Lebensgeschichten: Diese Seniorin rügte Komiker Otto Waalkes
Eine Talkshow mit Leuten von nebenan – dies ist das Konzept der Sofaabende im Alfred-Behr-Haus. Und wie schon bei den früheren Veranstaltungen dieser Art gab es interessante Menschen kennenzulernen, die kräftig aus dem Nähkästchen plauderten.
Drei interessante Neubürger erzählten am Freitag beim Sofaabend im Rahmen der Reihe »KIA« (Kunst im Alfred-Behr-Haus) Spannendes und Witziges aus ihrem Leben. Die Mitarbeiterin Irmtraud Mussler leitete die »Haslacher Talkshow« und befragte als erstes Gertrud Günter. Diese ist in Triberg aufgewachsen und hat dort eine Lehre als Verkäuferin angefangen. Doch als sie ihre kranke Mutter pflegen musste, sei die Lehre zweitrangig geworden. Verschiedene Stationen folgten: Einige Jahre war sie im »Insel-Hotel« in Heilbronn tätig, wo sie sich zur ersten Servicekraft hochgearbeitet hat. Unter anderem bediente sie auch Udo Jürgens, Harald Juhnke und den Komiker Otto Walkes.
Dass Frau Günter kein Blatt vor den Mund nimmt, zeigt die Anekdote, als Otto lauthals lachte und sie ihn zurechtwies mit den Worten »das können Sie in diesem Haus nicht machen«. Udo Jürgens, so verrät sie, speiste am liebsten Bratkartoffeln und Kutteln, und zwar dann, wenn keine anderen Gäste im Lokal waren.
Noch in der Eingewöhnungsphase
Zurück im Schwarzwald verstarben ihr Mann und ihr einziger Sohn, sodass sie ganz allein war. Enkel Patrick aus Schonach kümmert sich heute liebevoll um sie. Als sie in der eigenen Wohnung nicht mehr zurechtkam, zog sie im August nach Haslach ins Alfred-Behr-Haus. Sie ist noch in der Eingewöhnungsphase, fühlt sich aber wohl, geht offen auf Menschen zu und knüpft Kontakte.
Nach einem Auftritt der Spinnstube aus Mühlenbach ging es mit Iwona Sagert weiter. Die 52-Jährige kommt aus Oberschlesien und hat dort eine Bäckerlehre absolviert. Der Liebe wegen ist sie nach Deutschland gekommen und musste sich am Anfang mit Händen und Füßen verständigen. Als ihre Mutter starb, habe sie einen anderen Blick für ältere Menschen entwickelt und verspürte den Wunsch, mit Menschen zu arbeiten. Über mehrere Stationen kam die zupackende Frau im Januar ins Team vom Alfred-Behr-Haus.
Der dritte Gast war bis zuletzt ein Geheimnis. Seit einigen Tagen wohnt er in Haslach, noch zwischen Umzugskisten, zwei Hunden und ganz viel Chaos. Es war Bürgermeister Philipp Saar. Er erzählte, dass er von klein auf mit der Kommunalpolitik aufgewachsen sei, denn sein Vater ist schon viele Jahre Stadtrat und stellvertretender Bürgermeister von Emmendingen. Das Thema habe ihn immer interessiert. In Freiburg habe er Geschichte und Politik studiert, denn er wollte immer die Hintergründe verstehen.
»Haslach hat Charme«
In den anschließenden Jahren als Büroleiter des CDU-Bundestagsabgeordneten Peter Weiß kam er auch nach Haslach. »Haslach hat mir schon immer gefallen, es hat Charme«, so Saar. Die Leute im Kinzigtal seien sehr direkt, das gefalle ihm, auch für konstruktive Kritik sei er offen. Es gebe sehr viele Aufgaben, die er als Bürgermeister anpacken müsse – von der Digitalisierung, über die Infrastruktur und das Pflaster in der Innenstadt. Für Lachen sorgte sein Erlebnis am Wahlabend, als seine Lebensgefährtin mit Stöckelschuhen kaum über das Pflaster laufen konnte. Denn vielen älteren Menschen geht es genauso. Egal ob zu Fuß, mit Rollator oder im Rollstuhl ist die Innenstadt für sie nur mühsam begehbar. Saar versprach Besserung. »Wir haben aber einen netten Bürgermeister«, befand eine Bewohnerin am Ende.