Landwirtschafts-Praktikum auf Hausacher Hof

Gespräch mit Adama Tonde: Wie das Heu nach Afrika kommt

Claudia Ramsteiner
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27. September 2017

Adama Tonde im Melkstand des Unteren Hofs von Bernhard Kohmann in der Hausacher Frohnau, wo er sehr viel für seine Zukunft gelernt hat. ©Claudia Ramsteiner

Zwei Monate verbrachte Adama Tonde (22) aus Burkina Faso bei seiner »Patin« Angela Menke in Hausach. Der Landwirtschaftsstudent absolvierte in dieser Zeit ein Praktikum beim Biolandwirt Bernhard Kohmann. Am Donnerstag fliegt er wieder zurück nach Ouagadougou – mit zwei Koffern voller Geschenke, vielen Eindrücken und Visionen, wie er das hier Gelernte in seiner Heimat umsetzen kann. Adama Tonde hat zwar mit seinem »Gastopa« Michael Waitz sehr viel Deutsch gepaukt – für das Interview reichte es aber natürlich noch nicht, das hat Angela Menke übersetzt. 

Was ist Ihre wichtigste Erkenntnis nach den acht Wochen im Kinzigtal?

Adama Tonde: Dass Europa so gut entwickelt ist. Die Industrie, die Landwirtschaft, alles ist viel weiter vorn als bei uns, alles ist mechanisiert und robotisiert. Bei uns geht alles noch mit der Hand, man braucht sehr viele Arbeitskräfte. Hier werden die Arbeiter mit der Hand kaum noch gebraucht. Und noch eine wichtige Erkenntnis: Die Menschen hier arbeiten sehr viel.

Mehr als in Ihrer Heimat?

Tonde: Ja. Hier wird den ganzen Tag von morgens bis abends gearbeitet. Bei uns arbeitet man so bis 9 oder 10 Uhr und abends ab 17 Uhr, dazwischen ist die Hitze zu groß. 

Sie haben hier als Praktikant auf dem Unteren Hof mitgearbeitet. Wird das für Ihre Zukunft etwas verändern?

Tonde: Ganz sicher. Bei meinem Praktikum habe ich gesehen, dass hier viele Dinge ganz anders laufen. Was sich umsetzen lässt, werde ich umsetzen.

Zum Beispiel?

Tonde: Zum Beispiel habe ich gelernt, dass man hier mit den Tieren anders umgeht, sorgsamer, damit Krankheiten vermieden werden. Dass sie bei schlechten Witterungsbedingungen im Stall sind. Bei uns werden die Tiere eher krank, weil sie den Witterungsbedingungen ausgesetzt und nicht so gut ernährt sind. Ich habe auch gelernt, dass alle Kühe gemolken und die Kälber extra getränkt werden. Bei uns stirbt ein Kalb, wenn es die Kuh nicht trinken lässt. Vielleicht das Wichtigste, das ich bei Benno gelernt habe, ist die Vorratshaltung für das Tierfutter. Heu kennt man bei uns nicht. In der Trockenzeit haben die Tiere bei uns kaum etwas zu fressen.

Wäre denn in der Regenzeit genügend Gras da?

Tonde: Ja, in der Regenzeit ist genug da. Man muss nur eine Methode finden, wie man es trocknen kann. Bei uns werden die Felder am Ende der Regenzeit abgebrannt, weil man glaubt, die Asche düngt den Boden. Hier wird viel rentabler gearbeitet. Melkmaschinen gibt es bei uns nicht, und sie würden auch nichts nützen, weil es kaum Strom gibt. 

Wie viele Jahre studieren Sie noch und was planen Sie dann?

Tonde: Ich habe jetzt zwei Jahre hinter mir und studiere noch zwei Jahre. Dann erfolgt eine Prüfung und weitere zwei Praxisjahre. Dann bin ich Agraringenieur. Die Wirtschaft in Burkina gründet sich vor allem auf der Landwirtschaft. Ich werde versuchen, den Anbau von Pflanzen und die Aufzucht von Tieren zu verbinden. Ich arbeite jetzt schon in den Semesterferien auf dem Bau, um mir etwas anzusparen, damit ich einen Hof gründen kann.

Sie sind jetzt 22 Jahre alt. Wie stellen Sie sich Ihr Leben mit 35 vor?

Tonde: (Überlegt lange) Ich werde nach dem Studium noch etwa fünf Jahre arbeiten und sparen. Als Agraringenieur werde ich beim Landwirtschaftsministerium angestellt. Vielleicht kann ich nebenbei bereits mit einer kleinen Schafherde beginnen als Einstieg in meinen späteren Hof. Mit 35 werde ich hoffentlich einen eigenen Bauernhof haben.

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Heiraten? Kinder?

Tonde: Daran denke ich im Moment noch überhaupt nicht. Viele meiner Kollegen sind schon verheiratet und haben Kinder. Ich will zuerst eine Existenz aufbauen. Meine Eltern hatten acht Kinder und konnten uns nicht ernähren. Deshalb bin ich im Waisenhaus aufgewachsen. Ich möchte auf keinen Fall mehr als zwei oder drei Kinder. 

Welches Bild werden Sie daheim von Deutschland schildern?

Tonde: Wie ich zu Beginn gesagt habe. Dass die Deutschen ein sehr arbeitsames Volk sind. Und im täglichen Leben sind die Familien viel kleiner. Dass die Großeltern woanders wohnen, gibt es bei uns nicht. Hier bleiben alle Kinder da, bauen sich ihr Häuschen dazu, das ist bei uns auch in den Städten so.  Angela und Michael hier in diesem riesigen Haus, das könnte ich mir bei uns nicht vorstellen.

Wenn die Kinzigtäler in Burkina Faso sind, haben sie oft Schwierigkeiten mit der anderen Ernährung. Wie ging es Ihnen?

Tonde: Wunderbar, mir hat es immer geschmeckt.

Gibt es Lieblingsgerichte?

Tonde: Apfelschorle, Wurst und Nutella. Es ist wesentlich vielfältiger. Bei uns in der Mensa gibt es zweimal am Tag nur Reis, Hirse oder Bohnen.

Mit welchen Gefühlen fliegen Sie nun zurück?

Tonde: Ich bin glücklich, meine Freunde wieder zu treffen. Aber es ist schwierig. Alles hat zwei Seiten. Oma Angela, Opa Michael und Benno werden mir fehlen. Es war wirklich wunderbar, wie ich hier aufgenommen wurde und was ich alles gelernt habe. Ich spüre eine große Freude in mir, nach Hause zu kommen. Das ist mein Land. Ich habe hier den Geist erweitert, so viel gesehen und gelernt und habe so viele erste Male erlebt. Und ich habe sehr viel gesehen, was wir bei uns im Studium nur in der Theorie lernen.

Und was hat Ihnen überhaupt nicht gefallen?

Tonde: Die fehlende menschliche Wärme. Wenn wir so einen Gast hätten, dann wären spätestens nach der ersten Woche alle Nachbarn mal da gewesen, hätten ihn willkommen geheißen und etwas vorbei gebracht. Hier sind alle viel distanzierter. Ich habe die meisten Nachbarn nicht einmal gesehen. 

Was nehmen Sie in Ihrem Koffer mit nach Hause, was auf dem Hinflug noch nicht drin war?

Tonde: So viel, dass mir Angela einen zweiten Koffer gekauft hat. Viele Hosen, T-Shirts, Jacken und Pullis, die ich von Erwin Moser bekommen habe. Schicke Klamotten vom Lebensgefährten einer jungen Frau im Vorstand des Vereins »Wir für Burkina«.  Eine wunderbare Auswahl von Toilettensachen von Angelas Tochter. Und den Laptop von Angela, einen Lederfußball mit Pumpe von Wally, Kopfhörer von Michael, Spielsachen und Süßigkeiten für die Kinder im Waisenhaus. Und von Angela das Geld für mein nächstes Studienjahr. Ich kann es noch gar nicht fassen, was ich alles an Gedanken und Dingen mit nach Hause nehmen darf. 
 

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