Hausacher Stadtschreiberin

Kathrin Schrocke genießt »Arbeit ohne Reizüberflutung«

Claudia Ramsteiner
Lesezeit 4 Minuten
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14. November 2017

Jeden Morgen sitzt Kathrin Schrocke um 9 Uhr an ihrem Laptop auf dem Schreibtisch im Moler-hiisle, um ihrer Arbeit eine Struktur zu geben. ©Claudia Ramsteiner

Die 23. Stadtschreiberin lebt und arbeitet nun für drei Monate im Hausacher Molerhiisle. Es ist Kathrin Schrocke aus Essen, die das Leselenz-Stipendiat für Kinder- und Jugendliteratur erhalten hat.

 Schwule Prinzen, tote Babys, Bären, die Kaninchen fressen: Darum drehen sich die Kinderbücher, die beiKathrin Schrocke im Molerhiisle auf dem Schreibtisch liegen. Das Leselenz-Stipendiat für Kinder- und Jugendliteratur ist seit einigen Jahren auch mit einer Poetik-Dozentur an der PH Karlsruhe verbunden, und Kathrin Schrocke bereitet dafür gerade eine Vorlesung über »Tabus in der Kinder- und Jugendliteratur« vor. 

Das Thema liegt ihr, denn sie greift auch für ihre Bücher gern Tabuthemen auf, weil »die noch nicht tausendfach ausgereizt sind«. Und oft stellt sie dann fest, dass diese danach in aller Munde sind. Das liegt vermutlich weniger an ihren Büchern als an ihrer Weitsicht. So handelt ihr jüngstes Buch »Mein Leben und andere Katastrophen« von einem Mädchen mit zwei Vätern. Noch vor der Entscheidung für die »Ehe für alle« sei der Verlag zunächst sehr zögerlich gewesen aus Sorge, es könnte keine Leser finden.

Mit und ohne Pseudonym

Bücher unter dem Pseudonym Amina Paul sind auch von ihr – das sind die, die ihr zwar auch Spaß machen, aber die eher den Mainstream bedienen und Geld bringen. Ihre ganz eigenen Herzensprojekte  erscheinen unter ihrem Namen. Auch wenn sie ab und an aus der Sicht eines Jungen schreibt. Und das hat einen ganz profanen Grund: Sie schreibt nämlich keine Mädchen- oder Jungenbücher, sondern Bücher für alle. Und Geschichten aus der Sicht von Mädchen lassen die Jungs links liegen. »Mädchen sind da toleranter«, ist ihre Erfahrung. 
Das Stipendum in Hausach hat sie für »Freak City« bekommen – ein Jugendroman über einen Jungen, der sich in ein gehörloses Mädchen verliebt. Kathrin Schrocke hat dafür selbst die Gebärdensprache gelernt. »Nur so konnte ich wirklich in die Szene eintauchen und mich intensiv mit dem Schicksal von gehörlosen Jugendlichen beschäftigen«, sagt sie: »Ohne diese unbezahlbaren Eindrücke wäre vieles nur an der Oberfläche geblieben.« 

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Da ist die Recherche für ihr neues Buch weniger aufwendig. Wenn die Lesung für Karlsruhe steht, will sie im Molerhiisle an dem Kinderbuch über das Leben in einem Mehrgenerationenhaus weiterschreiben. Da kennt sie sich aus – sie lebt in Essen selbst mit 45 Menschen aller Generationen und vieler Nationalitäten in so einem Haus. Das Buch greift die Realität auf, in der immer mehr Familien zerbrechen, Menschen aber nicht allein leben wollen.
»Ich war lange nicht mehr so abgeschottet und ohne Reizüberflutung wie hier in Hausach«, freut sie sich darüber, in der kleinen Stadtschreiberwohnung »zum Arbeiten und zu sich selber« zu kommen. Der ländliche Charakter ist ihr vertraut – sie ist in Augsburg geboren und in einem kleinen bayrischen Dorf aufgewachsen. So ist ihr nicht nur das Landleben geläufig, sie hat auch mit dem Hausacher Dialekt keine Probleme.

»Einzigartiges Festival«

Das erwies sich beim Besuch der Martinisitzung als sehr vorteilhaft. »Hochspannend«, fand sie die Versammlung der Narren. Hier hat sie auch Vizenarrenvater José Oliver in einer ganz anderen Rolle erlebt als beim Leselenz. Das Hausacher Stipendium sei unter Schriftstellern bekannt – den Leselenz lernte sie jedoch erst hier kennen. »Ich war unglaublich beeindruckt«, erzählt die Autorin, die sehr viele Festivals kennt. Aber eines, das mit seinem Programm, seiner Infrastruktur, seiner Anziehungskraft auf Autoren und seiner Organsation so großstädtisch ist und gleichzeitig eine so familiäre Atmosphäre bietet, das sei einzigartig. »Das liegt sicher ein großes Stück weit an der charismatischen Gallionsfigur José Oliver«, ist sie sicher.

Eigentlich ist Kathrin Schrocke schon seit Mitte Oktober hier, aber erst jetzt so richtig angekommen, weil immer wieder Lesereisen dazwischen kamen: »Als ich das Stipendium hatte, habe ich natürlich keine mehr angenommen für die Zeit..« Dass Schriftsteller kaum allein vom Bücherschreiben leben können, verhehlt sie nicht. Lesungen sind da ebenso wie Auftragsarbeiten willkommene Einnahmequellen – und natürlich Stipendien wie jene in Hausach. Und das will sie nun auskosten. Intensiv arbeiten, aber auch die Landschaft und die Menschen kennenlernen. Und vielleicht wagt sie sich ja auch mal an das Klavier, das in der Stadtschreiberwohnung steht. 
Wie alle Jugendbuchliteraten im Molerhiisle widmet uns auch Kathrin Schrocke eine Weihnachtgeschichte.

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