Reformation kommt erst mit Verspätung ins Kinzigtal
Beim letzten Reformationsvesper im Geiste Martin Luthers in diesem Jahr ging es am Dienstag im evangelischen Gemeindezentrum Wolfach um die Reformation im Kinzigtal mit Schwerpunkt auf Kirnbach.
»Je öfter ich zu diesen Vespern einlade, desto schlüssiger erscheinen sie mir«, erklärte Pfarrer Stefan Voß. Viele der reformatorischen Gedanken Martin Luthers seien bei solchen Tischgesprächen mit Freunden entstanden. Der Kirnbacher Konrad Keck gab ein Impulsreferat über den geschichtlichen Verlauf der Reformation im Kinzigtal. Er bezog sich dabei auf eine Festschrift von 1984 zu 450 Jahren Reformation im Amt Hornberg.
Keck betonte, dass Luther die Kirche lediglich habe reformieren wollen, keinesfalls spalten. Er habe sich allein auf die Bibel berufen, was etwa in seiner Übersetzung eines Paulus-Worts (»So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht werde ohne des Gesetzes Werke, sondern durch den Glauben«) deutlich werde, wo er »allein durch den Glauben« übersetzte. Dieses sich allein auf die Heilige Schrift zu berufen ziehe sich durch das ganze Schaffen Luthers, resümierte Keck. Der Mittler zu Gott sei für ihn Jesus allein – nicht etwa Engel, Bischöfe oder Papst.
Ein Hüh und ein Hott
»Es war ein Hüh und Hott, ein ständiges Hin und Her in der Zeit der Reformation im Amt Hornberg, zu dem Kirnbach damals zählte«, stellte Keck fest. Die Reformation breitete sich vom Norden und Osten langsam in Richtung Süden aus. Schon vor 1450 kauften die württembergischen Grafen die Stadt Hornberg und die zugehörigen Gemeinden wie Gutach, Kirnbach, Reichenbach und Schiltach. Herzog Ulrich wurde 1519 vertrieben, lernte Luther kennen und war fest entschlossen, die Kirche in Württemberg zu reformieren. 1534 kam der Herzog wieder an die Macht und führte die Reformation ein. Zu Weihnachten 1534 fand laut Keck in Hornberg der erste protestantische Gottesdienst statt. Kirnbach blieb von da an protestantisch, auch als es 1810 an Baden fiel.
»Der Mensch kommt nicht durch Ablass in den Himmel, allein durch den Glauben«, wiederholte Voß einen von Luthers Kerngedanken. Im Übrigen diene Luther der Reformation als Galionsfigur. Die sei eine breite Bewegung gewesen, die von vielen Schultern getragen und schon lange vorher angestoßen worden sei, etwa durch Jan Hus. Die Reformation selbst sei in eine Zeit des allgemeinen Umbruchs gefallen. Missstände wie der Ablasshandel hätten sie regelrecht erzwungen. »Es war ein Kampf zwischen dem Wandel und den beharrenden Kräften«, so Voß.
Weitere Treffen
»Ich habe große Lust, mit dem Reformationsvesper weiterzumachen«, sagte Pfarrer Stefan Voß. Darum steht der erste Termin nach dem Luther-Jubiläumsjahr schon fest: Auf 23. Januar will Voß zu einem Abend einladen, der die Sammlungen der Gemeinde für Bethel und dessen Hintergründe thematisiert.