirbt«. Im Programmheft zu den Konzerten werden alle Texte auch zum Mitlesen im Original und in der Übersetzung abgedruckt.
Recht schwere Abschiede hatte der Kammerchor Kinzigtal bereits zu verkraften. Etwa, als der »Sunnyboy« unter den Dirigenten Markus Uhl nach Heidelberg ging und den Chor aufgeben musste. Die Chormitglieder gewöhnten sich nicht nur an den ernsthafteren Hartmut Franke aus St. Georgen, sie lernten ihn schätzen und trauerten sehr um ihn. als er seiner schweren Krankheit erlag. Und nun der junge Manuel Nonnenmann, der wieder ganz neuen Wind in den Chor bläst – und dieser setzt auch nach 30 Jahren noch gern seine Segel und steuert wieder neues Land an. »Aufbruch« heißt denn auch das Geburtstagskonzert.
Konzerte
Der Kammerchor Kinzigtal singt zu seinem 30. Geburtstag zweimal sein Konzert »Aufbruch«:
◼ Samstag, 22. Juli, 20 Uhr in der katholischen Stadtkirche Hausach
◼ Sonntag, 23. Juli, 19 Uhr in der Mutterhauskirche der Franziskanerinnen in Gengenbach
◼ Programm: »The Spheres« von Ola Gjeilo, sechs Lieder und Romanzen von Johannes Brahms, »Warum toben die Heiden« von Felix Mendelssohn Bartholdy, »Advance Democracy« von Benjamin Britten, »Invictus« von Ivo Antognini und »Notre Père« von Marucie Duruflé.
Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen