Ironie und Satire bei der OT-Kolumnistenlesung
Witzig, charmant, nachdenklich stimmend: Die Lesung der Kolumnisten des Offenburger Tageblatts hinterließ am Donnerstagabend im Gutacher Kunstmuseum einen bleibenden Eindruck.
Bereits zum achten Mal bot das Hasemann-Liebich-Kunstmuseum im Gutacher Krämerhaus das passende Ambiente für die Lesung der OT-Kolumnisten. Die aktuelle Ausstellung »Frei Wild« lieferte für die Autoren eine Steilvorlage und einen gelungenen Einstieg für einen ebenso gelungenen Abend.
Dem ganz alltäglichen Wahnsinn widmen sich Claudia Ramsteiner, Katrin Mosmann, Thomas Hafen, Wendelinus Wurth als Willi Trautmann, Peter Marx und Alfred Metzler in ihren Kolumnen. So unterschiedlich wie alle sechs sind, so verschieden sind auch ihre Beiträge. Eins haben alle gemeinsam: Sie bringen die Dinge, teils auch überspitzt und satirisch, immer treffend auf den Punkt.
»Am Ende der Welt wird ein Mensch übrig bleiben und der wird ein Liebesgedicht schreiben, das niemand mehr lesen kann«, stimmte Thomas Hafen poetisch ein. Die Nacht mit seinem Sohn in der Wildnis (beim Zelten am Bodensee), bei der es »nur« Schnitzel mit Pommes gab, »es muss in der Not auch mal ohne Spätzle gehen«, und das dringende Absichern etwa mit dem Feuermelder in der Hundehütte, »wenn mal was ist« – Thomas Hafen verstand es, sensibel witzig ins Detail zu gehen.
»35 ist das neue 50«
Katrin Mosmann betrachtete die Dinge aus ihrer ganz eigenen Sicht, nämlich der einer jungen Mutter mit ihrem Sohn-Tyrann-Lieblingsmensch, die zwar noch jeden Kindergeburtstag rockt, aber keine Ahnung hat, warum sie immer ans Essen denken muss und mitten in der Drittel-Life-Krise steckt, denn »35 ist das neue 50«. Und trotzdem nahm sie alles mit Humor und stellte immer wieder fest, wie zufrieden sie doch eigentlich ist, auch wenn sich ihr »naiver« Traum vom verlockenden Leben wie in einem Hochglanzmagazin nicht wirklich erfüllte.
Der Kunst widmete sich Wendelinus Wurth: »Vielleicht sollten Kunstwerke nicht ewig währen sondern kometenhaft und dann wieder verschwinden.« Teils las er seine Kolumnen auf Alemannisch, betrachtete so die »Kohl- und Blaumeisle im Forsythienbusch« und lieferte einen Schwarzwaldkrimi, den er sich aus Verlorenem und Weggeworfenem im Wald zusammenreimte. »Für manche ist der Wald ein Geheimnis.« Erinnerungen weckte er an seine Mutter und ihre Bretschelsupp, die es heute noch bei ihm gibt.
Nachdenkliches und Witziges
Claudia Ramsteiner stimmte in ihren alemannischen Kolumnen nachdenklich. »S’isch bi de Tier net andersch als bi de Mensche. S’isch granatemäßig wichtig, als was un wo dass de uf d’Welt kunsch, wie viel dass de wert bisch.« Auch mit ihrer jüngsten Kolumne zum Erntedankfest hielt sie der Gesellschaft den Spiegel vor und rief dazu auf, das Fest als »Erntedenkfest« zu feiern. Aber die OT-Redakteurin kann auch anders. Der Verwandtenbesuch, der vom Türkeiurlaub und dem ältesten »Amphibientheater« berichtete, sorgte ebenso für Gelächter wie der Fernsehabend: »In jeder Sendung sitzt e Bledschwätzer uff em Sofa«.
Kolumnist Peter Marx schwelgte in der guten alten Zeit. Erinnerte an revolutionäre Frisuren, seinen Besuch am Platz der Clique von damals im Freibad, seine Zeit, als er im dicken DLRG-Pulli seine Runden drehte und ältere Damen mit »ziehen Sie bitte eine Bademütze über ihr lichtes Haar« ermahnen durfte. Er blickte auf die legendären Konzerte der »Topics« im Saal des Haslacher Bayrischen Hofs, dem Mekka aller Beatfans und »Cornigle Hall des Kinzigtals« zurück. Für ein »richtiges« Auto hatte sich damals die Familie entschieden – für ein Goggomobil statt einer Isetta.
Euphemismus
Als Alfred Metzler trat Thomas Hafen auf, der neben seinen eigenen Kolumnen auch die seines erkrankten Kollegen las. Er betrachtete sich selbst neben dem »Gipfel« Sky du Mont eher als Endmoräne, »Sky könnte zu einer Kuckucksuhr ein Sack Vogelfutter verkaufen« und beschäftigte sich mit dem in die Mode gekommenen Beschönigen von Dingen, selbst die Ratte kam als »Nager mit Kanalhintergrund« gut weg, genauso wie der »verhaltensoriginelle Schüler«.
Immer freitags erscheinen die Kolumnen im Offenburger Tageblatt (heute aus Platzgründen nicht). »Wir haben alle unseren Liebling«, fand Museumsleiter Jean-Philippe Naudet. Er freute sich erneut über die »Glanzstunde« im Museum, mit vielen Zuhörern und der anschließenden gemütlichen Runde beim von der Gemeinde gespendeten Zwiebelkuchen und vom Kunstverein gestifteten Neuen Wein.