»Normalität geht Baba«
Stefan Schmitzer lebt seit Mitte Februar bis Mitte Mai als Gisela-Scherer-Stipendiat und Hausacher Stadtschreiber im Molerhiisle im Breitenbach und schreibt wöchentlich eine Kolumne, in der er den Lesern des Offenburger Tageblatts unter anderem auch Einblicke in die Innenpolitik Österreichs geben will – die zur deutschen durchaus Parallelen aufweist:
Damen und Herren Kinzigtaler, liebe Katzen, geehrte Buschwindröschen und Wetterphänomene!
Hans Rauscher vom »Standard« fasst zusammen, was in Österreich grade so los ist: »Das von einem harten Rechten geführte Innenministerium fällt unter dem Kommando eines auffällig Rechten genau dort ein, wo Rechtsextreme überwacht werden.«
Die Wendung »fällt ein« bezieht sich dabei auf eine Hausdurchsuchung durch die eine Polizeieinheit beim Leiter einer anderen Polizeieinheit, bei der »zufällig« allerhand Ermittlungsergebnisse über die rechte Szene (inklusive z. B. der Namen von Informanten) beschlagnahmt wurden; und wenn Rauscher den Verantwortlichen jener Durchsuchung einen »auffällig Rechten« nennt, dann meint er nicht, dass der Mann bloß ein gewisses Faible für Marschmusik, Patriarchat und Monokultur hätte . . .
Inkompetentes und/oder unwohlgesinntes Personal
Es gibt das alles – viel, viel ausführlicher, als ich es hier zusammenbrächte; auch unter Einbeziehung diverser Nebenschauplätze, wie beispielsweise der Sache mit jenem ÖVP-Mandatar, der meint, man könne ja auswandern, wenn man der Polizei nicht mehr vertraue – in denjenigen österreichischen Medien zu lesen/hören, die sich noch nicht die Schneid haben abkaufen lassen.
Will sagen: Normalität ist Baba gegangen. (für Leser*innen in Deutschland: »Normalität hat Tschüss gesagt.«).
Wöchentlich X Zeichen (beispielsweise in einer Kolumne für das sehr geehrte Offenburger Tageblatt) darüber abzusondern, welche Norm des gesitteten Zusammenlebens da grade mal wieder im Einzelnen verletzt ward, und warum das empörend ist, und an welcher Messlatte hinwiederum das Verhalten der Nomenklaturen zu messen wäre, wenn alles mit rechten Dingen zuginge – das ist alles so erkennbar sinnlos, wie es auch sinnlos wäre, mit einem krakeelenden Dreikäsehoch, der einen Lolli will, eine moderierte Fernsehdiskussion über Lohnnebenkosten in der Süßwarenbranche zu beginnen. Wir haben u. a. inkompetentes und/oder unwohlgesinntes Personal. Dem Umstand ist nicht unmittelbar abzuhelfen. Fertig.
(Wer sich im Detail über die Genese der speziell österreichischen Variante des allgemeinen Elends informieren will und heute noch was anderes vorhat als Wikipedia-Entries zu lesen, dem sei ein ausgesprochen altklug tönendes, aber fokussiertes Interview ans Herz gelegt, das Robert Menasse vor ein paar Jahren der ZDF-Sendung »aspekte« gegeben hat und das auf Youtube liegt.)
Produktive Verwirrung
Und weil es wie gesagt eh wurscht ist. Ganz was anderes. Jürg Laederach ist gestorben. Das eine Buch von ihm, das ich kenne – »69 Arten, den Blues zu spielen« – war außerdem das allererste Stück nicht-linear-erzählender und dabei aber auch nicht-erstmal-langweiliger Literatur, das mir überhaupt in die Hände fiel.
Es weckte Lebensgeister in dem sehr jungen Menschlein, das ich war; es verwirrte mich aufs Produktivste; es rief eine sehr uuungefähre Vorstellung davon hervor, dass ich auch, später einmal, in etwa so etwas Ähnliches wie diesen Blues . . . Was das dann wäre, »SO« etwas Ähnliches? Was wussten davon schon, geehrter Osterhase, die Pappeln in der Gasse, wo die elterliche Wohnung auf die Güterbahnanlage sah? Ach Hasentier. Normalität in Österreich ist Schinken und Asphalt.