Hausacher Gymnasiasten: „Die Erinnerung darf nie enden“
Der Gedenktag an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar ist im Robert-Gerwig-Gymnasium fest im Stundenplan verankert. Auch beim 75. Gedenktag hatten die „Zwölfer“ eine Präsentation für alle Zehntklässler vorbereitet.
„Heute vor 75 Jahren wurden die Häftlinge aus dem Konzentrationslager Auschwitz befreit. In einem der dunkelsten Kapitel der Menschheit wurden mehr als sechs Millionen Juden und weitere Opfer gefoltert und ermordet“: Zwölftklässler Hasan Keskin eröffnete am Montag bereits die siebte Gedenkstunde an die Befreiung von Auschwitz, die am Robert-Gerwig-Gymnasium immer am 27. Januar begangen wird – und schickte damit die Zehntklässler auf eine doppelstündige Reise durch eine beklemmende Präsentation.
Ausstellung über Sinti und Roma
In vier Klassenzimmern erinnerten die „Zwölfer“ an die Grausamkeiten des Nationalsozialismus. Eine ganze Ausstellung widmeten sie dabei den Sinti und Roma, die bei den Opfern meist vergessen werden. Schon bei den Projekttagen hatte sich eine Gruppe von Schülern intensiv mit diesem Thema beschäftigt und ließ ihr im Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg gewonnenes Wissen hier einfließen.
Die Jugendlichen studierten eingehend die Texte und Bilder, um die auf einem Aufgabenblatt aufgeführten Fragen nach Herkunft, Vorurteilen, den Umgang mit den Verbrechen an Sinti und Roma in der Nachkriegszeit und deren Situation in Deutschland heute zu beantworten. So halte der noch immer bestehende Antiziganismus in der Gesellschaft („Zigeunerfeindlichkeit“) viele davon ab, sich offen zu ihrer Herkunft zu bekennen, lasen die Schüler.
Eine Ausstellung von Exponaten berührte mehr über die Sinne. Kunstobjekte wie Zeichnungen, Plakate und Installationen, die im Lauf der Jahre von Schülern im Zusammenhang mit der Erinnerungskultur erarbeitet wurden. Etwa eine „Todesspirale“ für Juden oder eine Schatulle mit Original-Sterbeurkunden aus Konzentrationslagern.
In Powerpoint-Präsentationen erörterten Schülerinnen die Probagandamaschinerie zu den Olympischen Spielen 1936 oder den politischen Widerstand von Juden, der diese mehr als „erfolgreiche Selbstbehauptete“ denn als passive Opfer erschienen ließ. „Die Erarbeitung dieser Präsentation hat mir selbst sehr viel gebracht. Mir wurde nach dem Studium der vielen Artikel zu dem Thema erst richtig klar, wie viel Mut es brauchte, ohne Waffen gegen diese Übermacht anzukämpfen“, sagte Emma Müller, die für ihren Vortrag von den Zehntklässlern großen Applaus erhielt.
Nachhaltiges Schulprojekt
Am Schluss der beiden Schulstunden trafen sich alle Schüler wieder in der Halle, um an Stellwänden ihre Eindrücke und Fragen anzupinnen. „Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt“, beendete Hasan Keskin die Doppelstunde Geschichtsunterricht „Schüler für Schüler“.
„Die Erinnerung daran darf nie enden“, sagte Hasan Keskin anschließend in einem Statement dem Offenburger Tageblatt und erteilte damit all jenen eine deutliche Absage, die meinen, es „müsse nun mal Schluss sein“ oder gar eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ fordern.
Der SWR meldete am Montagmorgen, dass nach einer Studie die Hälfte der Jugendlichen nicht weiß, womit Auschwitz verbunden wird. Die Hausacher Gymnasiasten gehören eindeutig zur anderen Hälfte. Dass die heutigen „Zehner“ in zwei Jahren selbst an der Reihe sind, diese Doppelstunde zu gestalten, macht die Erinnerungskultur am RGG umso nachhaltiger.
Resonanz zur Ausstellung
Ich habe heute erfahren, dass…
… auch Sinti und Roma verfolgt, gefangen genommen und massenhaft getötet wurden.
… die Juden Widerstand leisteten.
Mir stellt sich die Frage…
...wie viele Kinder wurden in den KZs geboren?
… wie es so weit kommen konnte.
… wieso für diesen Tag nur eine Doppelstunde Zeit genommen wird.
Mich hat berührt, dass…
… sogar viele Kinder ermordet wurden.
… die Sinti und Roma oft als Opfer vergessen wurden.