Hochwasserschutz für Schenkenzell ein finanzieller Kraftakt
Mit Mauern und Objektschutz soll innerhalb Schenkenzells entlang der Kinzig der Hochwasserschutz gelingen. 465 000 Euro von den circa 1,55 Millionen Euro an Kosten müsste die Gemeinde stemmen.
In der Sitzung des Gemeinderats am Mittwoch in der Mehrzweckhalle berichtete Bürgermeister Bernd Heinzelmann von einer 2019 in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie zum Hochwasserschutz an der Kinzig im bebauten Bereich von Schenkenzell. Aufgrund der Corona-Pandemie habe es erst vor wenigen Tagen ein Gespräch mit dem Regierungspräsidium (RP) Freiburg hinsichtlich der Finanzierung gegeben.
Reine Baukosten eine Million Euro
Demzufolge betrügen die reinen Baukosten geschätzt rund eine Million Euro. Hinzu kämen weitere Ausgaben für Ingenieurhonorar (100 000 Euro), Tragwerksplanung (57 000 Euro), örtliche Bauüberwachung (34 000 Euro), Vermessung, Baugrunduntersuchung (je 30 000 Euro) und Nutzen-Kosten-Berechnung (10 000 Euro), schilderte der Bürgermeister. Für das Gesamtprojekt entstünden somit Kosten von rund 1,55 Millionen Euro, die das Land mit 70 Prozent (1,09 Millionen Euro) fördere.
„465 000 Euro sind keine Peanuts für unsere Gemeinde und bedeuten einen finanziellen Kraftakt. Es ist noch nicht sicher, ob das Projekt so kommen kann. Wir haben erst Grundlagen und vieles wird vom Ergebnis der Kosten-Nutzen-Untersuchung abhängen“, erläuterte Heinzelmann.
Die weitere Vorgehensweise sieht 2021 eine Objektvorplanung und Vermessung vor. Hierfür muss die Kommune anteilig 20 000 Euro beisteuern. Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie stellten Markus Greiner vom gleichnamigen Ingenieurbüro und Klaus Scholl vom RP Freiburg vor. Laut Greiner wurde die Studie auf der Basis eines hundertjährlichen Hochwassers (HQ 100) plus Zuschlag Klimawandel hydraulisch berechnet. Demzufolge sollen an beiden Uferseiten der Kinzig an besonders gefährdeten Bereichen bis zu 1,40 Meter hohe Schutzmauern errichtet werden. Des Weiteren spielt Gebäudeschutz eine große Rolle.
Frage, was geschützt werden soll
Weitere Möglichkeiten seien die Erhöhung von Dämmen und Straßen sowie mobile Schutzbalken. „Allen geplanten Maßnahmen muss vorangesetzt werden, was überhaupt geschützt werden soll“, betonte der Experte. Den Vorschlag von Rat Willi Intraschak (CDU), Wasser durch Retention zurückzuhalten, sah der Ingenieur skeptisch. Dies sei zwar nicht untersucht worden, mache aber nur Sinn, wenn ein relativ großes Becken gebaut werden könne. Eine solche Fläche sei nicht vorhanden, außerdem koste eine Retentionsmulde viel Geld. Stefan Mäntele (Freie Wähler) erkundigte sich nach mobilen Schutzmaßnahmen. Hier, erklärte Scholl, müsse stets berücksichtigt werden, dass sie in kurzer Zeit auf- und wieder abgebaut werden müssten und Personal erfordere. Außerdem müsse während der Hochwasserhauptzeiten (Winter/Frühjahr) ein Grundbau installiert werden. „Die optische Ansicht spielt da auch eine Rolle. Zudem sind Gebäudeeigentümer auch mal nicht zu Hause, wenn es schnell gehen muss“, warnte Scholl.
Einstimmig beschloss der Gemeinderat, für Planungskosten 20 000 Euro in den Haushaltsplan 2021 einzustellen. Ferner befürwortete das Ratsgremium den Vorschlag der Verwaltung, die Studie auf das Gewässer Reinerzau auszuweiten, das Büro Greiner damit zu beauftragen und weitere Mittel von 5000 Euro im Haushalt bereitzustellen.
Anrainer sollen ins Boot geholt werden
Nachdem das Ratsgremium sein Einverständnis erteilte, durften in die Sitzung gekommene Kinziganlieger ihre Erfahrungen und Vorschläge vorbringen. Da war unter anderem von Bachbettverbreiterung und Ausbaggern von angeschwemmtem Geröll und Sand die Rede. Für den Bürgermeister war klar, dass die Anrainer gehört und bei den Planungen mit ins Boot geholt werden müssen. „Die jetzige Berechnung ist nicht mit dem Hochwasser von 1990 vergleichbar. Wenn so etwas wieder passiert, ist erneut Land unter. Jeder Betroffene darf sich gerne bei mir melden und erhält auf Wunsch einen Gesprächstermin“, sicherte er zu.