Lia darf Weihnachten ganz ohne Magensonde feiern
Der „Hausacher Bärenadvent“ läuft prima, schon 2000 Bären sind verkauft für die beiden neuen „Bärenkinder“ Anna Moser und Catherine Ott. Die vielen „Bärenfamilien“ vor ihnen haben bereits bekundet, dass das Geld, das dabei zusammenkommt, nicht die erste Rolle spielt, dass die vielen Kontakte und das Gefühl der Solidarität der vielen Menschen schwerer wiegen. Und doch sind die Spenden wichtig, denn sie bringen den Familien, die mit ungleich mehr Alltagsproblemen zu kämpfen haben als Familien mit gesunden Kindern, etwas Erleichterung.
Wie diese aussehen kann, hat sich jetzt gerade beim letztjährigen „Bärenkind“ Lia Schmidlin gezeigt. Lia kam im März 2018 mit einem schweren Herzfehler zu Welt, und es ist heute noch ungewiss, wann dieser operiert werden kann. Bisher musste sie jeden Tag ab 6 Uhr alle vier Stunden für zwei Stunden lang sondiert (über eine Sonde ernährt) werden, auch nachts, und immer unter Beobachtung.
Lia litt unter der Sonde
Die Schmidlins kamen so nie vor Mitternacht ins Bett, und Lia litt immer mehr unter der Sonde. Ihr Ernährungsberaterin im Krankenhaus hatte ihnen zu einer festen Magensonde mit Ernährungspumpe durch den Bauch geraten. Sie wollten es aber lieber mit einer Entwöhnung versuchen. Dafür hätte Lia eigentlich monatelang stationär in einer Klinik aufgenommen werden müssen. „Das funktioniert bei Lia nicht“, war den Eltern klar. Erstens ist die Kleine durch ihre vielen Operationen und Krankenhausaufenthalte bereits so traumatisiert, dass sie ihr das nicht zumuten wollten. Und zweitens konnte man sie unmöglich allein in der Klinik lassen, und jemand musste sich ja auch um den großen Bruder Lukas kümmern.
Ihre Kinderkardiologin hat den Schmidlins dann den Kontakt zum „Zentrum für Sondendependenz“ in Essen vermittelt. Deren Leiter ist kein medizinischer Arzt, sondern Säuglingspsychologe. „Es geht bei dieser Entwöhnung auch um sehr viel Psychologie“, erzählt Maren Schmidlin. Und der große Vorteil für Lia und ihre Familie: Dort wurde die Sondenentwöhnung über zehn Tage angeboten. Die Schmidlins konnten eine Ferienwohnung beziehen, und der Arzt oder jemand aus dem Team kam viermal am Tag vorbei, um mit ihnen gemeinsam zu essen.
Hungergefühl verlernt
Bei Lia musste Schritt für Schritt die Sondennahrung reduziert werden, damit sie überhaupt ein Hungergefühl entwickeln konnte, das sie gar nicht mehr kannte. Auch das Essen mit dem Löffel und das Schlucken musste sie erst lernen. „Und das Ganze ist auch nicht ohne für ihr geschwächtes Herz“, erzählt die Mama. Die Experten waren in ständigem Kontakt mit der Kardiologin. Die Crux: Den mehrmonatigen Klinikaufenthalt hätte die Krankenkasse bezahlt, die ambulante Sondenentwöhnung nicht.
Und da kommt der Bärenadvent ins Spiel. Die Behandlung kostete 11 000 Euro plus Aufenthalt. Vorausgegangen war ein Assessment, ob das Angebot für Lia überhaupt geeignet wäre. Am Ende hieß es, sie könne das lernen, aber eine Garantie gebe es nicht. „Wir wussten, es ist ein Versuch, und es war nicht abzusehen, ob dieser gelingt“, so Maren Schmidlin. Ohne die Spende aus dem Bärenadvent wäre es ihnen viel schwerer gefallen, sich auf das kostspielige Experiment mit offenem Ausgang einzulassen.
Aber es ging alles gut: Schon am fünften Tag konnte die Sonde gezogen werden. Auch wenn es für Lia noch recht anstrengend ist, isst und trinkt sie gut. Ganz besonders liebt sie Pudding. Und da sie, um ihren Blutzucker halten zu können, Kalorien und Zucker braucht, bekommt sie den auch recht oft. Nicht nur Lia genießt nun ohne die Sonde mehr Lebensqualität, sondern ganz besonders auch ihre Eltern: „Das ist ein ganz neues Gefühl, wir wachen um 6 Uhr auf und sind topfit“, strahlt Maren Schmidlin.
Sinn des Bärenadvents
Einer, der sich ganz besonders mit den Schmidlins freut, ist Erwin Moser, der „Vater“ und Motor des Hausacher Bärenadvents. Dieser sei genau dafür gegründet worden, den Eltern von Kindern mit Handicap das Leben zu erleichtern. In diesem Jahr sind Anna und Catherine dran, „und auch für ihre Familien werden solche Situationen kommen, in denen sie über die Spenden ganz besonders froh sein werden“, ist Moser sicher. Er und sein Team wollen nicht nachlassen, um genau dies zu ermöglichen.