Kein Wärmenetz im Fischerbacher Baugebiet Oberer Wiesenrain
Zwei Varianten für eine zentrale Wärmeversorgung des Neubaugebiets Oberer Wiesenrain wurden am Montag vorgestellt – am Ende entschied sich der Gemeinderat aber gegen ein Wärmenetz.
Die Wärmeversorgung für das neue Baugebiet Oberer Wiesenrain war das zentrale Thema der Gemeinderatssitzung am Montag in der Fischerbacher Brandenkopfhalle. Zu Beginn meldete sich Eckhard Schmieder im Namen der Waldbauern zu Wort. Er plädierte für eine zentrale Wärmeversorgung im Dorf mit einer Hackschnitzelanlage – allerdings denkt er dabei weniger ans Neubaugebiet, sondern vor allem an die öffentlichen Gebäude wie Schule, Bauhof/Feuerwehrhaus, Rathaus und Brandenkopfhalle.
Dass dies nicht so einfach ist, machte anschließend der erste Referent des Abends, Stefan Schlachter von der Energiedienst AG in Rheinfelden, deutlich. Er war gekommen, um eine Wärmeversorgung auf Hackschnitzelbasis vorzustellen, räumte aber ein, dass ein Nahwärmenetz in einem Neubaugebiet aus energetischer Sicht nicht sinnvoll sei. Kalte Nahwärme hingegen sei im Neubaugebiet „definitiv ein Thema“.
Allerdings hat er die Hackschnitzel-Variante im Verbund mit den Bestandsgebäuden der Gemeinde untersucht und im Verbund gab es durchaus Argumente für einen Anschluss des Neubaugebiets an ein Wärmenetz.
Denn der Energieverbrauch der öffentlichen Gebäude (Rathaus, Brandenkopfhalle, Schule, Kindergarten, Bauhof/Feuerwehrhaus) sei mit 370 000 Kilowattstunden pro Jahr zu gering, sodass sich das Netz allein für sie nicht tragen würde. Man brauche weitere Anschlüsse – Privatpersonen im Altbestand oder eben das Neubaugebiet.
„Da kommen wir in Regionen, in denen es sich rechnet“
Wenn man das Neubaugebiet mit 19 Einfamilien-, vier Mehrfamilienhäusern und dem angedachten Mehrgenerationenhaus hinzunähme, käme man insgesamt auf eine Abnahme von knapp 800 000 Kilowattstunden pro Jahr. „Da kommen wir in Regionen, in denen es sich rechnet“, versicherte Schlachter. Privatgebäude im Altbestand könnten sich dann bei Interesse nach und nach ebenfalls anschließen.
Er gab aber zu bedenken, dass heutzutage – gerade in so einer sonnigen Lage wie dem Oberen Wiesenrain – viele Bauherren Fotovoltaikanlagen installieren und sich dann eine Wärmepumpe in den Keller stellen.
Falls sich der Fischerbacher Rat für ein Netz entscheiden sollte, riet er deshalb, 70 Prozent der Kosten über die Erschließungskosten umzulegen – dadurch habe ein späterer Betreiber weniger Risiko.
Der Nachteil: der Bau des Nahwärmenetzes müsste dann öffentlich ausgeschrieben werden, was einiges an Zeit erfordere. Was die jährlichen Kosten für die Verbraucher betreffe, seien die Unterschiede gering.
Er riet davon ab, die Entscheidung von möglichen Fördermitteln abhängig zu machen – die aktuelle Förderlandschaft verzerre das Bild und hier gebe es immer wieder Änderungen.
Letztlich sei es eine Philosophiefrage, ob man ein kaltes Wärmenetz oder ein Wärmenetz in Kombination mit einer Hackschnitzelanlage bevorzuge. Tendenziell rate er zu einem warmen Wärmenetz, wobei man sich die Frage stellen müsse, ob das Neubaugebiet dabei sein muss. Wenn es auch anders gehe, sollte dieses ausgeklammert werden, da ein kaltes Wärmenetz dort sinnvoller sei.
Netz mit Eisspeicher
Im Anschluss stellten die Geschäftsführer der Stadtwerke Bühl, Rüdiger Höche und Reiner Liebich, die Wärmeversorgung des Neubaugebiets über ein kaltes Wärmenetz vor, wie es die Stadtwerke Bühl in Gutach im Breisgau betreiben.
Das Besondere hierbei: das bidirektionale kalte Nahwärmenetz mit Eisspeicher funktioniert nach dem gleichen System wie das Nahwärmenetz im Fischerbacher Baugebiet Sonnenmatte. Die dortigen Erfahrungen flossen bei der Umsetzung in Gutach ein.
