Kinzigtäler Talgeflüster: Ein Viertele und ein Vierteljahrhundert
Und schon lesen wir uns wieder. Treue Leser des Talgeflüsters erinnern sich: Vor einer Woche – auch wenn's für manchen gefühlt schon mindestens doppelt so lang her ist – ging's hier an gleicher Stelle um die Fasnacht. Und jetzt? Fastenzeit, Schluss mit all dem Trubel. Der letzte Kater dürfte inzwischen auch ausgeschlafen sein. Selbst der, der unter Umständen den ein oder anderen Wolfacher Geldbeutelwäscher am Donnerstag an die Erlebnisse des Aschermittwochs erinnerte.
Trinkfreudig sind die Herren ja allemal und schon immer gewesen. Ausgerechnet beim Empfang zu 100 Jahren Geldbeutelwäsche aber, als man statt sonst nur einem gleich drei Maîtres aufgefahren hatte, wurde weit seltener nachgeschenkt als sonst in der "Besenkammer", wie Oberwäscher Erich Sattler den kleinen Ratssaal titulierte. Womöglich lag's daran, dass der Empfang ob des festlichen Rahmens und all der Lobe und Geschenke auch deutlich länger dauerte als gewohnt. Vor Publikum schwätzt sich's halt einfach besser.
Geldbeutelwäscherinnen?
So ganz in Stein gemeißelt ist das mit den Traditionen aber auch bei den Geldbeutelwäschern nicht, das wollen wir heute zur Jubiläumsserie noch nachtragen. Zumindest in einem Punkt: dem Wäscherschwur. Den legt ab, wer neu in die Gilde aufgenommen wird. Zuletzt gab's dieses Procedere im vergangenen Jahr. Um den Schwur zu besiegeln kippen Oberwäscher, Neu-Wäscher und die zwei Paten jeweils ein Viertele Wein "auf Ex". Was sich da geändert hat? Dazu zitieren wir Oberwäscher Erich Sattler: "Früher war das Schnaps!" Und auch das im randvollen Viertele-Glas.
Bei einer anderen Sache blieb Sattler am Mittwoch wie berichtet den Prinzipien treu: Geldbeutelwäscherinnen soll's vor dem Jubiläum zum 200-Jährigen nicht geben, stichelte er ironisch und voller Übertreibung – in dem Zungenschlag, der bei den Geldbeutelwäschern eben üblich ist. Gedruckt mag das dann anders wirken, und prompt gab's auf unserer Facebook-Seite einen so ganz und gar unlustigen Aschermittwochs-Kommentar: "Schade, dass weiterhin keine Frauen aktiv mitmachen dürfen. Die Begründung ist eine Farce. Dass sich eine Zunft hier nicht öffnen kann, zeigt das veraltete Denken der Herren." Nun, wir wagen uns heute mal aufs Gender-Glatteis: So ganz und gar vollkommen ernst gemeint war der emanzipatorische Revolutionsversuch über die Fasnetstage vermutlich nicht. Das Genecke zwischen den für unsere Zeiten ach so veralteten Rollenklischees gehört an Wolfachs Fasnet ein Stück weit eben für beide Seiten dazu. Wo bliebe denn sonst auch der feixende Spaß, wenn beim Nasenzug nicht die mutigen Damen baden gingen und sich anschließend mit einer wilden Dusche Brunnenwasser bei den Herren und allen ringsum revanchieren? Obfrauen gibt's je nach Häsgruppe schon seit Jahren – und damit auch Frauen im großen Narrenrat. Und: Mindestens ein Platz im kleinen Narrenrat wird ja dieses Jahr auch noch frei. Mal sehen, was die Zukunft bringt...
Zur Tagesordnung!
Jetzt aber endgültig Schluss mit Fasnachts-Nachwehen. Ab sofort wird's wieder ernst. Umweltschutz, Nachhaltigkeit, zurück zur Tagesordnung. Und prompt ging's in der Freitagsausgabe mit der Zehenspitze ins Fettnäpfchen. Nicht, dass etwas nicht gestimmt hätte: Klio-Eterna hat die Emas-Zertifizierung geschafft und darf sich da mit Fug und Recht auf die eigene Schulter klopfen. Trittsicher hat das Unternehmen ja auch "nur" betont, dass man einer der ersten Kugelschreiberhersteller weltweit mit diesem Siegel sei – nicht etwa der Erste.
Dazu nämlich kommen die Wolfacher, so löblich das Engagement in Sachen Umweltmanagement ist, mindestens mal schlappe 26 Jahre zu spät. "Unser Umweltmanagementsystem ist schon seit 1998 nach dem weltweit strengsten Standard Emas zertifiziert", haben wir am Freitag im wie bei Klio-Eterna ebenfalls für jeden online abrufbaren Nachaltigkeitsbericht von Schneider Schreibgeräte in Tennenbronn nachgelesen. Drauf hingewiesen hat uns ein aufmerksamer Leser. Und natürlich ist uns dieses Vierteljahrhundert Emas-Siegel in der erweiterten Kinzigtäler Nachbarschaft heute auch noch diesen Nachtrag wert. Aber, ob nun Klio-Eterna oder Schneider, Wolfach oder Schramberger Stadtteil, oder auch ganz andere Branche in ganz anderem Ort: Gutes wird ja nicht weniger gut, nur weil's mehr als einer macht. Ganz im Gegenteil!
Tobias Lupfer