Geschichten mitten aus dem Leben im Mostmaierhof
„Jeder Mensch hat etwas Spannendes zu erzählen“, glaubt Edeltraud Müller. Die zweite Vorsitzende des Vereins Mostmaierhof begrüßte am Donnerstagabend die Besucher in gemütlicher Atmosphäre bei Kerzenlicht im „Treff“ des Mostmaierhofs. Auf dem alten Sofa nahmen nacheinander drei Menschen Platz, die in der Tat Spannendes sehr authentisch zu erzählen hatten.
Sabine Hesse las aus den Kriegserinnerungen ihres Vaters, der mit 21 Jahren eingezogen wurde und seine Erlebnisse vom Einmarsch nach Polen bis zum Afrikafeldzug mit Erwin Rommel nach dem Krieg niederschrieb. Hesses Landschafts- und Mileubeschreibungen der Reise mit dem Viehwagen nach Rumänien und zu Fuß durch Bulgarien nach Griechenland klang zunächst eher wie Abenteuerurlaub.
Hesse hatte ganz offensichtlich nicht nur die Gabe einer wunderschönen Sprache, sondern auch, vor allem das Positive zu bewahren. Und dennoch blitzten auch die Gräuel des Krieges durch, die „traurigen Ereignisse, wenn ein Kamerad erschossen wurde“, oder der Hirtenbrief aus Deutschland, der von „Massentötungen in Irrenanstalten“ berichtete, die die Soldaten „fast nicht glauben wollten“. Sabine Hesses Vater kam verletzt vor Kriegsende zurück ins Erzgebirge.
Auf dem Schulschiff "Deutschland"
Hans Hörtz berichtete aus seiner Zeit als Marinesoldat in den 1970er-Jahren auf dem Schulschiff "Deutschland". Viele Kameraden hatten Erinnerungen an die 44. Auslandausbildungsreise zu zwölf Häfen in fünf Kontinenten aufgeschrieben, diese wurden zu einem Buch zusammengetragen, das aber nur für die Besatzungsmitglieder gedruckt wurde.
Schulschiff Deutschland
Er las von den Erinnerungen an prachtvolle Landschaften, von „Jakarta mit seinem großen, schmutzigen Dorfgesicht“ und die „Einblicke in die Randbezirke japanischen Denkens“, aber auch von dem zweifelhaften Vergnügen der „Äquatortaufe“ mit folterähnlichen Gepflogenheiten und von der berührenden Heimkehr nach 198 Tagen fern der Familie und der Liebsten.
Geschichten für die Enkel
Edeltraud Müller las aus ihren „Paul-Büchern“. Sie hatte als Kind leidenschaftlich gern den Geschichten ihrer Großmutter gelauscht und sich nach ihrem Tod geärgert, dass diese niemand aufgeschrieben hat. Sie schreibt nun ihren Enkeln wöchentlich eine Geschichte, die diese jedes Jahr zu Weihnachten gesammelt als Buch bekommen: Eigene Erinnerungen mischen sich mit Zeitgeschichtlichen aus dem Kinzigtal und der Welt – etwa, wie sie als junge Politikstudentin den Fall der Berliner Mauer erlebte. Sie erinnerte zum Todestag von Helmut Schmid an diesen „Politiker mit Charakter und Autorität“, der aber auch den Nato-Doppelbeschluss vorangetrieben hatte.
Die Enkel erfahren, wie sie als kleines Mädchen hoffte, dass die jungen Leute auf den RAF-Fahndungsbilder in der Post nicht gefangen werden, und wie nah beieinander Freude und Trauer liegen können, wenn man ausgerechnet am Todestag von Elvis Presley sein erstes eigenes Auto bekommt.
Alle drei hätten noch weit mehr zu erzählen, was den nächsten Geschichtenabend im Mosmaierhof bereits sichern würde. Die Initiatoren hoffen aber auf weit mehr (siehe Stichwort unten).