Kinzigtal
»Stolpersteine« als Mahnung
Manfred Pagel
21. September 2010
Zusatzinhalte nur mit verfügbar - jetzt informieren
Seit Sonntag erinnern in Haslachs Stadtmitte 13 »Stolpersteine« an Opfer der NS-Gewaltherrschaft. Sie wurden am jeweiligen Wohnort verlegt. In einer Feierstunde wurde das Schicksal der Mitbürger deutlich, die wegen Rasse, Glauben oder Erbkrankheiten starben.
Haslach. Die »Stolpersteine« sind ein Projekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig. Mit diesen Gedenktafeln soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die in der NS-Diktatur ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Selbstmord getrieben wurden. Nach eigenen Angaben liegen inzwischen über 22 000 solcher Steine in rund 530 Städten und Gemeinden Deutschlands, Österreichs, Polen, Belgien, Holland und Tschechien. In Haslach hatte sich eine Arbeitsgruppe mit Mathias Reininger, Sören Fuß, Manfred Hildenbrand, Martin Schwendemann, den beiden Stadtpfarrern Helmut Steidel und Hartmut Rehr sowie Bürgermeister Heinz Winkler, der Aufgabe gestellt, in Haslach »Stolpersteine« zu setzen.
Haslachs Rathauschef unterstrich bei der Feierstunde am Sonntag im Haus der Musik, dass diese Steine Erinnerung und Mahnung zugleich sein sollen. Angehörige von Opfern und die Eigentümer jener Grundstücke, auf denen »Stolpersteine verlegt wurden, wohnten der Feierstunde bei, die von Peter Stöhr (Querflöte) und Thilo Haas (Saxofon) umrahmt wurde.
Umfangreiche Recherche
Winkler zollte auch den Initiatoren Anerkennung, die im Vorfeld der Aktion umfangreiche Recherchen führten und bislang unbekannte Fakten zu den Einzelschicksalen entdeckt hatten. So war bislang wenig über das Schicksal von Franz Ruschmann bekannt, der als Metzgergeselle in der Metzgerei Hättich arbeitete und als »Bibelforscher« (Zeuge Jehovas) den Dienst an der Waffe verweigerte. Ruschmann wurde zum Tode verurteilt und im Zuchthaus Brandenburg hingerichtet. Das gleiche Schicksal erlitt Wendelin Schille aus der Seilerstraße, der ebenfalls wegen seines Glaubens in Karlsruhe mit einer Giftspritze ermordet wurde.
Jedes der 13 Einzelschicksale wurde durch Sprecher der Arbeitsgruppe detailliert vorgestellt, seine Beziehung zu Haslach erläutert und in den meisten Fällen zudem mit Bildern der Opfer zusätzlich illustriert. Dabei wurde am Beispiel von Siegfried Mannheimer, einem in Haslach geborenen jüdischen Kaufmann, der später nach Karlsruhe zog und den Nazischärgen entkommen konnte, deutlich, wie nach dem Krieg Opfer nochmals Unrecht zuteil wurde. Erst nach 23-jährigem Kampf mit den bundesdeutschen Behörden und 19 Jahre nach Mannheimers Tod wurde der Witwe eine monatliche Rente von 341 D-Mark zugestanden.
Broschüre geplant
Es ist geplant, neben dem Lageplan auch eine Broschüre aufzulegen, in der die Einzelschicksale Haslacher NS-Opfer ausführlich beschrieben werden. Sören Fuß gab am Sonntag an, dass man die Herausgabe im nächsten Frühjahr ins Auge fasse.