»Sidesteps« reißt Publikum von den Stühlen
Die Mannheimer Band »Sidesteps« riss am Freitag ein eher kleines Publikum nach stringent rhythmischem Zusammenspiel, farbenreicher Melodik der Gitarre und tänzerischen Einlagen des Sängers zu enthusiastischem Schlussbeifall hin.
Man kannte es schon in Hausach von zwei Auftritten bei »Huse jazzt«: das Mannheimer Popjazz-Quintett »Sidesteps«, das am Freitag im »Musicafé« mit seinem restlos begeisterten Publikum wahre Triumphe feierte. Es war ein musikalisch exzellentes, mit reichlich Show gespicktes Spektakel, wie man es in dieser saustarken Art schon lange nicht mehr erlebt hat. Und dennoch: Allzu viel Publikum konnte diese tolle Band dennoch nicht anlocken.
Da ist erst einmal der atemberaubende Sänger Uli Wehrmann mit seiner dramatischen musikalischen Ansage und seiner tänzerischen und pantomimischen, jedenfalls lückenlos dichten Bühnenpräsenz, die in ihren exzentrischen Bewegungen immer mal wieder Georg Ringsgwandl assoziiert. Zum anderen der fantasiegeladene Gitarrist Walter Dieterle, der die faszinierend bilderreiche melodische Basis der Musik liefert. Bassist Franz Basler unterfüttert das Ganze mit seinen vielfarbigen Bassfiguren mit Suchtpotenzial, Gerd Bayer am E-Piano steuert zur Dramatik der Musik immer mal wieder wunderbar lyrische Passagen bei, und Otmar Prokein bedient virtuos und mit durchgehend sichtbarer Lust sein Schlagwerk.
Expressiver Sound
Expressiv und mit vollem Sound beginnt das Konzert mit Sérgio Mendes’ »Mas Que Nada«, bei dem Uli Wehrmann singend und tänzelnd über die Bühne fegt und dabei rhythmisch-pantomimisch seine Musikerkollegen imitiert. Nach »Tune in turn out« mit seinen fast schon artistischen Tanzeinlagen setzen die Musiker ihr Publikum mit »Distracted« einem rhythmischen Orkan aus, dass man jeden Moment damit rechnen muss, dass zumindest der tanzende Sänger vom Bühnenboden abhebt.
Einen kleinen Höhepunkt erreicht das Konzert mit Frank Sinatras »Strangers in the Night«, das mit einem fast schon schmerzhaften Keys-Dauerton und begleitenden Schlagzeug-Eskapaden beginnt und dann das Stück ebenso eigenwillig wie gnadenlos abseits von allem Schmalz interpretiert. Totos »Georgy Porgy« wiederum verändern die Musiker, dass es, im positiven Sinn, kaum mehr wiederzuerkennen ist. Bemerkenswert die sichtbare Lust des Schlagzeugers und die musikalische Fabulierkunst des Gitarristen bei seinem Solo.
Publikum zum Mitsingen animiert
Lyrisch wird der Ton der Band bei Jamie Cullums »Back to the Ground«, wo Wehrmanns diesmal sanfter Sologesang von leisem Piano unterlegt wird, mit dem er dann in einen musikalischen Dialog tritt und das Publikum zum Mitsingen animiert.
Mit David Bowies »This is not America« zeigen die Musiker, was sie solistisch so drauf haben. Die wunderschönen, lyrischen Piano-Einschübe und die geradezu überschäumende Melodik der Gitarre begeistern bei dem minutenlangen Stück noch zusätzlich.
Kritik an Gangsta-Rapper
Mit »Riders in the Storm« von »The Doors« wendet sich Sänger Uli Wehrmann ausdrücklich gegen den unerhörten Tabubruch der unsäglichen Rapper Kollegah und Farid Bang und lobt das mutige Einschreiten von Campino bei der Verleihung des »Echos«: Ein Engagement, das aller Ehren wert ist. Mit dem ebenso gefühlsgeladenen wie wunderschönen Liebeslied »Laura« und bei dem die Zuhörer zum Tanzen animierenden »I wish« wollen sich die Musiker mit »Vielen Dank! Das war super!« eigentlich verabschieden, aber das Publikum verlangt nach mehr – und bekommt noch zwei Zugaben; bei der letzten werden die Besucher mit eingespannt –zu einem »furiosen Finale«, wie die Musiker es treffend nennen.