Pfiffige Schreibgeräte für den Werbezweck
Seit 58 Jahren ist der Kugelschreiber-Hersteller Klio-Eterna in Wolfach – und doch wissen viele Kinzigtäler nicht, was im Firmeninnern eigentlich alles passieren muss, bis so ein Schreibgerät montiert ist. 23 OT-Leser wollten ihren Wissensstand auffrischen und blickten gestern beim Offenen Werkstor in die Produktion.
Kugelschreiber sind grundsätzlich Mangelware. Nicht, weil es davon zu wenige auf der Welt gibt. Sondern weil sie immer wieder auf unerklärliche Weise zu verschwinden scheinen. »Mist, jetzt hab’ ich das Ding schon wieder irgendwo liegen lassen!« Kommt Ihnen bekannt vor, oder? Glücklicherweise gibt es immer wieder Nachschub: 6,2 Kugelschreiber bekommt jeder Deutsche nach Angaben der »Welt« rechnerisch pro Jahr – doch die wenigsten davon werden gekauft. Denn der Kuli ist bis heute der König der Werbegeschenke.
Auch bei Klio-Eterna in Wolfach verlassen Kugelschreiber für Werbezwecke das Lager, bedruckt mit den Logos zahlreicher bekannter Marken. Insgesamt sind es täglich rund 200 000 Stück. Gleich zu Beginn der Werksführung präsentiert Geschäftsführer Hans Michael Höhner gestern den 23 OT-Lesern solch beeindruckende Zahlen. 2000 bis 8000 Meter weit soll ein Kuli von Klio-Eterna je nach Modell schreiben können, ehe ihm die Tintenpaste ausgeht.
Wie die überhaupt in so einen Kugelschreiber hinein kommt, erfuhren die OT-Leser beim Werksrundgang in der Minenfertigung. Vollautomatische Maschinen pumpen dort zunächst die Paste in das weiße längliche Röhrchen, das jeder kennt, der schon mal einen
Kuli aufgeschraubt hat. Anschließend wird darauf die Mine gesetzt. Ein Greifarm schnappt sich nun das zusammenmontierte Bauteil und lässt es kreisförmig über Papier schreiben. Das Ergebnis wird von einem Sensor abgetastet und so die Funktionsfähigkeit jeder Mine getestet.
Aus einem Guss
Die zierlichen Federn stellt Klio-Eterna nicht selbst her. Die Kuli-Gehäuse aber schon. In der Produktionshalle im Erdgeschoss beobachten die OT-Leser, wie aus Maschinen in der Größe von zwei hintereinander gestellten Kombis die fertigen Kugelschreiberhüllen herauspurzeln. Schwarze, rote, blaue – möglich sind laut Hans Michael Höhner diverse Farbkombinationen. »Der Kunststoff und die Farbe werden zusammengeführt«, erläutert Höhner. »Dann wird beides auf 250 Grad Celsius erhitzt und dadurch flüssig und formbar.« Anschließend pumpt die Maschine Wasser durch den geformten Hohlkörper. Heraus kommt das noch warme, aber formfeste Gehäuse.
Einige Meter weiter montiert eine Maschine aus den fertigen Einzelteilen im Alleingang ein komplettes Kugelschreiber-Modell. Schritt für Schritt steckt sie die Bauteile zusammen. Ein faszinierendes Schauspiel, dem einige Leser minutenlang zusehen.Doch ein Werbekuli wäre natürlich nichts ohne Aufdruck. Den erhalten die Plastikrohlinge über Beschriftungsanlagen. Vier verschiedene Methoden wendet Klio-Eterna dafür an, darunter Siebdruck und Lasertechnik.
Bei letzterer wird das Muster ins Material gefräßt. Das funktioniert sowohl mit Plastik als auch mit anderem Material und sogar vierfarbig. Als Beispiel werden den OT-Lesern verchromte Stahlclips gezeigt, in die der Laser vier Ringe eingefräßt hat. Raten Sie doch mal, an welchen Autohersteller die fertigen Kulis wohl geschickt werden.
Konkurrenz aus Fernost
Jüngst wurde Klio-Eterna für das Kugelschreibermodell »Turnus« ausgezeichnet. Es verbirgt in seiner Kappe einen USB-Speicherstick. Inzwischen hat die Firma ihr Portfolio um weiteres Computer-Zubehör, wie externe Ladegeräte und separat erhältliche USB-Speichermedien in farbenfrohem Design, erweitert.
Dinge, die Klio-Eterna von der Konkurrenz abheben sollen. Und die steckt vor allem in China, erklärt Firmenchef Höhner. »Da wird viel von unseren Ideen kopiert«, berichtet er. Darum reise er mittlerweile mit einem Kollegen selbst auf Messen in Fernost, schaut sich die Messestände an – und wenn er dort Duplikate findet, lasse er einen Stand auch schon mal räumen. »Das ist schon ein bisschen frech«, sagt er schmunzelnd. »Aber uns zu kopieren ist ja noch frecher.«
Fakten
Der Name: Klio ist die griechische Muse der Heldendichtung und Gedichtsschreibung. Eterna kommt aus dem Lateinischen und bedeutet »verewigen«. Klio-Eterna heißt nach Firmendefinition also: Wer schreibt, der bleibt.
Zahlen: 130 Mitarbeiter sind bei Klio-Eterna beschäftigt. Die Firma hat 2000 aktive Kunden in 65 Ländern. 60 Prozent der Produkte werden exportiert.
Historie
1900: Klio wird von Eduard Reisert in Hennef an der Sieg (Nordrhein-Westfalen) gegründet. Die Firma beginnt mit der Herstellung von Büromöbeln und der Manufaktur für hochwertige und patentierte Füllfederhalter. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren Füllfederhalter von Klio europaweite Verkaufsschlager.
1956: Die Klio-Eterna GmbH Fabrik für Schreibgeräte wird als rechtlich und wirtschaftlich selbständige Einheit von Wilhelm Höhner gegründet und fortan als Familienunternehmen geführt.
1957: Umzug nach Wolfach. Ausbau der Kunststoffverarbeitung für Schreibgeräte.
1983: Es entsteht eine eigene Druckabteilung für den Mehrfarbensiebdruck.
1986: Produktion der ersten eigenen Kugelschreibermine. Ab 1992 werden schließlich auch eigene Minenspitzen hergestellt.
1987: Der Betrieb spaltet sich auf. Daraus geht die heutige Klio-Eterna Schreibgeräte GmbH & Co. KG hervor.
2011: Die Marke »Klio+« wird etabliert. Sie steht fortan für innovative Produkte in den Segmenten USB- und Elektrotechnik.
2013: Die Firma investiert in moderne Digitaldrucktechnik mit einem eigenen Maschinenpark.
2014: Vorstellung der Silktech-Mine. Sie sorgt für samtweiches Schreiben.
2015: 115-jähriges Bestehen. Kontinuierlicher Ausbau der Fertigung unter Einsatz modernster Techniken.