Jasmin Adam liest Frauengeschichten aus dem Jemen

Ahmed Abdelali begleitete die Lesung von Jasmin Adam und erzeugte immer wieder eine dramatische Stimmung. ©Ella Diepen
Aufmerksames Publikum waren die Neunt- und Zehntklässler des Robert-Gerwig-Gymnasium, als Jasmin Adam in der Aula Geschichten von der prekären Situation von Frauen im Jemen las.
In vielen Teilen der Welt ist die Gleichberechtigung der Frauen ein nicht selbstverständliches Gut. In der Woche des Internationalen Frauentags las Jasmin Adam in der Aula des Robert-Gerwig-Gymnasiums aus ihrem ersten Roman »Felsenmond – Fünf Mädchen im Jemen« vor. Eine gedankliche, akustische und visuelle Reise in ein Land mit denkbar schlechten Lebensbedingungen für Frauen und für die Zuhörer Anstoß zum Nutzen und Schätzen der eigenen Freiheiten und Möglichkeiten.
Erfahrungen als Entwicklungshelferin
Jasmin Adam lebte nach ihrem Studium der Anglistik und Islamwissenschaft mit ihrer Familie zehn Jahre im Jemen, wo sie als Entwicklungshelferin viele Erfahrungen sammelte. In ihrem ersten Roman erzählt sie die Geschichte fünf junger Frauen im Jemen. Mit der Schilderung der Lebensumstände und des Umgangs mit Frauen will sie auf die prekäre Situation der Frauen dort aufmerksam machen. Jemen ist gesetzlich zwar offener als viele andere arabische Länder, die Grundstruktur der Gesellschaft ist jedoch sehr traditionell. Die Frauen kontrollieren einander und sind sehr strikt in ihrem Denken und Handeln.
Musikalisch umrahmt
Seit 2010 lebt die Autorin wegen der sich zuspitzenden Situation wieder in Deutschland in der Nähe von Freiburg. Bei dem Buch handelt es sich um fiktive Geschichten, die sie aber teilweise in ähnlicher Form selbst erlebte. Die Lehrerinnen Stephanie Suhr und Lisbeth Siegwart organisierten und moderierten die Veranstaltung, die von Ahmed Abdelali eindrucksvoll musikalisch begleitet wurde.
Der vorgelesene Ausschnitt erzählt die Geschichte von Aischa, die mit der Tochter ihrer kaltherzigen Schwiegermutter in ein Gewitter gerät. Aischa schafft es nach Hause, Samira kehrt erst am folgenden Tag zurück. Sie teilte sich während des Unwetters den Unterschlupf mit einem Mann. Obwohl sie – wie ihre Mutter nach einer Untersuchung feststellte – noch Jungfrau ist, demütigt, schlägt und beschimpft diese sie aufs Übelste.
Eigene Mutter wünscht ihr den Tod
Die eigene Mutter wünscht ihr lieber den Tod, als dass sie den Namen der Familie in den Dreck zieht. Aischa ist entsetzt über die Reaktion ihrer Schwiegermutter. Später findet sie Samira tot auf. Sie hat sich unter dem Druck ihrer Stiefmutter umgebracht.
Einfühlsamer Stil
Mit einfühlsamem und ausdrucksstarkem Schreibstil zieht Jasmin Adam das Publikum in ihren Bann. Auf die Fragen der Schüler erzählt sie von der Bevorzugung der Männer im Islam, davon, dass Frauen selbst daran Schuld sind, was ihnen zustößt und von den drastischen Mitteln, die angewendet werden, um den Ruf der Familie zu bewahren. Von Zwangsheirat, von Selbstmord (der im Islam ein Tabu ist und deshalb oft als Unfall deklariert wird) und davon, dass sie es genoss, in Deutschland in den Massen unterzugehen und nicht wie im Jemen trotz Anpassung der äußeren Erscheinung als Ausländerin erkannt zu werden.
Brücke zu arabischer Welt
»Trotzdem habe ich sehr gerne im Jemen gelebt und die Herzlichkeit der freundlichen Jemeniten genossen. Die vielfältige, wunderschöne Natur sowie die Architektur haben mich inspiriert. Jemen ist eines der Länder, die nicht vom Tourismus verdorben wurden«, so Adam.
Der Buchtitel sei assoziativ zu verstehen. Mit dem »Mond«, der eine große Rolle im Islam spiele und mitunter als Sehnsuchtssymbol gelte, wollte sie eine Brücke zur arabischen Welt herstellen. Der Felsen verdeutlicht die Herausforderungen und Hindernisse, mit denen die Frauen aufgrund der eingeschränkten Denk- und Lebensweise zu kämpfen haben.