FSJ bei der Lebenshilfe: "Kein verlorenes Jahr"
Die Lebenshilfe im Kinzig- und Elztal hat noch freie Plätze für ein Freiwilliges Soziales Jahr. Drei junge Menschen berichten von ihren Erfahrungen mit dem FSJ.
Die Lebenshilfe im Kinzig- und Elztal wird durch die Corona-Krise vor besondere Herausforderungen gestellt. Sämtliche Berufsinfo-Messen und Ausbildungsbörsen der Schulen sind aufgrund der Pandemie ausgefallen – sie sind für die Lebenshilfe eigentlich wichtige Plattformen, um junge Menschen für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), den Bundesfreiwilligendienst (BFD) oder eine Ausbildung im sozialen Bereich zu gewinnen.
„Junge Leute reagieren eher auf Gleichaltrige“, weiß Personalleiter Jörg Weigold. Und da diese ausgefallen sind, sei es schwierig gewesen, mit den jungen Menschen ins Gespräch zu kommen. Insgesamt hat die Lebenshilfe im Kinzig- und Elztal 24 Plätze für junge Menschen, die ein FSJ oder BFD absolvieren wollen.
Etwa zehn seien derzeit noch frei, vor allem im Wohn- aber auch im Werkstattbereich. Vor allem im Elztal werden noch FSJler gesucht – dort gebe es auch eine kostenlose Wohnmöglichkeit.
„Es macht sich gut im Lebenslauf“
„Das FSJ ist kein verlorenes Jahr, egal was man hinterher macht“, betont Weigold. „Auch wenn man beruflich in eine ganz andere Richtung geht – es macht sich gut im Lebenslauf.“ Marco Piechotta (20 Jahre) und Enrico Kaufmann (17 Jahre) absolvieren derzeit ein FSJ bei der Lebenshilfe und beide sind sich einig, dass das Jahr eine absolute Bereicherung ist.
„Ich hatte Abitur gemacht und wusste danach nicht, was ich beruflich machen soll“, erzählt Marco Piechotta. Nachdem ihm Freunde von der Lebenshilfe erzählt und er dort zunächst ein Praktikum gemacht hatte, entschied er sich zum FSJ.
Wenn er auch danach nicht weiter im sozialen Bereich arbeiten wird („Ich gehe zur Bank“), ist er froh, diese Erfahrung gemacht zu haben. „Das Jahr hat mir Zeit gegeben, mich zu orientieren und selbst zu finden“, schildert er.
Niedrige Abbruchquote
Für Enrico Kaufmann stand hingegen direkt nach einem Schülerpraktikum in der achten Klasse fest, dass er Heilerziehungspfleger werden möchte. Er macht sein FSJ als Vorpraktikum für die Ausbildung – ein solches ist Voraussetzung für seinen Traumberuf. Und das mache auch Sinn, denn „in zwei Wochen kratzt man gerade einmal an der Oberfläche“, erklärt er.
Jörg Weigold verrät, dass es bei der Ausbildung zum Heilerziehungspfleger eine sehr niedrige Abbruchquote gebe, weil die Auszubildenden durch das Vorpraktikum schon wissen, was auf sie zukommt.
Lisa-Marie Witt hat diesen Weg schon hinter sich. Sie hat vor elf Jahren ein FSJ bei der Lebenshilfe gemacht und daraufhin beschlossen, eine Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin zu machen. Inzwischen arbeitet sie im Hofstetter Wohnhaus.
„Mein Beruf ist nicht nur Beruf, sondern Berufung“, betont sie. Die 28-Jährige ist bei der Lebenshilfe Anleiterin für Schulpraktikanten und FSJler, informiert gewöhnlich auch auf Messen über die Lebenshilfe und die verschiedenen Berufsbilder, die dort vertreten sind.
Zur Familie geworden
Der Umgang mit behinderten Menschen sei für sie nie ein Problem gewesen – im Gegenteil, „sie geben einem so viel zurück“, sagt sie. „Behinderte Menschen sind sehr empathisch.“ Die Menschen in der Lebenshilfe seien zu ihrer Familie geworden.
Generell sei sie ein sehr offener Mensch und es habe nie eine Hemmschwelle gegeben. Allerdings war sie überrascht, wie abwechslungsreich die Arbeit ist. „Ich bin Koch, Seelsorger, Pfleger. . . ganz viele Berufe in einem“, zählt sie auf. Darüber hinaus könne sie viele eigene Ideen einbringen, etwa bei Garten- oder Bastelarbeiten.
Marco Piechotta und Enrico Kaufmann arbeiten im Rahmen ihres FSJ in einer heilpädagogischen Tagesgruppe, wo Menschen mit Schwerst- und Mehrfachbehinderungen tagsüber begleitet und gefördert werden. Neben einer festen Tagesstruktur erhalten sie persönliche Hilfestellungen.
Pädagogischer Aspekt im Vordergrund
„Der pflegerische Teil ist nicht so schwerwiegend“, erzählt Piechotta. „Es ist, als würde man in einer Wohngemeinschaft wohnen und müsste mit den anderen den Tag gestalten.“ Der pädagogische Aspekt stehe im Vordergrund.
Im Wohnhaus hingegen gehe es auch darum, den Menschen beim Duschen zu helfen oder gemeinsam mit ihnen zu kochen. An den Wochenenden werde gemeinsam die Freizeit gestaltet – etwa mit Gartenarbeit, Gymnastik, aber auch Ausflügen, beispielsweise zur Sommerrodelbahn oder zum Mundenhof.
Nach dem FSJ – im Lauf der Ausbildung – komme allerdings auch immer mehr Büroarbeit hinzu: Entwicklungsberichte, Abrechnungen der Bewohner oder Dokumentationen. Nichtsdestotrotz betont Lisa-Marie Witt: „Ich gehe jeden Tag unglaublich gerne arbeiten.“
Ausbildung bei der Lebenshilfe
Bei der Lebenshilfe im Kinzig- und Elztal können junge Menschen eine Ausbildung, beziehungsweise ein Studium in folgenden Berufen machen:
◼ Heilerziehungspfleger
◼ Soziale Arbeit
(Duale Hochschule)
◼ Sozialwirt
(Duale Hochschule)
Voraussetzung für alle Ausbildungen ist ein einjähriges Vorpraktikum, das ebenfalls bei der Lebenshilfe im Kinzig- und Elztal absolviert werden kann. Als Vorpraktikum kommen ein Freiwilliges Soziales Jahr (siehe Stichwort) oder ein Bundesfreiwilligendienst (BFD) infrage. Der Bundesfreiwilligendienst richtet sich an alle, die sich neu orientieren möchten und eine neue Herausforderung suchen. Beim BFD gibt es keine Altersbeschränkung. Einsatzorte für FSJ, BFD und Ausbildung sind die Einrichtungen der Lebenshilfe im Kinzig- und Elztal. Einsatzbereiche sind die Werkstätten, heilpädagogischen Tagesgruppen, Wohnhäuser und ambulant betreuten Wohnbereiche.
Freiwilliges Soziales Jahr
Das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) ist ein Angebot für Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 16 und 27 Jahren, die ihre Schulpflicht erfüllt haben. Das FSJ beginnt meist im September und dauert in der Regel ein Jahr. Das FSJ wird als Praktikum für Soziale Berufe anerkannt und bei einem Studium als Wartesemester angerechnet. Bewerbungen können direkt an die Lebenshilfe im Kinzig- und Elztal gerichtet werden, • 0 78 32 / 7 97 18, E-Mail: geschaeftsstelle@Lhke.de.