Schönes Wochenende: Sturm auf die Brachfelder-Bastille
Jede Woche glossiert einer der Kinzigtalkolumnisten auf seine persönliche Art und Weise verschiedenste Themen. In dieser Woche kommt die "Schönes-Wochenende-Kolumne" von Katrin Mosmann, die vom Muttersein und nervenaufreibenden Shoppingerlebnissen berichtet.
In meiner April-Kolumne habe ich berichtet, dass mir einkaufen jüngst nicht mehr soviel Spaß macht. Daran hat sich auch in den vergangenen Wochen nichts geändert. Und der gestrige Morgen hat da auch nicht zur Besserung beigetragen. Ich habe mich ja zwischenzeitlich daran gewöhnt, dass man als Mama täglich neue Lebenserfahrungen macht. Kinder sind ein einziges Abenteuer, sie lassen uns die Welt mit anderen Augen sehen. Hätte mir beispielsweise mal jemand gesagt, dass ich mir einmal eine Jahreskarte für das Freilichtmuseum Vogtsbauernhof kaufen würde, hätte ich ihn ausgelacht. Mittlerweile genieße ich die Auszeiten mit meinem Sohn, die einem Urlaub gleichkommen. Tiere und ein Spielplatz, dazu ein Kiosk an dem es Kaffee gibt, was will Mama mehr?
Menschentraube
Aber ich wollte ja von gestern Morgen erzählen. Um 7.50 Uhr in Hausach in den Brachfeldern steht eine Gruppe von Frauen. Die Gruppe wird immer größer, auch Männer sind mittlerweile dabei. Je näher der Uhrzeiger gegen acht Uhr wandert, desto nervöser wird die »Menschentraube«. Findet hier eine Demo statt? Eine verspätete Maikundgebung? Sturm auf die Bastille? Nein! Die Gruppe wartet auf die Öffnung eines Discounters in Hausach.
Es ist Donnerstag. Heute gibt es neue Angebote. Im speziellen Fall Kinderkleidung, auch Bodies und Schuhe sind darunter. »Das war schon vor 30 Jahren so, dass die Leute hier morgens Schlange gestanden sind«, erzählt eine Wartende. Habe ich auch schon gehört, mich die vergangenen zwei Jahre aber genauso erfolgreich darum gedrückt, wie meistens auch um die Babybasare. Ich bin ja eher die bequeme Kinderklamottenshopperin. Bequem heißt via Shopping-App oder bei Facebook in einer der diversen Second-Hand-Gruppen. Auf »Suche Kinderkleidung in Größe 74/80« hatte ich binnen zwei Stunden mehr Angebote als der Lebensmittelmarkt im wöchentlichen »Prospekt«. Aussuchen, anschreiben, abholen oder auf das Paket warten. So einfach geht’s.
Im Austausch
Und gestern ging es eben mal anders. Ich stehe also um 7.50 Uhr (man muss früh da sein, sonst gibt es nichts mehr) vor dem Discounter. In der Hand mein Prospekt, in dem ich angekreuzt habe, welche Hosen und T-Shirts ich für Mailo möchte. Stressen will ich mich nicht, wenn ich nichts bekomme, dann halt nicht. Mit jeder Minute, die vergeht, spüre ich aber, wie meine Füße mehr kribbeln, mein Puls schneller schlägt. »Macht der Laden pünktlich auf«, frage ich. »Ja«, sind sich alle einig und langsam erhöht sich der Druck nach vorn.
Rennen jetzt gleich alle los?, frage ich mich: Ja tun sie, stelle ich wenige Minuten später fest. Als das Licht im Laden angeht, geht es in die Startlöcher. Dann öffnen sich die Türen. Auch ich »stürme« den Laden, renne zwar nicht, walken könnte man es aber schon nennen. Als ich an den Körben ankomme, herrscht bereits Hochbetrieb. Es wird gedrückt und gesucht, aber auch geholfen.
»Welche Größe brauchen Sie?«, fragt ein netter Papa. Ich schnappe mir drei T-Shirts, zwei Hosen und Sandalen. Um zehn nach acht bin ich wieder im Auto. Verschwitzt und ohne Lyoner, die ich fürs Mittagessen gebraucht hätte. Wer braucht schon Essen, ich habe die Hosen. Und die Erkenntnis: Nächstes Mal shoppe ich wieder mit meiner App des schwedischen Kleiderherstellers von zu Hause. Ausnahme, wenn es ganz tolle Angebote gibt und vor allem ausgenommen nächsten Freitag: Zur Shopping-Nacht in Haslach hat Mailo Papazeit. Ich nehme als Ausgleich dafür seine Kreditkarte mit. Und ich werde auf sie genauso aufpassen wie auf Mailo und dafür sorgen, dass ihr ja nicht langweilig wird. Versprochen!
Ein schönes Wochenende und entspannte Einkäufe wünscht Ihnen Katrin Mosmann