Schiltacher Heimatgeschichte

Schifferhäuser und Armeleute-Quartier im »Alten Spittel«

Hans Harter
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10. September 2018

»D’Isaake«, die Frau des Flößers Isaac Wößner, ist hier um 1905 vor dem »Alten Spittel« zu sehen. ©Hans Harter

Der Spittel-Steg und die Spitalstraße erinnern in Schiltach an das Spital. Das 1858 abgerissene Gebäude war Altersheim, Wanderherberge, Armen- und Krankenhaus in einem.
 

Die Schiltacher Spitalstraße, umgangssprachlich »d’r ald Schbiddel«, hat ihren Namen vom einstigen Spital, das Altersheim, Wandererherberge, Armen- und Krankenhaus in einem war. Um 1600 von der evangelischen Pfarrei begründet, kam es 1829 in städtische Regie. Bereits ein »alter, wackeliger Bau«, stand es bald der neuen Schrambergerstraße im Weg und wurde 1858 abgerissen. Bis heute erinnert auch der Spittel-Steg noch daran. 

Vorn am »Spittel« entstand 1604 die »Herrenherberge zum Hohen Haus«, ein repräsentativer Renaissance-Bau mit Erker und reichem fränkischen Fachwerk. Am damaligen Karrenweg ins Schiltachtal hatten die im »Städtle« beengt wohnenden Bürger ihre Küchengärten. Mit wachsender Bevölkerung wurden diese im 17./18. Jahrhundert bebaut von Leinewebern, Flößern, Sägern, Nagelschmieden und Taglöhnern. Zumeist arm, besaßen sie oft nur eine Haushälfte, manche nur ein Drittel. 

Zehn Meter tiefer Stollen

Durch Holzhandel reich war der Schiffer Isaac Dorner, der an seinem großen Wohn- und Geschäftshaus die Initialen ISD und das Jahr 1776 anbrachte (Haus Pflüger). Auch »Engel«-Wirt und Schiffer Isaac Wolber ließ sich in der »Spitalgass« nieder: 1812 erbaute er einen riesigen Weinkeller, 1837 einen neuen »Engel«, wo er auch die erste Schiltacher Post betrieb (Haus Nr. 7). Im Keller des Hintergebäudes wurde 1838 bis 1840 auf Erz geschürft, der Stollen reicht etwa zehn Meter tief in den Fels. 1849 war der »Engel« das Schiltacher »Revoluzzer-Nest«: Hier trafen sich die Demokraten, darunter Bürgermeister Isaac Trautwein und »Engel«-Wirt Christian Wolber, die nach der Niederschlagung der Revolution ins Zuchthaus kamen. 

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Noch gut in Erinnerung

Im 20. Jahrhundert wohnten im »Alten Spittel« Arbeiter, die kommunistisch waren. Einige kamen 1933 in KZ-Haft, doch hatten sie auch später noch nächtliche konspirative Treffen. Zwei Frauen aus dem altertümlichen Fachwerkhaus Nr. 25 sind dem Senior Hans Wöhrle noch gut in Erinnerung: »Frau Fieser hat im Herbst Kraut geschnitten, sie ging mit einem großen Hobel von Haus zu Haus. S’Isaake Luis’ trug auf dem Kopf oft einen Eimer auf den Schlossberg in den Garten, gefüllt mit Mist, Gülle oder Asche.« 1903 eröffnete Friseur Reutter einen Salon, ein Elektrogeschäft und eine chemische Reinigung komplettieren das Geschäftsangebot, zu dem auch der kürzlich verstorbene Metzgermeister Hans Gaiser beitrug.

Eine Rarität ist Schiltachs »kleinstes Häusle« (Nr. 27). Um 1890 als »Wohnzwischengebäude« ins Gässle der Häuser 25 und 29 hineingebaut, ist es kaum zwei Meter breit, hatte aber drei Besitzer: das Erdgeschoss als Schopf für Nr. 29, die beiden Obergeschosse gehörten den Stockwerkseigentümern von Nr. 25, ihre Wohnungen jeweils um ein Zimmer vergrößernd. 

Hinter den Häusern steigt der Fels steil an, am Hang darüber verlief früher ein Weg. Für die Kinder war es ein Spiel- und Rennplatz, wozu auch gehörte, dass manch »giftige« Nachbarin sie verjagte. Vom Wegle führten auf Rollen Wäscheseile zu den Bühnefenstern hinab. Hans Wöhrle erzählt: »Einmal packten drei größere Lausbuben einen kleinen, hängten ihn ans Seil und ließen ihn abfahren, ungeachtet des harten Schlags, mit dem er am Bühneladen landete.« 

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