Hornberg trauert um Kenneth Parry
Im engsten Kreis wurde am 10. August Kenneth Parry auf dem Hornberger Friedhof bestattet. Der Schwiegersohn von Wilhelm Hausenstein wollte weder Traueranzeige noch öffentliche Trauerfeier. Die Wilhelm-Hausenstein-Gesellschaft richtet am 18. Oktober eine Gedenkfeier aus.
In den knapp 20 Jahren, in denen er in Hornberg lebte, hinterließ er tiefe Spuren. Im Juli starb Kenneth Parry, seine Urne wurde am 10. August im Grab seiner Frau beigesetzt. Kenneth Parry wollte weder eine Traueranzeige noch eine öffentliche Trauerfeier. Auf einen würdigenden Nachruf wollen wir aber nicht verzichten und veröffentlichen deshalb die (gekürzte) Rede, die Alexander Schwarz im engsten Kreis bei der Beisetzung hielt:
»Zu Kenneths Parrys 90. Geburtstag am 11.Mai hörten manche Gäste von einigen Aspekten in seinem Leben, die nicht allen bekannt waren: Von der Pionierarbeit gemeinsam mit Renée-Marie Parry-Hausenstein schon in den 1960er-Jahren in der britischen Antiatomkraft- und Antiatomwaffenbewegung. Oder von dem, was sie für Aussöhnung und Verständigung von Ost- und West im Kalten Krieg getan haben, indem sie russische und amerikanische Reisegruppen ins jeweils andere Land führten.
Kenneth und Renée-Marie hatten sich beim Skifahren in Österreich kennengelernt. Sie lebten bis Mitte der 1980er Jahre in London, um dann nach Florida umzuziehen und dort mit klugen, aufgeschlossenen Menschen politisch zusammenzuarbeiten. Zu Anfang des 21. Jahrhunderts haben sich die beiden in Hornberg angesiedelt, in der Heimat Wilhelm Hausensteins. Renée-Marie ist 2015 gestorben, bis zu ihrem Tod hat sie Kenneth gepflegt, zuerst zu Hause, dann im benachbarten Heim.
Maxime für alle
Als großzügiger und charmanter Gastgeber hat sich Kenneth nie in den Vordergrund gedrängt, er hat einfach überall geholfen – Einheimischen und Flüchtlingen, die hier in Hornberg angekommen waren. Als großartiger Fotograf und Maler verschickte er gern Bilder von seinen Reisen und Begegnungen mit Menschen. Er ist weiter mit uns als Erinnerung, Anregung und Aufgabe und auch als Inspiration, die er immer war und sein wird. Seine unausgesprochenen Maximen habe ich so verstanden.
Zum Einen: Begegne der Welt offen und mit Empathie, helfend, interessiert, aber nicht belehrend. Zum Zweiten: Erhalte dir die Begeisterungsfähigkeit für die Natur, unseren größten Schatz, den es zu beschützen und zu wahren gilt, für den Menschen, aber auch für die Schönheit und Ästhetik, die in Natur und im Menschen liegen kann, in der Literatur oder der Kunst oder auch in scharfem politischen Denken und den daraus zu ziehenden Konsequenzen hervortreten können. Darin lag immer auch ein Appell, sich in allem Tun begeistern zu lassen und zu engagieren, in allem, was man tut oder tun muss und tun will. Keine Energie an halbe Sachen verschwenden, in allem den Sinn und die Intelligenz suchen und finden und danach handeln – nicht dagegen.
Gehe stilvoll und charmant mit der Welt um
Zum Dritten: Gehe stilvoll und charmant mit der Welt um, begegne ihr mit Wertschätzung und hilf, diesen Wert zu erhalten. Er war im direkten Sinn ein »gentle man«, ein immer freundlicher Mensch. Oder wie seine Schwägerin Erica Parry schrieb: »Ein Lichtstrahl, ein Sonnenstrahl in einer Welt voller Konflikt und Kampf.«
Zum Vierten gibt es ein konkretes Vermächtnis, das Wilhelm Hausenstein betrifft: Kenneth hat so viel Zeit und Energie dafür investiert. Er hat mit tatkräftiger Mithilfe das »Kairuan«-Buch von Wilhelm Hausenstein (1921 als eines der ersten zu Paul Klee erschienen) neu herausgebracht und seitdem lange an der Vorbereitung der englischen Ausgabe gearbeitet. Es war ihm sehr wichtig, mit diesem Buch Hausensteins Gedanken in den anglo-amerikanischen Raum zu bringen und hat dafür auch ein kluges, persönliches Vorwort geschrieben. Das Buch ist noch nicht erschienen – und wir sollten helfen, dieses Werk zu vollenden.
»Tragen wir sein Erbe weiter«
Bis zuletzt hat Kenneth auch an der weiteren Erschließung des Hausenstein-Nachlasses gearbeitet, um Hausensteins Werk zugänglich zu machen und zu vermitteln, so wie das im Hornberger Stadtmuseum, in den drei nach Hausenstein benannten Schulen in Hornberg, Durmersheim und München, und in der Wilhelm-Hausenstein-Gesellschaft geschieht. Kenneth hat das nicht nur als Erbe und Schwiegersohn getan, sondern weil er überzeugt war, dass dieser Autor der Welt etwas zu sagen hatte. Tragen wir es weiter!«