Abgerechnet werde in Gutach pauschal – die Preise richten sich bei diesem genossenschaftlichen Ansatz allein nach der Quadratmeterzahl der Häuser. Unklarheiten gab es in Bezug auf die einmalige Anschlussgebühr, die Liebich mit 28 000 Euro bezifferte, wobei es eine Förderung von bis zu 8500 Euro gebe.
Die Fischerbacher Gemeinderäte hatten im Vorfeld die Möglichkeit, sich das kalte Wärmenetz in Gutach vor Ort anzuschauen. Tanja Spothelfer (FWV) berichtete, dass sie dabei mit mehreren Hausbesitzern gesprochen habe und diese einen deutlich höheren Preis – um die 40 000 Euro – genannt hätten.
Die Vertreter der Stadtwerke Bühl erklärten die Diskrepanz damit, dass es sich bei den 28 000 Euro um einen Nettopreis handle – zuzüglich der Mehrwertsteuer komme man in die Größenordnung.
Die beiden Geschäftsführer rieten dringend davon ab, ein Neubaugebiet dieser Größe und Qualität mit Hackschnitzeln zu beheizen: „Im Neubaubereich macht es absolut keinen Sinn mehr“, betonte Höche. „Ich bin der festen Überzeugung: ein warmes Netz wird wirtschaftlich nicht darstellbar sein.“
„Nicht kompliziert“
Zum Zeitrahmen für die Umsetzung sagte Höche: „Wenn Sie wollen, fangen wir nächste Woche an zu graben – es ist nicht kompliziert.“ Eine Ausschreibung sei in diesem Fall nicht erforderlich.
„Der Faktor Zeit spielt eine Rolle“, gab Bürgermeister Thomas Schneider zu bedenken. Der Erschließungsträger sei soweit, dass er die Arbeiten fürs Neubaugebiet ausschreiben könne – was noch fehle sei lediglich das Thema Wärmeversorgung. „So sehr mein Herz für Hackschnitzel schlägt“, sagte Schneider, das Baugebiet nochmal für anderthalb Jahre stillzulegen, sei keine Option.
„Ich konnte für mich kein Argument erkennen, das für ein Netz spricht“, sagte Gemeinderat Michael Kohmann (FWV). „Es geht nicht vorwärts, weil wir über ein Wärmenetz diskutieren und ich sehe die Akzeptanz bei den Häuslebauern nicht.“ Schneider hielt entgegen: „Jetzt zu sagen, wir lassen es laufen, ist ein nicht zeitgemäßes Vorgehen für einen Gemeinderat.“
Letztlich konnte der Bürgermeister das Gremium aber nicht überzeugen. Lediglich drei Stimmen gab es am Ende für ein kaltes Wärmenetz. Sechs Räte stimmten mit Nein und einer enthielt sich. Noch weniger Zuspruch gab es für ein Netz mit Hackschnitzelanlage. Damit wird es keine zentrale Wärmeversorgung im Oberen Wiesenrain geben.
Bidirektionale kalte Nahwärme
Klassische Wärmenetze bewegen sich in einer Temperatur-Größenordnung zwischen 70 und 100 Grad. Als kalte Nahwärmenetze werden Wärme-Verteilnetze bezeichnet, die in die angeschlossenen Gebäude Vorlauftemperaturen von etwa acht bis 20 Grad liefern können. Der Vorteil dieser Systeme ist, dass sie wegen ihrer niedrigen Temperaturen auf dem Weg wenig Energie verlieren, gegebenenfalls sogar noch aufnehmen können – beispielsweise aus dem Erdreich. In herkömmlichen Nahwärmenetzen sind Netzverluste gerade in den Sommermonaten mit wenig Wärmebedarf in den Gebäuden für viele Nahwärmebetreiber ein defizitäres Geschäft.Quelle: Stadtwerke Bühl
Baugebiet Sonnenmatte
Fischerbachs Bürgermeister Thomas Schneider informierte in der Gemeinderatssitzung darüber, dass die Bürgerenergiegenossenschaft Fischerbach mit den Stadtwerken Bühl in Verhandlungen stehe, was den Betrieb des bidirektionalen Kalt-Wärmenetzes im Baugebiet Sonnenmatte betrifft. Geschäftsführer Rüdiger Höche versicherte allerdings, dass der Ratsbeschluss zum Oberen Wiesenrain damit nichts zu tun habe.